Sonntag, 10.03.2019, 20 km von Grüneberg zur Grundmühle und durch etwas Gruselwald zum Bahnhof Beetz-Sommerfeld mit Eckhard Knauer, WSV Rotation Berlin
Vom Deetzsee zum Fließgraben
Ausgeschlafen. Wir sind daher viele. Die Fahrt gestaltet sich bequem und kurz. In Grüneberg geht es unerwartet gepflegt vorbei am Deetzsee, der sich hinter aufgewühltem Wildschweinterrain verbirgt.
Ohne Risiko artig auf der Straße bis zum Überqueren der 96. Ein tief gelegter Bach erzwingt etwas umwegige Versuche: geschafft!
Nun mit weitem Blick über Wiesen und Weiden mit allerlei Kleinstwundern.
Wer dem Wanderleiter zu schnell hörig folgt, bekommt die üblichen Spezialitäten. Es geht ausnahmsweise auch einmal anders und ermöglicht Bilder von diversen sportlichen Höchstleistungen.
Nach dem Bach geht es schlecht weiter,
auch die Pferde schaun nicht heiter.
Am Abflussgraben vom Lindesee zum Fließgraben der Grundmühle ist der Biber täglich zu Gange, sonntags der Grundmühlenbesitzer. Die Idylle hat sozusagen einige problematische Seiten.
Jenseits von Wanderwegen
Der Wald: abwechslungsreich mal so, mal so. Nach der Mittagspause sollte man wenigstens halbwegs ahnen, zu welcher Art Überraschung solche Wege, Schneisen oder Fährten führen.
Das Geheimnis eines radialen Waldkunstwerkes
Google maps zeigt bei Sommerfeld einen geheimnisvollen Wald im Wald: einen radialen, kunstvollen Grundriss von quadratischen Linien umspannt. Was für ein formvollendetes Bauwerk ist hier bis auf die Grundmauern zerstört und vergessen? In Gedanken lege ich barocke Gärten und Pläne über das wuchernde Grün.
Auf die einzig nahe liegende Lösung komme ich nicht selbst: Militär. S 75 “Wolchow”, Stellung der 41. Fla-Raketenbrigade, Fla-Raketenabteilung 4124 (FRA 4124) bei Sommerfeld, gedacht zur Luftverteidigung Berlins durch die Russen**.
Sechs solche Startplattformen sind um einen zentralen Gefechtsstand angelegt. Zu erkennen sind im Hintergrund die Reste zur Tarnung mit einem Rolldach.
So abwegig waren meine ersten Gedanken nicht. Militär- und Verteidigungsbauten haben nicht erst und nicht zuletzt Leonardo dauerhaften Ruhm, Ansehen und gutes Geld verschafft. Und selbst diese sehr einfache, kleine Anlage beeindruckt mit ihrer Symmetrie. Trotzdem: ein Grusel der Vergangenheit, in der Gegenwart und für alle Zukunft…
Vom Beetzer See nach Sommerfeld
Die ersten Regentröpfchen fallen. Gleich hinter dem Beetzer See liegen bereits die Sana-Kliniken Sommerfeld, erbaut als „Waldhaus Charlottenburg“ zwischen 1912 und 1914. Wenn schon kein Schweizer Zauberberg, dann doch wenigstens alpine Landhäuser für die mehrheitlich sozial schwachen Tuberkulosekranken aus der Stadt – die Zeit vor dem ersten Weltkrieg war hoffnungsvoll.
Ein etwas lungenkrank gefärbter Gedenkstein erinnert an den langjährigen Doktor und Direktor Hellmuth Ulrici.
Bei der Tuberkulosetherapie gibt es immer wieder Apostel,
die an die Ausrottung der Tuberkulose glauben,
aber leider träumen sie nur einen schönen Traum.
Hellmuth Ulrici
1876 – 1950
Die Wandergruppe hat sich geteilt in ein Minihäufchen Gesättigte und eine Masse hungriger, durstiger Rehabedürftiger oder wer weiß.
Die Anzeige am Bahnhof Beetz-Sommerfeld*** warnt entsprechend der Wetterlage vor eventuellen Zugausfällen. Aber pünktlicher geht’s nicht – das rundum gesättigte und zufriedene Minihäufchen fährt.
** Ursprünglich hatte nicht nur ich auf “Zweiter Weltkrieg” getippt. Nach meiner → Wanderung um Kremmen herum, bin ich gefühlsmäßig (auch wenn das zum Thema nicht passt) sicher, dass hier nur ein bereits existierendes Militärgebiet übernommen wurde. 1940 fusionierten die Deutsche Pyrotechnische Fabriken AG (Depyfag) mit den Orion-Metallwerken (Schusswaffenproduktion) zu einem Gesamtunternehmen innerhalb der Sprengstoffgruppe DAG/WASAG/Ligose. Die Produktion war den Munitionsanforderungen des Zweiten Weltkriegs angepasst und auf Leucht- und Signalmunition umgestellt worden. “Irgendwo soll es auch noch die Abschussrampen geben, von denen aus bei Tests die Leuchtmunition ins Kremmener Luch geschossen wurde.” – vermutet die Gerüchteküche im www. Also was ist mit meinem Gefühl??? Ich vermute einfach nur eine andere Zäsur nach der Wende.
*** Nachtrag mit unscharfem Detail. Ich selbst hab die Vorderfront des Bahnhofs scharf gesehen. Über dem Eingang eisig silbern der Ärmeladler, das militärische Emblem der Deutschen Reichsbahn 1938 -1945. Der Lorbeerkranz ausgespart. Da war allerdings niemals was anderes drin als …
Warum nicht das Flügelrad – das pefekt gestylte Emblem der Eisenbahn seit der Eröffnung der ersten deutschen Eisenbahn Nürnberg-Fürth 1835? 1898/99 entstand der Haltepunkt Beetz-Sommerfeld an der Strecke Kremmen–Meyenburg, das Bahngebäude sicher lange vor 1933.
Denkmalschutz, mir graut vor dir…