Wasser, Wasser, Wasserscheide

Februar 2020, Frankfurter Stadtwald zwischen Pillgram und Rosengarten. Eine optische, nicht systematische Bestandsaufnahme der Frühjahrswässer.
Eingedenk des Klimawandels und des täglichen Verbrauchs von angeblich unendlich verfügbarem Wasser.
Gegen Verharmlosungen und Unbedenklichkeitserklärungen.

Wasserspeicher Baum
Wasserspeicher
Regentropfen
Regen, Regen und kein Schnee

Eigentlich ist es keine Gegend, um Wasser zu thematisieren. Auf Grund der vorherrschenden Sandböden und der regionalen Niederschlagsarmut – die allerdings momentan nicht – gilt das Gebiet des Frankfurter Stadtwaldes als arm an Oberflächengewässern.

Blick vom Weinberg, Hänge Richtung Quellgebiet Klinge
Blick aus Richtung Weinberg, Hänge Richtung Quellgebiet Klinge

Die kleinflächigen Stillgewässer im Waldgebiet zwischen Booßen und Rosengarten sind mehrheitlich durch Bergbau oder Abgrabungen entstanden. Inwieweit diese Sonderhabitate erhalten werden können, ist in Zeiten des Klimawandels fraglich. Günstig auf den Wasserhaushalt wirken Buchenbestände. Aber die vergangenen Sturm- und Trockenjahren haben bereits erschreckend deutlich Waldschäden hinterlassen.

Schleifspur zum Wasser
Wer oder was rutscht denn da?

Der Februarregen gibt Hoffnung. Den Wanderweg am Großen Stein unterbricht ein aus Acker und Berg fließendes Wasser. Zu gewöhnlichen Zeiten erst hinter dem Weg, plätschert der sonst kaum auffällige Bach WESTWÄRTS (also Richtung Spree, Elbe), endet aber als ansehliches Waldgewässer in einer Senke. Panta rhei, alles fließt (Heraklit, 520-460 v. Chr.) – woher und wohin sich das Wasser unterirdisch den Weg bahnt, ist mit den Augen nicht auszumachen.

Acker am Großen Stein
Acker am Großen Stein
Ausufernder Bach
Ausufernd

Das Soll von Pillgram

ACHTUNG! Das Soll ist kein Soll, sondern lt. alter Karte ein Restloch der Grube “Mit Gott”.

Kaum zu glauben, wie sich das Auge täuschen kann! Demnächst unbedingt über den Acker stiefeln!
Trotz Recherche nach den Braunkohlegruben googelte mir das Internet diese Karte vom Blog der Evangelischen Kirchengemeinde Biegen – Jacobsdorf – Arensdorf – Sieversdorf erst am 10. 3. 2020 entgegen. Mit sehr großem Dank an Hern Pfarrer Dr. Joram Luttenberger, der für diese informativen Inhalte verantwortlich zeichnet.

 „Grube Mit Gott“ und Grubenbeamtenhaus 1937 (Karte vom Blog der Kirchengemeinde Pillgram, Geschichte)
→ Karte, evangelische Kirchengemeinde Pillgram: „Grube Mit Gott“ und Grubenbeamtenhaus 1937

Das wäre also von mir falsch beobachtet und falsch geschlussfolgert: “Als eins der wenigen natürlichen Kleingewässer kann das ovale, flache Soll (Toteisloch) nordöstlich vom Bahnhof Pillgram im Gebiet der Spree-Nordsee-Wasserscheide angesehen werden. In vormals schneereichen Zeiten wurde es wohl zusätzlich gespeist aus Richtung der Endmoränen. Ein Überlaufbecken und sein erheblicher Umfang auf Googlemaps legen das nahe.”

Becken am Soll bei Pillgram
Becken bei Pillgram
Das Soll bei Pillgram
Trotz Regen geschrumpft: egal ob Soll oder Gruben-Restloch…

Gänzlich ausgetrocknet sind alle Senken im Wald längs der Bahnstrecke Pillgram – Rosengarten. Unvorstellbar, dass vor ziemlich genau 100 Jahren als Folge der Schneeschmelze ein südlicher Hang auf die Gleise vor Bahnhof Rosengarten stürzte. Schnee, ja, sieht weiß aus.

Ausgetrocknet
Nix mehr mit Suhle.

Das Goldene Fließ

Das ist von Jacobsdorf aus zu erreichen. Am Windpark verliert es sich kläglich in den Wiesen. Ich war nie auf die Idee gekommen, das zu fotografieren. Bemerkenswert: obwohl die Gegend zum Odervorland gerechnet wird, verläuft das Goldene Fließ Richtung Spree/Elbe und Nordsee. Es bildet daher die Wasserscheide zu Booßener Mühlenfließ/Mühlgraben, Klinge und Eduardspring, diese alle Richtung Oder/Ostsee. Die Quelle (oder zwei?) vom Mühlenfließ mit den folgenden, künstlich angelegten Mühlteichen liegt zu der vom Goldenen Fließ in direkter Nähe.***

Am Abzweig Pilzstein Richtung Näpfchenstein (oder umgekehrt)
Am Abzweig Pilzstein Richtung Näpfchenstein (oder umgekehrt)

Im Quellbereich Goldenes Fließ, weit nördlich von Eduardspring, sollen einst sumpfige Stellen und flache Teiche vorherrschend gewesen sein. Gegenwärtig erzwingen eher forstliche Maßnahmen unvorhergesehene Routen. Keine Ahnung, wie weit ich bereits vorgedrungen bin.

Wasserstelle
Wasserstelle

Schon vom Pilzstein abwärts fließt das Wasser sogar ohne Bachbett gen West, gen Goldenes Fließ.
Die Wasserscheide Richtung Elbe/Nordsee ist eindeutig überschritten!

Forstliche Maßnahmen
Je schmaler der Weg, desto schwieriger, im von Lehm unterlagerten Boden durchzukommen.

So wird das nix. Ein zweites Mal von Pillgram aus tigere ich zielsicherer gleich am Fließ hoch, dieses Mal mit relativ viel Wasser. Trotzdem nicht hoffnungsvoll angesichts der fast durchgehenden Melioration.

Der Goldene Fließgraben mit Wasser
Der Goldene Fließgraben mit Wasser

Nur die Farbe des Fließes ändert sich plötzlich extrem.

Goldenes Fließ - goldener Zulauf?
Verursachung der Farbe? Woher kommt der Name des Fließes ursprünglich?

Dann bin ich gefangen im Tal, das sich bis ins Quellgebiet zieht. Ich kämpfe mich durch auf die nördliche Seite.

Wasserscheide Fehlanzeige - es fließt oder besser steht in jegliche Richtung.
Wasserscheide Fehlanzeige – es fließt oder besser steht in jegliche Richtung.

Falsch. Alle Wege weitab vom trocken gefallenen Sumpfwald. Angeblich schon Treplin – Anwohner mit Hund machen mich unsicher. Vor Einbruch der Dunkelheit ein Bahnhof? Also rückwärts, wieder am Goldenen Fließgraben. Zu Haus zeigt Googlemaps: ja, ich hätte genau so gut Booßen – Rosengarten geschafft.

...ob das Quellgebiet so viel anders ausgesehen hätte als die trocken gefallenen Sumpfgebiete im Vorfeld?
…ob das direkte Quellgebiet so viel anders ausgesehen hätte als diese  Stellen im Vorfeld?

Quellgebiet Klinge

Rosengarten, Weinberg: am Ursprungsgebiet der Klinge schrammt der Wanderer abwärts lechzend nach → “Wupis Tränke” oder jappsend bergauf Richtung Bahnhof vorbei. Die grundwasserbeeinflussten Sickerquellen führen kaum mehr Wasser in den Senken. Die Bachläufe verenden weit vor der Waldkante und dann in einem quer und immerhin stellenweise noch gefüllten Graben.

Quellbereich Klinge
Quellbereich Klinge, an der Waldkante
Quellbereich Klinge
Breit auslaufender, trocken gefallener Quellbereich der Klinge
Quellbereich Klinge
Verschlammter Quellbereich der Klinge

Hinzu gekommen ist ein prächtig sprudelnder Quelltopf im Sandboden neben “Wupis Tränke”.

16.2.2020, Quelltopf im Stadtwald Frankfurt (Oder), Nähe Wupis Tränke
Februar 2020, Quelltopf der Klinge.
Klinge, nach kurzem Lauf endend.
Nach kurzem, natürlichem Lauf (verrohrt?) endend.

Alle Quellbereiche der Klinge sind nordöstlich um das vor dem Wildpark zum Acker entwässerte Land gelenkt und enden unsichtbar. Ein Rückbau zu natürlich plätscherndem Fließgewässer ist nicht zu erwarten.

 Eichenallee, entwässertes Ackerland
Rechts und links der Eichenallee entwässertes Ackerland, die tief gelegenen Häuser von Rosengarten schützend.
Booßener Landstraße, Pumpwerk
Pumpwerkbau an der Booßener Landstraße, Restpfütze der einst über die Steine klingenden Klinge
Wasser im Acker
Letzte feuchte Mulde.

Eduardspring, Geotop-Nr. 1590

Im besten Ausnahmefall tröpfelt der steingefasste Eduardspring. Aus dem Sammelbecken fließt nicht länger als einen knappen Meter ein cm-breites Bächlein ins Laub. Die Steine, die das einstige Bachbett säumten, sind abgeräumt.

Eduardspring
Eduardspring
Eduardspring, oberes Rohr zur Quelle
Eduardspring, oberes Rohr zur Quelle
Eduardspring, unteres Rohr aus dem Sammelbecken
Eduardspring, unteres Rohr aus dem Sammelbecken

Nirgends im Umkreis fließt Wasser. An der Straße “Eduardspring” schlängelt Richtung Rosengarten tief und trocken ein Graben.  Oder doch das natürliche Bachbett?

Das Wasser im Dorf. Rosengarten, Frankfurt (O)

Zwischen Pagramer Straße und Dorfkirche Rosengarten
Eigenartiges Fundstück zwischen Pagramer Straße und Dorfkirche Rosengarten. Hätte ich in die Filmrolle schauen sollen?
Der Graben am Kirchsteig wird gegenwärtig eher aus Richtung der Häuser als vom Berg gespeist
Der Grabenrest am Kirchsteig wird gegenwärtig eher aus Richtung der Häuser gespeist.
Einst vom Berg hinter der Dorfkirche gespeist
Alles oder besser formuliert “mehr nicht” vom Berg hinter der Kirche.
Rosengarten, am ehemaligen Gutshof
Rosengarten, am ehemaligen Gutshof – woher und wohin? Müsste zur Klinge gehören.
Dorfteich Rosengarten
Dorfteich Rosengarten.
Abflussrinne am Südhang Bahnhof Rosengarten
Nur kleinste Spuren eines kürzlichen Regengusses: Abflussrinne am Südhang Bahnhof Rosengarten mit aufwändig gemauerten Stufen.  Hinter der Brücke noch zwei schmalere Stufenrinnen.

 

Die Wasserscheide: ein weitgehendes Scheiden vom flott und immer währenden Fließen.

 

***Meine Wanderungen an diesen Gewässern:
Booßener Mühlenfließ
Zusammenfluss Mühlenfließ – Altzeschdorfer Mühlenfließ
Klingetal
Findlinge im Stadtwald Frankfurt(O)

Genaue Karte mit Wasserscheide und Quellen → pdf, S.52 von 88 Seiten

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