Sonntag, 4. Februar 2018
Ein Tag, der glücklich macht: raus aus der Berliner Tristesse und mit dem HEX günstig hin und zurück in den HARZ. Freudig erwartungsvoll und entspannte Stimmung, eine andere Gemeinsamkeit als mit der DB. Der Zug proppenvoll mit Skiern, Schlitten, Hunden. Alle kleinen Menschen verschlafen den Sonnenaufgang und abends wieder den Sonnenuntergang. Aber die Zeit dazwischen!!!…
Ein Jahr früher mit einer zielsicheren Brocken-Gruppe in Hast die Ilse entlang – ohne zu fotografieren. Das möchte ich nachholen. Gelungen ist es nicht, diesen kurzen, aber vielleicht schönsten Harzer Wanderweg festzuhalten. Die Ilse rauscht, tost, plätschert zuallererst in und für die Ohren und entwindet sich weniger als zarte Prinzessin, denn als ein listiger Kobold in Sonnengefunkel oder tiefem Dunkel.
Wie muss sich diese Ilse anhören zur Zeit der „Wilden Jagd“, mit Blitz, Donner und Orkan über Wald und Wasser hinweg, wenn ringsum die Bäume wie Streichhölzer knicken?
Ilse gurgelt unter den Stämmen und die deutsche Sprache bringt mich zum Grübeln.
Am Anfang ist „die“ Quelle, dann wird es „der Bach“. „Das“ Bächlein besitzt dazu eine gewisse Logik, bald aber ist der Bach zwar „der“ Fluss, statistisch jedoch eindeutig eher eine „sie“ als ein „er“.
Auch den zart besaiteten (glaubt man seinen Gedichten) Heine* hat DIE leise plätschernde Ilse verlockt, zur „Blümchenzeit“ allerdings und mit Flausen in seinem jungen Kopf. Der schmale Pfad entlang der Ilse heißt heute touristisch lockend „Heinrich-Heine-Weg“.
Die Ilse zur jetzigen, frühen Jahreszeit gleicht eher einer Loreley als einer süßen Gefährtin. Auf fast neun Kilometern stellt sich Prinzessin oder auch Wasserfee Ilse als das Gegenteil dar von dem, was kleine Mädchen in perlenbestickten Spitzenkleidchen erträumen. Wenn die Sonne mit ihrem weißen oder goldenen Licht das Wasser schmückt, mag eine Erinnerung daran aufblitzen. Aber die Ge-fähr-tin birgt deutlich eher Gefahr. Ilse gleitet nirgends seidenweich über das Gestein, manchmal entzieht sie sich leicht kräuselnd. Dann aber schlägt ihr Wasser schroff gegen die Steine, jagt und sprudelt hier hinab und da prallt es gegen das Ufer, zerstäubt in Tröpfchen langsam zu Eiszapfen, wenn nicht wieder das Wasser von und mit allem fortreißt. Der Fluss wühlt und schäumt mit Getöse in seinem (oder ihrem?) Bett wie der erymanthische Eber, den erst Herkules besiegen konnte.
Heine wurde wohl eher becirct von einer täuschenden Ilsebilse…
Bis zu den oberen Ilsefällen und der Bremer Hütte reicht mir. Weg und Anstieg zum Brocken sind mühselig. Also noch einmal die Ilse abwärts, diesmal bis zum Ortsausgang bei den ehemaligen Hüttenwerken, wo Wanderer selten hinfinden.
Vorher lohnt das Abbiegen auf die Berge über Ilsenburg und zu dem über 1.000 Jahre alten Kloster hoch über dem Tal des Flüsschens. Das Kloster befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Jagdpfalz Elysynaburg, vermutlich von König Heinrich I.** gegründet. Elysium als sofortige Assoziation, die Insel der Seligen, vom Okeanos oder eben der Ilse und den vom Brocken her ziehenden Nebeln umflossen… Als an dieser Stelle das Benediktinerkloster*** entstehen sollte, wurde die Burg auf den Ilsenstein verlegt.
Seit 2000 werden die Klostergebäude saniert. Die Architektur ist sehenswert, aber weder ad hoc noch mit dem überreichten, dilettantischen Wegezettel zu erschließen. Im Dormitorium ein informativer Raum zur Reform der Wernigeröder Forsten**** und das Modell der Straße der Romanik, beides würde lohnend mehr Zeit in Anspruch nehmen.
Die Klosterkirche als letzte Station des Rundganges trotz baulicher Veränderungen in ihrer strengen, großartigen Einfachheit ein in vieler Hinsicht bedeutendes Erlebnis .
Über der Apsis eine Ende 16. Jh. datierte barock bemalte Holztonne – wie der bewegte Himmel über dem Harz, darunter eine geschnitzte Altarwand von bedeutender Qualität und Pracht und ohne Fassung, Kanzel und Taufengel dagegen farbig. Teile des Estrichs sind mit Ritzzeichnungen erhalten: lebensgroß wirkend ein Hirsch mit anspringendem Hund.
Inzwischen glüht der Himmel goldfarben über den Bergen von Ilsenburg und spiegelt sich in allen Pfützen und Gewässern. Ein letzter Blick auf die Ilse von der Stahlwerkbrücke hinter dem Bahnhof. Die Brücke wurde um 1905 zusammen mit dem Siemens-Martin-Stahlwerk gebaut, das wurde bereits 1911 wegen Unrentabilität wieder stillgelegt.
*Heinrich Heine, Harzreise, 1824,
**Heinrich I. (der Vogler) war Herzog von Sachsen und von 919 bis 936 König des Ostfrankenreiches.
Geboren: 876 n. Chr., Memleben
Gestorben: 936 n. Chr., Memleben; bestattet: Stift Quedlinburg
Memleben ist MIR wichtig: die Pfalz wurde regelmäßig während der Pfingstwanderfahrten auf der Unstrut besichtigt.
**** um 1765 in Ilsenburg Gründung der ersten deutschen Forstlehranstalt als Meisterschule
durch Hans Dietrich von Zanthier
Die Ilse hat mich genarrt, ich finde in den Bildern nur Stückwerk,
der Fluss wirkt zerbrochen/gebrochen wie das Holz, aber sie war doch ständig ganz lebendig neben mir!?
Schon von dem Bericht bin ich hin und weg…
Danke.
…noch einmal Fine. Hast du unsere Esel in Ilsenburg vielleicht gesehen? Sie stehen mit 2 weiteren Eseln am Waldhotel. Es soll ihnen gut gehen und sie sind richtige Wanderesel geworden… doch lange keine Fotos mehr, wir vermissen sie manchmal sehr…
Wie immer begleite ich dich im Nachhinein auf deinen wunderbaren Wanderreisen, deine schönen Fotos machen es möglich…
Grüße zu dir – Fine
Habe nächstes Sonnen-Wochenende vor, bis auf den Brocken zu wetzen (notgedrungen schneller als die Esel laufen würden) – hoffe, ich schaffe es. Wenn auf dem Rückweg noch Zeit ist, schau ich nach den Eseln. Aber bei dem Wetter??? Sicher ist ein warmer Stall angenehmer!
Nee, die 4 haben einen Offenstall und sind ja durch ihr Puschelfell geschützt. Bei uns fanden sie den Offenstall prima, hatten ja auch Matten drin zu liegen zur Wärmeisolierung gegen den kalten Betonboden…
Das wäre ja so Klasse, wenn du sie besuchen könntest und streicheln und von uns grüßend!!!
Hab ich noch vergessen zu erwähnen, sie würden dir davon laufen, aber nur, wenn sie Lust dazu hätten! Schönes Wandern im Harz!! Wir waren am 28. Januar in der Madonie wandern. Wollen mehr, es war so schön und deshalb habe ich jetzt Wanderschuhe… mit dir könnte ich aber niemals mithalten…
…erstmal den Brocken abwarten… die letzten 4 km sind gelöcherte Betonplatten für die ehemaligen Grenztruppen – bis zu 20% Steigung, lieber nicht dran denken…
Ich hab es getan: Vorgestern zur Ilse 🙂
Die Anfahrt mit dem HEX war aufregend, da wir den Baustellenfahrplan am Vortag beendet wähnten – aber nein, es gab einen frischen, der für so manch einen die Tour gekippt haben mag… Zufällig hörte ich ein Gespräch, dass er nicht in Potsdam halte. WAAAS? Anruf und meine Freundin war so pfiffig, über Brandenburg zu fahren. Puh!
Und das Wandern von Ilsenburg aus war wunderbar. Schön Wald, teils durch Windbruch klettern, Rasten auf Klippen in der Sonne, Käffchen vor Waldschänke und dann die Ilse! Das Rauschen! Die umtosten, unterspülten Eisreste dazwischen in etlichen Formen – sehrsehr schön. Der Weg hatte teils recht glatte Stellen, aber alles bestens.
Fine, ich habe drei sehr süße, glückliche Esel von Dir gegrüßt!
Um halb sechse ging der HEX wieder ab, bequem zu erreichen, aber unsere Knochen… Den Muskelkater werd ich wohl noch länger spüren…
Danke Karla, für Deinen Tipp, Dein wildes Wandern!