23.02.2019, mit Eckart Böhringer, WSV Rotation Berlin. Wanderung in die Neumark/Polen von Górki Noteckie/Gurkow entlang an der Santoczna/Zanze nach Zdroisko/Zanzthal, Santoczno/Zanzhausen und Łośno/Lotzen
Zdroiskie Buki – die Buchen von Zanzthal
Warnung im Voraus: von Berlin aus zum Bahnhof Górki Noteckie (Gurkow) zu gelangen, ist eine logistische Herausforderung.
Vom Halt Górki Noteckie aus ist das Wald- und Landschaftsreservat Zdroiskie Buki dann aber zu Fuß schnell erreicht. Der Buchenwald zieht sich von den bergigen Höhen bis in das tiefe Tal der Santoczna/Zanze. Die Santoczna/Zanze schlängelt sich hier in ihrem natürlichen Lauf, durchfließt oberhalb von Santoczno/Zanzhausen – unserem nördlichen Ziel – mehrere Seen und mündet bei Górki Noteckie im ehemaligen Sumpfland des Netzebruchs kanalisiert.
Zeitgemäß zwischen Zdroisko und Santoczno
Zdroisko/Zanzthal erstreckt sich mit neuen Feriensiedlungen bis ans Ufer der Santoczna/Zanze. Ob sich dort wenigstens ein Trampelpfad Richtung Santoczno/Zanzhausen entlang windet, erkunden wir nicht. Aus Zeitgründen sicherer ist die wenig befahrene Straße, wenn auch nicht zu jeglicher Zeit…
Die Zähmung der Santoczna/Zanze
Wir erwischen einen Abzweig geradewegs ins Sumpfland. Trotzdem Glück gehabt mit leicht gefrosteter Tiefe und noch der Trockenheit des vergangenen Jahres: es geht über den tückischen Boden gefahrlos. Noch etwas wegeloses Gestrüpp und dann weiter am jetzt kanalisierten Zanzeufer – gebaut für den Betrieb des einstigen Hammer- und Hüttenwerkes in Santoczno/Zanzhausen.
Polnisch – europäisch – global
Santoczno/Zanzhausen punktet mit Laden und integrierter Gaststätte, gegenüber der quietschbunte Spielplatz im sogenannten Park. Und undenkbar ist Polen ohne die überall in diversen Bauzuständen befindlichen Einfamilienhäusle. Schade, kaum ein Haus in Zdroisko oder Santoczno hat Charakter. Ganz “nach eigenem Geschmack”: zusammengestellt aus dem globalen Deko- und Hobby-Baumarkt. Das kennen wir.
Santoczno – Zanzhausen: das Hüttenwerk
Vom einstigen, wohl riesigen Hüttenwerk Zanzhausen ist wenig erhalten: die besagte Kanalisierung der Zanze sowie die Fachwerkkirche, die als Umbau eines Lagerraumes mit einem ungewöhnlich breiten Mittelschiff und den wenigen, schmückenden Details die ehemalige Hütte erinnert. Eine gusseiserne Platte zeigt das Modell der ersten deutschen Dampfmaschine, für die in Zanzhausen Teile hergestellt wurden.
In memoriam
Das Lapidarium am Fuß des einstigen deutschen, evangelischen Friedhofs aus dem 19. Jahrhundert wurde “2006 durch die Bürger von Santoczno in ehrenamtlicher Arbeit gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Landsberg (Warthe) Stadt und Land e. V. errichtet.” So der Gedenkstein.
Das ist Geschichtsaufarbeitung wie sie seit mehreren Jahren überall in Polen stattfindet.
Am Ortsausgang eine Fahrzeugsammlung der polnischen Armee, die hier während des 2. Weltkrieges und seit 1945 konzentriert war. Das eine sollte wohl nicht ohne das andere gedacht werden.
Von Łośno und Gorzow-Wielkopolski ziemlich direkt nach Hause
Noch einmal durch Mischwald und Buchenwald. Ein Sandweg wie mit dem Lineal gezogen; in der endlich herrlich wärmenden Sonne ist die Marschroute aber vergessen.
Łośno/Lotzen lässt als Ortschaft noch ganz die Struktur der frühen Kolonisation der Neumark erkennen: verstreute, einzelne Gehöfte. Die Kirche auf der einzigen Erhebung in dieser weiten Ebene dürfte ein künstlicher Hügel sein, wahrscheinlich eine verfallene Glashütte wie sie durch intensive Holznutzung die Bewirtschaftung als Ackerboden erst ermöglichte, gleichzeitig aber die Grundlage der eigenen Arbeit vernichtete.
Es braucht einige Geschichtsbesessenheit, um von der Neumark begeistert zu sein – sogar wenn sie sich so naturschön wie im Zanzetal gibt. Ansonsten erinnern zumindest mich der preußische Fleiß, die preußischen Tugenden und der entsprechende wirtschaftliche Aufschwung ständig an eine Ostexpansion, die mit Blut- und Bodenargumenten gar kein Ende mehr nehmen wollte und der das schrecklichste Ende folgte.