Nach dem heißesten Juni seit den Wetteraufzeichnugen am 3. Juli 2019, ca. 17 km entlang am Schwarzen Fließ und im NSG Feuchtwiesen Atterwasch
Gerettetes Land
Wenige Meter nach Bahnhof Kerkwitz: vorbei an einer Brandruine, das dörfliche Pflaster verliert sich unwegsam.
Hat jemand zu früh aufgegeben? Der Braunkohletagebau Jänschwalde sollte nördlich fortgeführt werden bis hart an die Grenze NSG Schwarzes Fließ.
2017 erfolgte der Abbau-Stop und fortgesetzter Waldumbau. Noch knirscht jeder Schritt auf den bröslig trockenen Kienäppeln wie Pulverschnee.
Weitgehend aber Mischwald und das Gefühl: hier gibt es die Lausitz in ursprünglicher Gestalt. Offene Flächen züngeln aus Richtung Schwarzes Fließ – wahrscheinlich Quellgebiete. Ein tiefer Graben, bewachsen mit Robinien und Kiefern – undenkbar, dass hier jemals Wasser geflossen sein könnte.
Vor Atterwasch ein kleiner Acker, ich muss quer über die trockene Fläche. Erst vor den letzten Kiefern ein Fleckchen Sauerampfer und dunkle Grashalme: in dieser Gegend wurde mit über 38° gerade ein deutscher Hitzerekord gemeldet.
Dennoch irgendwann hinter puren Sandhügeln: ein erstes Moor mit einem kleinen Glanz Wasser in Sicht!
Der Niederungsbereich nördlich von Atterwasch
Am Vorwerk Bärenklau sprudelt ein Bächlein aus den Wiesen.
Ursache für die unterschiedlich trockenen Wiesen ist ebenso unterschiedlich oder als Mix: landwirtschaftliche Nutzung, fehlender Regen und sinkender Grundwasserspiegel (mit unterschiedlichen Ursachen).
Die Weide jedenfalls hat Schaden gelitten. Der schmale Randstreifen, auf dem sie wurzelt, führt schon lange kein Wasser mehr.
Weit hinten links eine satte Weide für Kühe, ansonsten die unterschiedlichsten Gräser, junger Baumwuchs, kaum mehr Schilf.
Das kleine Springkraut und Brennnesseln besiedeln massenhaft unbegehbare Uferzonen.
Doch dann: auf trockenem Boden von Rehwild niedergelegtes, hohes Schilf.
Wenige Schritte weiter aus dem Hangweg sprudelt eine Quelle, eigenartig in heftiger Bewegung mit einer Rückschlagklappe. Das Wasser fließt glasklar, aber: es stinkt. Undefinierbar.
Im Aufstau ist eine ganze Gruppe kleiner Gewässer entstanden.
Gereiht wie auf einer Perlenschnur blinken diese Teiche durch das satte Grün.
Noch ein Zufluss, nicht unbedingt naturnah anzusehen…
Hinter dem duftenden Mädesüß die dunklen Erlenwälder, die Wiesen gemäht.
Ab und zu ein früherer Entwässerungsgraben, jetzt aufgefüllt. Trotzdem, jenseits der ungemähten Grabenränder stehen die Wiesen trocken.
Kleine Welt am Wegesrand
Der Übergang vom feuchten Grünland der Niederung zum höheren, sandigen Standort mit Kiefernwald erfolgt abrupt, trennend nichts als der Wanderweg. Ausgebleichte Astknochen wie im Wüstensand.
Fast meterbreite Spinnnetzteppiche bedecken das Gras. Nahrungsmangel? Nahrungsüberfluss? Überbevölkerung einer wärmeliebenden Spezies?
Aus einer Bodenanalyse stammt der kupfergrün bemalte Scherben. Die Umzäunung gilt dem Absammeln kleiner Reptilien: Maßnahme des Umweltschutzes. Aber was wird entstehen? Trockenrasenbiotop oder wasserwirtschaftliches Objekt?** Keine Ahnung. Die verbreitete Hoffnung, es würde der Grundwasserspiegel natürlich ansteigen nach Stilllegen der Braunkohlegrube Jänschwalde teilen jedenfalls nicht alle.
Einer aus der großen Familie der Bläulinge am Rande der ungemähten Gewässerstreifen und eine Feder auf der gemähten Feuchtwiese, die verdächtig nach längst verblühten Orchideen aussieht. Ein Kranichpaar schreit kilometerweit hörbar.
Aus undurchdringlichem Gebüsch am Waldrand springt ein Reh. Ich fresse ihm die letzten oder einzigen, einsamen Himbeeren weg – bitte im Vergleich mit den Grassamen bewerten. Zu naschen und nippeln gibt die Trockenheit kaum etwas her.
Die Dörfer vor Guben
Am Horizont, hinter dem jetzt meliorierten Schwarzen Fließ liegt Atterwasch. Die Markierung gelber Strich hab ich verloren als sie gebraucht worden wäre. Quer über die Straße und querfeldein: da ist sie. Es gibt nicht viele Möglichkeiten, die Autobahn zu queren.
Alt Deulowitz empfängt mit Klapperstorch und Todesengel. Edward mit den Scherenhänden lässt entlang der Birkenallee grüßen. Zur Ehrenrettung wahrscheinlich der letzten echten Sorben in alten Gehöften des echten, sorbischen Dorfes: Mohn und Sonnenblumen hab ich auch entdeckt…
Bis Altsprucke/Guben zieht sich die Birkenallee hin als unbefestigter, staubiger Durchfahrtsweg. Fliegen und fliehen als einzige Rettung.
Die beste Möglichkeit: den Abzweig Kaltenborn nutzen und nach links sich durchschlagen bis Altsprucker Mühlenweg.
Ein Trampelpfad von maximal 20 cm Breite entlang des Schwarzen Fließes kann ansonsten gesucht und vielleicht gefunden werden.
Letztes Fließen hier unter einem in den Wiesen endenden Brücklein. Von Altsprucke aus durchsteht das Wasser den Gubener Stadtpark, schwärzer und vermüllter als ich es zeigen möchte.
Stadtpark und Bahnhof Guben
Schachmatt für die farblos, steinerne Stadtparkkunst. Und auch der Bahnhof Guben schlägt die aufwändigste Landschaftsgestaltung Fürst Pücklers kostengünstig und überdimensional.
Abgesehen von der Qual des Bahnhofberges, der bei Berechnung der Zugabfahrten eine Rolle spielt, führt der Weg am Schwarzen Fließ fast durchgängig hierher. Sogar bis zu einer lebendigen, für Ersatzverkehre auskunftssicheren Schalterbeamtin. Alles andere: Nostalgie.
Mein Zug, ein Durchläufer zwischen teilweisem Schienenersatzverkehr Richtung Frankfurt/Oder (aus was für Gründen auch immer), fährt durch den verbrannten Wald zwischen Wiesenau und Ziltendorf.
Nachmachen dieser Wanderung lohnt!
**Wohin führt uns das Leben? Gerade las ich wiederholt “Ameisen” von Maurice Maeterlinck, Nobelpreis für Literatur 1911. Unvergesslich auch ein kleines Ameisenbüchlein für Kinder aus der DDR und natürlich hier im Blog → Fabre. 6. Juli, Wiederholung einer Radiosendung über → Ameisenschutz und Rettungsumsiedlungen. Könnte und sollte hier ein neues Heim entstehen? Als Ameise würde es mir südlich allerdings zu schnell feucht.