Anreise 29.3.2018, Wanderungen bis 2. April im Dreiländereck Tschechien, Sachsen, Bayern
Die Tradition österlicher Mehrtageswanderung mit Wolfgang Pagel, WSV Rotation Berlin
Schwefel, Schlamm und Schlemmen plus drei Sühnekreuze zum Karfreitag
Wandern zur Burg Seeberg
Die Höhenburg Seeberg: eine der ältesten Wehranlagen im Egerland. Vom Bergsporn aus geht es über einen schroffen Taleinschnitt zur Kirche St.Wolfgang. Der gemächlichere Weg entpuppt sich als Umweg (so ist der Teufel), immerhin vorbei an einem kleinen Mühlen-Wasserfall und passend zum Karfreitag: das hoch aufragende Kreuz mit den Initialen INRI – Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum – Majestätsbeleidigung nach dem Gesetz der Römer und mit Kreuzigung zu ahnden.
Durch mooriges Land
Wanderung streckenweise auf der Via Porta Richtung Abtei Waldsassen: Ziel Franzensbad – zum Karfreitag eher ein Bruch abendländischer Tradition. Die Fleisches- und Süßgelüste werden denn auch im Voraus vom Teufel gefeiert mit schlammigen Fahrrinnen, moorigen Gründen und blubbernd, vielleicht direkt aus der Hölle (Magmatismus im böhmischen Cheb-Becken!!!).
Im Vogelparadies kreischen die Möwen und verhacken mit Angriffsflügen Silberreiher, Gänse und Schwäne – auch Hitchcock lässt grüßen.
Filmkulisse Franzensbad
Kurz vor Franzensbad ein Gesundbrunnen, mit was wohl? Schwefel und Gestank. Uns ist sowieso nicht mehr zu helfen. Franzensbad lockt die Mehrheit mit seinem pieknoblen Versprechen und weniger mit Goethe und Faust, Beethoven und Mozart oder gar → Božena Němcová, für die tschechische Sprache so bedeutend wie Luther, Goethe und die Grimms zusammen.
Sonnengelber Fassadenspaziergang – die geschmückten Menschen zur Osterzeit allerdings rar – vielleicht auch nur zum Karfreitag noch in Sack und Asche.
Hoffnung stirbt zuletzt und erscheint am Ende aller Wege mit drei Sühnekreuzen.
Ach ja: das Erleben einer Wanderung kann höchst verschieden ausfallen…
Samstag: Kapellenberg rundum
Ein Wiesenbachtal entlang der früheren Staatsgrenze – urig bis zum Schönberger “Säuerling”, einer eisenhaltigen Waldquelle mit Kohlensäure: lecker, lecker, lecker! Dem Grenzgebiet sei Dank: noch ist alles Natur. Doch Mineralquellen sind endlich und → das Begehren kennt ohne Grenze keine Grenzen.
Die höchst gelegene Quelle am Kapellenberg, der “Schwarze Teich”, bildet bereits ein Hochmoor: Huminsäure tötet alles Leben.
Und bevor wir die “Rommersreuther Schweiz” längs ihrer (lt. Internetgeologie) Quarzfelsen durchqueren, gibt es das Quellgeplätscher der Weißen Elster – vor 50 Jahren etwa bin ich auf ihr von irgendwo bis Leipzig gepaddelt: was für unvorstellbare Mengen von Wasser (und Zeit…).
Ostermärsche am Ostersonntag
Ungeplante Ostermärsche* auf dem quälenden Beton der unendlichen Grenzwege, vorbei an den Resten von Panzersperren, dem Beton für Pflichterfüllung und trotz EU mit zeitlich begrenztem Übertritt der Staatsgrenze. Das alles ist kaum zu umgehen in dem “Ascher Ländchen”, das den zipfligen Verlauf der deutsch-tschechischen Grenze bildet.
*die jährliche, pazifistische Demo in Deutschland: Stopp von Rüstungsexporten, Abschaffung der Atomwaffen und dringend Abrüstung!
In den hohlen, finstern Löchern,
stecken Ostereier noch und öchern…
Zufrieden jauchzen alle nett,
vor allem Schokoei macht fett.
Das schwarze Schaf von H., W. und G. inspiriert
und mit Foto von Kirsten
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Ein Montag der etwas abenteuerlichen Überraschungen
Zaghaft führt unser Gastwirt an dem eigentlichen, tschechischen Osterfeiertag den Peitschenbrauch vor. Gejagt werden wir mit den jungen Weidenzweigen nicht. Unsere sichtlich schwindende Lebenskraft lohnt die Liebesmüh nicht. Das köstliche Osterwasser aller Quellen des Egerlandes haben wir zu früh und schnöde zerredet. An Slivovic hat keiner gedacht und der bulgarische Selbstgebrannte ist jenseits hiesiger Tradition bereits geleert. Uns ist nicht zu helfen und junges Blut braucht für die letzte Wanderung keine zusätzliche Kraft.
Irgendwann rutschen wir bereits abkürzend, aber abenteuerlich entlang eines Abbruches → Richtung aufgegebene Ortschaft Markhausen/Pomezná – versinkend in glitschigem Kalkmergel. Von ehemaliger Sandgrube keine Spur. Um die Schuhe legt sich eine weiße Hülle – Erinnerung bis Berlin. Wegelos über kleine Wassergräben mit steilen Ufern, unterhalb ein Staudamm als für den Blick undurchdringliche Vegetation. Der einzige Anwohner ist auskunftsfähig: die westliche Hälfte des Stausees durchfließen nur noch einzelne Wasserarme, ausgehend von der einstigen Mühle Pomezná.
Das Rundum-Erklimmen der mächtigen Burg Liebenstein wird nur von einer rasenden Minderheit versucht. Die Burg wird gegenwärtig restauriert. Umgeben von Bauzaun und Schutt ist der gewaltige Eindruck am ehesten mit einem alten Stich einzufangen.
Die angepeilte Gastwirtschaft in Libá hat merklich die Nase voll von allen deutschen Grenzgängern. Wir wandern von Zeit und Unruhe gepeitscht zurück in bekannter Gegend (nicht jeder erinnert sich) nach Hazlov. St. Wolfgang ade. Heiden glauben nicht an gute Fügung. So ist das mit Glaube, Hoffnung und Zuversicht.
Der Legende nach warf der Regensburger Bischof Wolfgang 975 auf der Flucht vor politischen Wirren durstig seinen Stab ins Tal. Eine Quelle wurde in Nähe des heutigen Ortes St. Wolfgang erweckt. Im quellreichen Egerland war St.Wolfgang ebenfalls der Dank gewiss.
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Farm in besten Händen und bester Erinnerung
Farma v nejlepších rukou a v nejlepší paměti
Im Dreiländereck, am Rande des nordwestlichen Zipfels des böhmischen Beckens: die sehr herzliche, wunderbare → Unterkunft in Polná mit allem Haus- und Hofgetier was man sich denken kann! Zwei bequeme Kilometer weiter ein uriges, lecker tschechisch beköstigendes Restaurant – ideal vor allem für den abendlichen Verdauungsspaziergang mit → Ostermond (allerlei aus meiner ehrenamtlichen Zeit, sonst nirgends und keinesfalls zu finden!). Was wollen wir mehr? Na ja: wandern! Das wurden an insgesamt vier Tagen über 100 abwechslungsreiche Kilometer bei gutem Wetter der diversen Art.
Hin- und Rückfahrt mit deutschen Bahnfahrzeugen wie üblich: hinzu unabsehbarer Aufenthalt wegen Personen auf einer Brücke – nächtliche Ankunft. Die Rückfahrt nach Berlin mit 15 km/h: der Lokführer repariert den ICE???, dann streikt die Strecke selbst, zuletzt fallen die Stellwerke aus und auf der S-Bahn ein Notarzteinsatz…
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