3. und 5. Mai 2020, jeweils ca. 15 km im NSG Mahnigsee-Dahmetal. Vorgespurt von Eckhard Knauer (WSV Rotation Berlin), mehr oder weniger gefolgt in “doppeltem Solo”.
Der Kessel von Halbe
Zwischen Halbe und Märkisch Buchholz: Erinnerung an die Kesselschlacht vom 24. bis 28. April 1945. Vor 75 Jahren. Der 8. Mai war offizielles Ende des Zweiten Weltkrieges. Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus.
Versinken im weichen Moos. Jeder Laut wird geschluckt. Die Baumstämme wie die endlose Eintönigkeit von Massengräbern. Bis heute Bergung sterblicher Überreste. Täter und sinnlose Opfer. Youtube-Beiträge offerieren aus dem Boden gescharrte Relikte.
Das Vergessen in der Natur. Auf Google Maps erkennbar: von West nach Ost verlaufende Senken und kleine, moorige Flächen bis zum Mahnigsee.
Ein Kolk, teilweise wahrscheinlich aufgegraben und aufgeschüttet: Lockstelle für das Wild.
Das Vergessen im Alltag. Überall hier das Gewehr heben und auf Lebendiges zielen. Blut.
Später die Jagdgenossenschaftler, sammeln sich in den Dahmewiesen am anderen Ufer. Blicke durchs Autofenster über die ich nicht nachdenken will. Corona-Ausgehsperre für Normalos ohne triftigen Grund. Jagd und Angelsport ausdrücklich JA. Wandern? Alles unklar.
Naturschutzgebiet Mahnigsee-Dahmetal
Die mäandernde Dahme und der Mahnigsee schimmern nur an wenigen Stellen durch die Bäume. Die Wiesen sind Weideland. Um den Mahnigsee weitgehende Verbuschung.
Der Mahnigsee ist der Dahme zwischen Teurow und Märkisch Buchholz westlich mittig vorgelagert. Richtung Nord ein kurzer Stichpfad im ausgetrockneten Sumpfland.
Das NSG gehört zum FFH Dahmetal, europäisches Schutzgebiet nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie.
Von Märkisch Buchholz nach Oderin
Am Zusammenfluss der mäandernden Dahme mit der Dahme-Wasserstraße führt ein Holzbrücklein in die Wiesen.
Der Dahme-Umflutkanal: ein mögliches Abflussgebiet der Spree. Deutlich ist an der Landspitze das Ineinanderfließen der Wasser zu erkennen.
Das Stufen- oder Überfallwehr mit eingebauten Aalleitern – stolze Auskunft eines Anglers. Aha. Das lohnt wohl.
Die Bootsschleppe. Der Kanusport fristet ein klägliches Corona-Dasein.
Noch einmal am Dahmetal entlang, nun flussaufwärts.
Dann quer durch zum Oderiner See. In der Ferne Tropical Island.
Die Fährten des hungrigen Wolfes
Zwei Tage später alles noch einmal ohne den unsicheren Zaun-Abzweig zum Oderiner See. Die Idee: einen Bogen gleich zum Bahnhof schlagen. Neues erkunden. Die Wege verlaufen eigenwillig. Eine unendliche Straße. Wieder diese Kriegserinnerung. Doch es ist nur die ehemalige Handelsstraße Berlin – Lübben.
Böse Ahnung an der Wüstung Gasthaus “Hungriger Wolf”. Wölfe laufen unter Umständen 70 Kilometer nach einer Maus. Im Gedenkstein: Himmelsrichtungen ohne Wohin. Breit und gerade nach Überall. Asphaltiert oder Schotter, trotzdem nichtmal ein Radfahrer. Zur Sicherheit: kein Richtungswechsel mehr. Süd, Süd. Doch nicht etwa parallel zur Bahn? Die Bäume rauschen wie Straßenverkehr.
Ich setze Handy-Hilferufe ab. Aber ehe der hungrige Wolf gefunden, bin ich längst weit. Gefühlsmäßig müsste ich auf Tropical Island stoßen.
In der Ferne eine leuchtend gelbe Maschine. Die Baumstämme fliegen wie Streichhölzer. Mich zu nähern, wäre Selbstmord.
Zeit zum Nachsinnen. Faszinierend das intelligente Dinotier: wendig, problemlos steil hoch, runter, zur Seite rechts, zur Seite links, den Hals geschwenkt und in Sekunden eine Stangenkiefer gefressen. Gezielter Waldumbau mit “Ponsse” (finnischer Forstmaschinenhersteller): bewundernswert funktional. Die Kosten solcher Wunder-Maschinchen müssen sich allerdings erst einmal amortisieren.
Alles Landeswald. Wie einst der Tesla-Wald. Dessen Erlös käme auch dem Landesbetrieb Forst Brandenburg zugute. Politisch falsch spekuliert: Holz in Zeiten der Corona-Sperre ist nicht verkäuflich nach China oder Übersee. Global Sense, überall “first…”, gern im Regenwald. Weltweit für “Arbeitsplätze”, “Entwicklung”. Bei uns für den eigenen Luxusschlitten – oder was fehlt noch?
Wo bin ich nun: nördlich Aussichtsturm Wehlaberg, irgendwo ein Grenzstein zwischen Preußen und Sachsen, südlich Moor, westlich Tropical Island mit Blindgängern und Munitionsresten jenseits der Waldautobahnwege. Egal welche Richtung, alles ohne Gewähr.
Feierabend. Ich genieße Sightseeing durch einen unglaublich strukturierten Wegewald bis zur Mond-Utopie Tropical Island inmitten von Landebahnen, verlassenen Hangars, Hausruinen. Wieder der Gedanke an Teslas Gigafabrik. Metropolis. 4000 Arbeitsplätze.
Bahnhof Brand. Der Brand – so der Name des Waldgebietes hier.