1. Juni 2018
Gute 30 km von Bahnhof Fohrde nach Hohenferchesar, zu den Erdelöchern bei Radewege, auf ungewöhnlichen Wegen zum Bohnenländer- und Gördensee
Von Fohrde nach Hohenferchesar
Um die Wiesenbrüter nicht zu stören, ist es bis 31. Mai untersagt, von Fohrde nach Hohenferchesar durch die Bruchwiesen zu gehen. Der obere Feldweg wird trotzdem selten genutzt – es gibt eine Absperrung vor den Viehweiden. Von der Ziegelstraße aus entdecke ich das Nest mit der sich kurz aufrichtenden, brütenden Störchin. Direkt daneben das Milchvieh in jämmerlichem Zustand – nach Weidetrieb sieht keins der Tiere aus.
Weiter auf breitem Wirtschaftsweg bis ein Findling verkündet: 2,5 km nach Ferchesar. Mit Blick über die Niederungen lasse ich das Erklimmen der Sandwege zum Gallberg aus. Im weiten Bogen führt der Weg nach Hohenferchesar – offensichtlich ohne Storchennest. Auf den Wiesen gehet auch nichts. Trockenheit, Glyphosat, die aus Mangel an billigen Arbeitskräften schon reduzierten, riesigen Spargelfeldwüsten… In ihren Gärten rackern wenige und dann alte Menschen. Wir kaufen alle im Supermarkt.
Richtung Radewege
Eigentlich wollte ich die alte Heerstraße testen vor ihrer Asphaltierung zwischen Hohenferchesar und Brielow*, aber die Gewitterwolken ziehen einen Kreis. Ich entlaufe unter weißen Sommerwolken Richtung Radewege zwischen schattigen Futterhecken für die Vögel.
Wieso, warum, weshalb dieser Wiesen-Feldweg auf der stark befahrenen L98 endet, weiß wohl niemand. Ohne mich: ich schlage mich zum Waldhang durch und breche fast die Knöchel auf den letzten Metern Steinschüttung, die endlich zum Übergang durchs Feld nach Radewege führt. Immerhin: ich ende nicht an den Banden zerquetscht und angefahren.
Auch die Rundwege Bohnenländer- und Gördensee verbindet eine Gefahrenstelle ungebremster Raserei.
An Radewege mit seiner Badestelle am Beetzsee und dem pefekten Fahrradweg* finde ich als Durchgangsgast kein Gefallen. Die erstbeste Gelegenheit zwischen die Radeweger Erdelöchern zu entfleuchen, kommt mir trotz Brennesseln recht. Die wegelosen Wiesen sind gemäht, der Bulle zum Glück nur ein Warnschild. In richtungsgenauem Zickzack geht es von hier aus bis Brielow um die Äcker. Durst und Hunger stille ich mit hellen, bereits reifen, sauren oder Sauer-Kirschen. Ende Mai kommt einfach noch niemand auf die Idee zu pflücken.
Bohnenländer- und Gördensee
Die Plauer Straße von Brielow endet am südlichen Zipfel vom Bohnenländer See. Ein einziger Fotoklick. Mein Blick wechselt in Sekundenschnelle vom See auf meine halbnackten Beine: ich hab schwarze Mückenstrümpfe an – renne den Uferpfad entlang, werfe alles Textile von mir. Es krabbelt auf dünnen Beinchen aus allen Stoffritzen. Ich hüpfe ins schlammige Randwasser und schwimme, schwimme, schwimme…
An die Schwedenwälle denke ich nicht mehr – das Bodendenkmal wollte ich suchen.
Dann in Eile um den See, aber es ist mir zu zeitig für den Gördensee. Die Wegmarkierung zeigt auch eine 12 km Route. In jedem Fall heißt es jetzt wild über die Schienen der Strecke Brandenburg – Rathenow.
Ich marschiere zuversichtlich. Ich mag diese landwirtschaftlich geprägte Feld-Wald-Wiesenlandschaft. Nur an Wegen fehlt es im Revier. Straße nehm ich nicht. Auf der Karte sehe ich später: Kolonie Tieckow gequert, Ende mittig „An der Havel“. Nein danke. Ein nur noch von Wildschweinen genutzter Weg führt schräg zurück ins völlig Wegelose am Stellwehr Eisengraben. Ich erwische die richtige Seite. Drei Brücken stehen sonst zur Verfügung.
Reh, Hasen und ich biegen Richtung Süd noch vor den Häusern ab.
Wieder im Zickzack. Längst ist nichts mehr und aus keiner Richtung zu hören. Weit vor mir öffnet sich endlich der Wald: eine graugrüne, niedrige Mauer. WAS IST DAS? Photovoltaik so weit das Auge reicht. Rechts und links allerdürrester Kiefernwald – endlos alles militärisch angehaucht.
Irgendwann lande ich am Gördensee und einer glitschigen Betonrampe. Hinein ins Wasser mit mir und den Schuhen voller Schlamm.
Gegenüber die offizielle Badestelle, also ca. 3km bis zur Straßenbahn.
17:15 sitze ich an der Haltestelle. 18h steige ich in Brandenburg in den Regio nach Berlin.
Natürlich kann solche Wanderung exakt geplant absolviert werden – ohne Adrenalinschub. Die Wanderkarte steckt im Rucksack und in den Häusern der Kolonie Tieckow hätte sich trotz Bulldoggen und anderer Gefahren (hoffentlich haben alle Vorbeikommenden preußische Bildung genossen und nachts ein Lichtlein bei sich) jemanden zum Fragen gefunden. Aber das wäre nicht ICH gewesen ;)))
*zitiert nach Frank Bürstenbinder “maz-online”: „Ein Vorhaben, das der Landwirtschaft und dem Radtourismus in der Region dient“ (nicht mehr abrufbar, dafür auch ähnliche Thematik → HIER zitiert
Nicht mehr lange, dann hechten wir Fusswanderer vor radelnden Senioren (Hauptkäufergruppe von E-Bikes; 25 km/h) ins seitliche Gebüsch. AAAACHTUNG!