3.11.2018, durch das Vogelschutzgebiet Rhin-Havelluch 4 Stunden auf der ehemaligen Eisenbahnstrecke von Paulinenaue bis Neuruppin gerollert und 1/2 Stunde zum Bahnhof Rheinsberger Tor gelaufen.
Der Zug 6:30 ab Berlin nach Wittenberge hält 7:08 in Paulinenaue – so gut wie mittendrin in den Feldern. Kranichzeit: Sonnenaufgang. Davon ist nichts zu bemerken. Es gibt keinen Himmel. Von Sonne nichts zu sehen, von Kranichen nichts zu hören. Bei so dichtem Nebel erwachen die Vögel sicher nicht pünktlich.
Falsch gedacht: ein einziger Kranichzug fliegt noch über meinen Kopf hinweg. Die ersten acht Kraniche perfekt, der übrige Schwanz muss wohl lernen… Sehr viel später höre ich die Massen schreien. Sie stehen längst auf den Feldern. Wie weit weg das sein könnte, kann ich nicht schätzen.
Es ist einsam. Ein Auto vom Leibniz-Institut kurvt zwischen Versuchsflächen – wozu? Sonderfutter für Kraniche? Die haben offensichtlich auf anderes Appetit. Erst vor Lobeofsund stehen sie beidseitig. Aber diese scheuen Vögel fliegen beim geringsten, fremden Geräusch auf. Tief vor den Bäumen sind sie einfach nicht auf’s Foto zu bannen. Lauern und neu beunruhigen möchte ich nicht. Dabei dauert es nicht lange, da kommen aus östlicher Richtung ungeordnete, wahrscheinlich auch aufgescheuchte Schwärme. Sie scheinen alle jedes lohnende Feld zu kennen.
Dumpfe Schüsse*** sind ständig und überall zu hören. Es nervt, auch wenn ich mich halbwegs sicher fühle direkt auf dem Damm. Wahrscheinlich gelten die Schüsse dem Rehwild, das mich wie angewurzelt beobachtet. Ein-, zweimal fliegen Gänse über mich hinweg.
Kraniche also noch und nöcher gesehen und gehört. Nun muss ich eine Rückfahrgelegenheit finden. Richtung Nauen oder Friesack gibt es nur Straße oder Panzerplattenbeton und in Fehrbellin zum Wochenende keine Aussicht auf einen Bus. Zum Glück ahnungslos, was für eine öde Strecke mich erwartet, rollere ich durch bis Neuruppin. Der Belag ist besser als bisher. Zu sehen ist außer Autos so gut wie nichts. Schöner wäre ein Radweg Richtung Wustrau gewesen, den gibt es nicht. Die sogenannte “Stille Pauline” ist wohl den Eisenbahnfans gewidmet, diesbezüglich 2011 in umgekehrter Richtung → mit Bildern beschrieben. Bis auf die jetzt durchgehenden Ergänzungsstücke sieht es überall noch genau so aus.
***Am 3. November gedenken die Jäger ihres Schutzheiligen Sankt Hubertus. Der Überlieferung nach war Hubertus, Pfalzgraf von Burgund (655 – 727 n. Christus), ein zügelloser Jäger. Die Begegnung mit einem Hirsch, der ein leuchtendes Kreuz zwischen seinen Geweihstangen trug, bekehrte ihn zur Jagd als Dienst an der Natur. Diese „Achtung vor dem Geschöpf“ ging als Waidgerechtigkeit in die Verhaltensgrundsätze der Jägerschaft ein.
Waidmanns Heil zum heutigen Tag!
Die dumpfen Schüsse … vielleicht auch [ungenehmigte] Kranich-Vertreibungs-Böller der Bauern?
Oh! Hallo anderes Ich: solche Bosheiten hätte ich nicht vermutet. Es könnte stimmen. So viele Jäger können gar nicht morgens früh auf der Pirsch sein. Nach nur der Hälfte von gelungenem Schuss sähe die Präsentation aus wie auf dem berühmt berüchtigten Honnecker Schlachtfest-Foto.
Allerdings rannten einmal drei Gestalten weit hinten am Feld in den Nebel als ich mich breitseitig darbot. Zufall? Das sah nicht vertrauenswürdig aus. Nicht alle Martinsgänse kommen aus Geflügelstopfereien. Die Böller wären beste Tarnung – also wenn’s drauf ankommt, kann ich sogar böser als böse denken…