August 2017: Sandgrube und Teufelssee für Berliner Langschläfer
Wieder ist der Regio kurzfristig anders gefahren und überhaupt, der Tag ist halb vorbei. Also kehrt Marsch in den Grunewald zu Sandgrube und Teufelssee.
Auf meiner Wegevariante ist immer auch „Holzaktion“, es wird gebaut und gesägt: der Grunewald ist ein Wald für die echten Berliner.
In der Sandgrube darf jeder zum Kind werden. Siehe da, ein seltsames und seltenes Tier: Ein Sandohrwurm. Labidura riparia, mit etwa 25 mm ist er die größte heimische Art der Ohrwürmer. Die Männchen haben an ihren leicht gekrümmten Zangen einen kleinen Innenzahn, die Zangen der Weibchen sind gerade. Das müsste ein Weib sein.
Diesem hellfarben zarten Ohrwurm glaubt man sofort, dass seine Art niemals das Bedürfnis hat, in Ohren zu kriechen. Er frisst am liebsten Insekten. Sandohrwürmer kommen von Mai bis November vor, paaren sich bis September, legen 60−90 Eier ab und pflegen sie sorgfältig. Ich fürchte, das Weibchen weiß nun nicht mehr, wo seine Wohnröhren liegen: überall wuseln kleine Menschenkinder, schaufeln und graben Loch an Loch.
Zum eiszeitlichen Teufelssee gibt es viele kleine Wege. Eine Blindschleiche sonnt sich. Ich greife schnell zu, um noch ein Foto zu machen. Sie schlängelt sich ins Dunkel meines Ärmels. Ärmel haben zwei Löcher und so rutscht sie behend ins Kraut: meine eigene Reaktionsgeschwindigkeit ist kläglich.
Im Teufelssee, umgeben vom Naturschutzgebiet Teufelsfenn, darf nackt gebadet werden. Ab und zu springt ein Fisch aus dem Wasser. Das Gefühl, dass Fische sich auch um meine Beine und meinen Körper tummeln, werde ich nicht los.
In das sandige Ufer haben Enten ganze Morgensterngedichte geschrieben und die jungen Bitterlinge jagen umher. Noch im Juli waren es riesige Schwärme. Die adulten Bitterlinge mit ihren rot gefärbten Flossen schwimmen einzelner, aber sie huschen bei der geringsten Bewegung des Wassers weg. Nur ihre Schatten kann ich erjagen. Bitterlinge benötigen lebende Teichmuscheln zum Ablaichen und finden in Berlin und Brandenburg immer weniger Lebensraum. Hier im Teufelssee sind die Winzlinge Futter für die ebenfalls streng geschützten Ringelnattern.
An warmen Tagen liegen die Ringelnattern schläfrig auf den Zweigen vom Gebüsch und sonnen sich.
Aber das Gebüsch sieht in diesem Jahr gefleddert aus. Erst im Ökowerk kann ich eine dünne, sicher junge Ringelnatter beobachten: Sie taucht langsam unter dem Blatt auf, um sich elegant und geschwind durch den Teich zu schlängeln. Die beiden Minifrösche, die ich auch noch erspäht habe, sind ihr entwischt.
Weder richtig dicke Kröten, noch fette Frösche sind zu entdecken. Eine Libelle hält mich zum Narren, wenn sie wie ein Hubschrauber in der Luft steht, bei geringster Bewegung aber sofort abdreht.
Ich beäuge noch den Schierling, bin aber nicht sicher, ob ich ihn wirklich ohne Warnschild von ähnlichen Kräutern unterscheiden kann. Also nie etwas mit diesen weißen Dolden sammeln…
Drei, vier erholsame Stunden sind im Nu vorbei.
Die fehlenden Kilometer ersetzt das Schwimmen bestens.