14.10.2018, mit Eckhard Knauer und dem Wandersportverein Rotation Berlin in die Niederlausitz: eine ca. 25 Kilometer lange Wanderung zwischen Gahrower Buchheide und Weißacker Moor.
Zum NSG Gahrower Buchheide
5 Uhr: Weckerklingeln für den RE5 ab 7:12 Hauptbahnhof Berlin. 10 Wandersleute reisen in Walddrehna an. Mit und ohne Fahrkarten. Wir schaffen das!
Walddrehna westlich vom “Lausitzer Grenzwall”, mittig Niederlausitzer Landrücken: Ausgangspunkt zu den Naturschutzgebieten Gahroer Buchheide und Bergen-Weißacker Moor.
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Der erste Waldbach zeigt an: die Niederlausitz ist nicht die öde Streusandbüchse der Braunkohletagebaugegenden. Die alten Wenden liebten es feucht.
Erst etwas höher auf den “Bergen” stehen sie: Kiefern, Kiefern, Kiefern. Forstfahrzeugrinnen als gerade gezogene Dreckswege. Wegelos quer ginge es zumindest staubfrei über staubtrocken knackendes Gehölz. Noch hat der Wanderleiter demokratische Anwandlungen: die Mehrheit möchte nicht den allerersten „Berg“ von ca. 50 Metern erklimmen.
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Das Wetter ist herrlich, die Aussichten lieblich. Nun aber endlich hinein in die kleine Wildnis von Feld- und Zaunrändern, von Wald- und Weiderändern…
Elf Kilometer bis die Buchheide erreicht ist.
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Nach der Eiszeit abgelagertes toniges Material bildet den Boden für das natürliche Vorkommen von Rotbuchen. In Wechselwirkung folglich mit dem kühl-feuchten Lokalklima am Nordhang des Niederlausitzer Landrückens ist der hier im Gebiet sonst seltene Bestand gewachsen. Wege sind vom dichten Laubfall bereits unkenntlich.
Nach etlichen Parasol von den Wiesen fasse ich im angestammten Lebensraum einen prächtigen Steinpilz. Lag es an den aufgesammelten, auch im Beutel liegenden Äpfeln oder der Wärme des Tages: zum ersten Mal in meinem Pilzleben traue ich zu Haus dem Zustand meines weiß-grünlich schimmernden Fundes nicht mehr.
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Das Weißacker Moor
Am westlichen Rand des Moores entlang: Kiefern und Moorbirken, ein typischer Moorwald. Der Boden nährstoffarm und sauer. Trocken nicht nur von der gespeicherten Sonnenenergie, der entwickelten Hitze. In diesem Jahr gab es seit April bis heute in ganz Brandenburg so gut wie keinen Niederschlag. Morgens keinen Tau, keine Verdunstung, keine Luftfeuchtigkeit. Mit der Jahres-Niederschlagsmenge in L pro m2 liegt Brandenburg statistisch ohnehin vor Sachsen-Anhalt an vorletzter Stelle in Deutschland.
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Nein, nicht immer versinkt der Mensch, nicht überall strecken gruselige Moorleichen ihre verdorrten Finger aus dem Grund. Aber wenigstens kleinflächige Wasserstellen müssten zu finden sein. Fehlanzeige. Ein früher genutztes, kleines Torfloch sieht verlandet aus. Das Schilf steht steif vertrocknet.
Im gesamten Uferbereich kein Morast, keine Torfmoose. Tröstlich schreien Kraniche in der Ferne. Es muss Wasser geben. Die Entwässerungsgräben aus Zeiten der Torfstiche wurden verschlossen. Wasser wurde zur Durchströmung, Wiedervernässung und Renaturierung aus dem Tagebau von Osten her zugeleitet. Das dort Wasser abziehende Grubenloch wurde verfüllt.
Unsere Pause ist zu kurz, um doch noch in der Folge kleiner Geländesenken ein “Moorauge” zu finden.
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Goldgelb sticht eine großflächige Senke ins Auge. Sonnengefärbte Torfmoose? Der Untergrund aus der Nähe und bis in die Mitte: eine unergründliche Schicht purer, fest getrockneter Eisenockerschlamm. Nicht eine einzige Trittspur ist geblieben.
Wie sich das Weißacker Moor insgesamt entwickelt, weiß niemand. Eine Lösung für die durch den Braunkohletagebau überall verursachten massiven Verockerungen bis in die Spree hinein, ist nicht in Sicht.
Ausführliche Infos zu den zahlreichen Brandenburger Mooren sind → hier nachzulesen.
Im Gewirr der Namen zum Waldhaus an der Papiermühle
Zurück in die Niederung mit Wiesen und Weiden. Alte Eichen säumen alleenartige Wege. Ein Findling mit unleserlicher Inschrift. Die Computervergrößerung macht es möglich: …v. Stephen, 1896. Für Heinrich von Stephan, den Begründer des Weltpostvereins und des Deutschen Postmuseums in Berlin, den Initiator des deutschen Telefonnetzes, war es also nicht. Leute, Leute: denkt an die Nachfahren. Spät, aber sie werden irgendwann neugierig! Infos gibt es ebenfalls nicht am Trassenbau zwischen Weißack und Weißacker Pechhüttenweg.
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Überhaupt die unentbehrlichen Infos! In unterschiedlicher Schreibweise gab es vier Dörfer mit gleich lautendem Namen in der Niederlausitz. Ein Wei… oder Wei… ist abgebaggert. Die Lausitzer Buchweizenplinsen sind eine Spezialität von Weissag im Lukaitztal, wo auch noch der Buchweizen kleinflächig angebaut und gemahlen wird und ein schwarzdunkler Buchweizenhonig produziert wird. Weißack mit seinem Hochmoor liegt dagegen nordwestlich von Crinitz und wartet mit urigem Waldhaus und Pension auf. Muss man wissen, wenn man die regionalen Buchweizenplinsen essen oder die alte Mühle vorgeführt bekommen möchte. Wir möchten diesmal nicht. Einige erkennen trotzdem mit freudigem Grinsen das Waldhaus mit dem fehlenden Plinsenangebot. Ja, da warn wir schon einmal und in Weissag mussten die Wirtsleute ihre Plinsen allein essen.
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Richtung Walddrehna steht der Wald wieder auf Sand, Sand, Sand. Die Hügel sind als oberste Stufe des Waldes mit ausschließlich Kiefern bewachsen, die Ansitze gezielt in die Senken mit ihrem krautigen Grün gerichtet. Ab und zu eine blaue Info-Tafel: “Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete. Vorhaben zur Vorbeugung von Waldschäden gem. EU-MLUL-Forst Richtlinie vom 14.10.2015” – wir haben einen Jahrestag erwischt.
Den “Mosesberg” von geschätzten 60 Meter Höhe möchte niemand mehr erklimmen.
Vor Walddrehna noch einmal über die Wiesen und über schlammtrockene Gräben in der ehemals vernässten Niederung.
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In Erinnerung bleibt von einer der immer sehr speziell geführten Wanderungen wieder ein kleines Abenteuer mehr.
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