18.04. – 22.04.2019, Ostern mit Heidrun und Wolfgang Pagel, nicht zu vergessen Evi, alle vom WSV Rotation Berlin: vier Wanderungen mit Ausgangspunkt Lázně Libverda im NSG Jizerskohorské bučiny / Tschechien
Oh Hahn, warum raubst du mir den Schlummer?
Kräht der Hahn zum Ort hinaus, so zieht nach altem Glauben das Unglück hinterher. So präsentiert er sich hier in Tschechien auf möglichst jedem Pfeiler, jeder Säule, jedem Brunnen.
Mit Hahnenschrei befreit von den Dämonen der Nacht ziehen wir 20 Wanderer ausgehend von Lázně Libverda vier Tage lang morgens 7 Uhr zum Frühstück und – der österlichen Tradition des WSV Rotation Berlin folgend – in jeweils eine andere Himmelsrichtung.
Als “liebliches Vorgebirge des Isergebirges” wird die Gegend um den Kurort Lázně Libverda / Bad Liebwerda angepriesen.
Die Wiesen, das schon kräftige Blattgrün, die Gärten sowieso, künden vom Frühling. Dennoch lassen die obligatorischen Wegekreuze in Tschechien mit Blick in die Berge nicht nur zum Karfreitag an diverse Leiden denken.
Mitten im Wald ein Gedenkstein an die Zeit der tschechischen Unabhängigkeit von 1918 bis 1938.
In dem kleinen Vielvölkerstaat Tschechien hatte sich zwischen Erstem und Zweitem Weltkrieg die parlamentarische Demokratie als Regierungsform durchgesetzt.
Es gibt eben Gründe für unterschiedliche Reaktionen innerhalb des von allen gewünschten, friedlichen Europas.** Nicht jeder Frühstückssitz ist dann ein romantischer Felsen. Auf der Verteidigungslinie gegen Truppeneinmärsche in das kleine Tschechien entpuppt sich mancher als Kleinkampfbunker, inzwischen historisch und militärtechnische Attraktion.
Ringsum herrlichster Buchenwald in allen Stadien des Wachstums. Silbern vor dem (hier überstrahlten) Königsblau des Himmels.
Der steinige Pfad schlängelt sich unter oder über umgestürztes Nadelholz den Berg hinauf.
Abwege in die kleinen Felsgruppen, immer wie uralte, verwinkelte Burgruinen, kantig und ineinander verkeilt oder kugelrund – ein Kletterparadies für erwachsene Kinder.
Unverhofft gibt es auch Wackelsteine.
Das Gipfelproblem
Mit GPS-Koordinaten plus Wanderleiter ist in jedem Fall DER GIPFEL erreicht.
Ein anderer bietet sich an als Felsplateau mit Höhle. Im Hintergrund eine Mini-Barbarine – dazwischen geht es wahrhaftig tief, tief!
Das eigentliche Gipfelzeichen steht am Wegesrand – eher Trost für müde Füße als maximale Höhe. Bitte auch das Verhältnis Mensch : Baumhöhe registrieren!
Abwärts, wieder herrlichster Buchenwald in dieser frühlingshaften Durchsichtigkeit.
Schnee und rauschende Bäche
Überraschung! Zumindest ich hatte den Schnee nicht erwartet an diesem späten Ostern. Wir stapfen wirklich auf den Wegen eines kleinen “Schneegebirges”.
Es tröpfeln, sprudeln, gluckern, rauschen überall Bächlein und Bäche mit Schmelzwasser, nicht nur hier am Riegelweg.
Das Rätsel eines Regionalproduktes: Schmiedehandwerk – aber für was? Der beeindruckende Wegebau über das Felsgestein hinweg erinnert ständig: auch der schönste mitteleuropäische Wald ist stets Kulturlandschaft und Menschenwerk.
Von den Höhen aus ist im lieblichen Tal längst die Wallfahrtskirche Maria Heimsuchung von Hejnice / Haindorf zu entdecken. Die Berge allerdings: das Isergebirge entpuppt sich als anspruchsvoll urig.
Können die folgenden Wanderungen noch schöner werden?
** Die von M. Gorbatschow ausgelöste “Dekolonisation” zwischen 1985 und 1991 wurde in dem gemeinsamen “europäischen Haus” als Nationalitätenfrage und oft als ethnische Frage in unterschiedlicher Weise gelöst. Zu selten wird heute an entscheidende Vorläufer wie den “Prager Frühling” 1968 erinnert. Ohne deren, mit unser aller Gewalt niedergekämpfte, aber lebendig gebliebene Ideen hätte es eine “friedliche Revolution” in der DDR sicher nicht gegeben. Oft genug schäme zumindest ich mich dann der Selbstverständlichkeit meines inzwischen höchst günstigen Aufenthalts.
→ Isergebirgssteine und Wasserfall
→ Aufstieg zum Smrk
→ österliche Abschluss-Wanderung 2019 im Isergebirgsvorland