6. Januar 2018, von Oehna nach Weidmannsruh zum Neujahrskonzert mit den Jagdhornbläsern aus Langenlipsdorf und der Feuerwehr von Gölsdorf
Die Tristesse eines Berliner Morgens, die kalte Verlassenheit im Potsdamer-Platz-Bahnhof, in Oehna* das “Mordhaus” unendlich trauriger schon wieder als im Sommer, dann der Fläming-Skate durchs platte Land: hier beklagten sich einst Schweizer Radler über die Ödnis der Landschaft – ich konnte nur auf den Hohen Fläming verweisen.
Weidmannsruh aber kann ich diesmal nicht verfehlen, der weithin sichtbare Sendemast ist Ziel.
Früher Sperrgebiet: die Russen… Voller Wild soll der Wald noch von daher stecken. Vor mir traben zwei Tiere – die Größe von Wölfen, ich denke: zu niedrig für Rotwild, für Wildschweine zu schlank und hochbeinig. Wer weiß – so ohne Brille… Die Dächer von Weidmannsruh schimmern bereits durch die Bäume, ich fühle mich sicher. Und bis 14 Uhr ist massig Zeit. Also den Wildpfad entlang. Spuren: weder Wolf noch Schwein. Überall sich kreuzende Pfade. Hier müssen gewöhnlich große Rudel stehen: zahllos die niedergedrückten Graslager und aufgewühlte, runde Plätze…
Dann umkreise ich das ehemalige Gut Weidmannsruh. Mehr Häuser als ich dachte, einiges verfallen. Bienen werden gehalten und zwei große Hunde. Ringsum Anpflanzungen von Buchen und Eichen – die flächendeckende Kiefer-Monokultur wird also umgebaut. Wie es aussieht als Nutzwald für die Jagd…
Im Wald, an den Feldrändern – ein Ansitz am anderen. WeidmannsRUH dürfte selten herrschen. Ich denke an Hirschschinken (ja, ja, nur der von Aldi) und bin’s zufrieden …ein bissel essbares Wild wär jetzt ganz passend.
Durch den Wald kommt eine Schar Sachsen-Anhaltiner mit Kind und Kegel zu den brandenburgischen Nachbarn gezogen.
In Weidmannsruh ist das Bier längst eingetroffen, die Bratwürste (echt Thüringer Qualität – falls ich überhaupt einen Vergleich wagen sollte) sind bereits knusperbraun. Hühnersuppe gibt es – vermutlich von glücklichen Hühnern. Das Feuer braucht noch, aber die Jagdhörner sind zu hören und nicht zu überhören.
Etwas mehr applaudierenden Beifall könnten die Dörfer dem Konzert zollen. Wissen alle, was für ein verbindendes Ausnahme-Zusammensein so ein Neujahrstreffen heutzutage ist? Aus Zellendorf wird mir vom dortigen Weihnachtsbaumverbrennen erzählt – das ist bereits abgesagt…
Die Gölsdorfer Feuerwehr bringt mit einigem Aufwand den Holzstapel zum Lodern, die Flammen züngeln hoch: ein riesiger, dreidimesionaler, feuriger Raum öffnet sich dem Blick.
Für längeres Bleiben wird mir als Abfahrtsort Niedergörsdorf empfohlen. Weiter als bis Oehna ist es.
Oh oh: leider schnurgerade Straße. Ein Auto hält: es gibt keinen Grund, diese Eintönigkeit per pedes auszukosten, ich steige erleichtert ein. Gölsdorf, ein wunderschönes Straßendorf hätte ich freilich gern in Ruhe angesehen. Der Leader der Jagdhornbläser drückt aufs Gas. Das Auto rast. Den Sinn verstehe ich erst als ich schon den Zug nahen sehe. Bahnsteig entlang, Treppe runter, Tunnel durch, Treppe hoch – ein freundliches Lachen begrüßt mich: geschafft! So sind sie im Fläming zu Fremden.
Die Bilder können mit Klick vergrößert werden.
*dazu auch: → 2017 auf der Suche nach Weidmannsruh