Allein in Wald und Flur
Aber warum Singlewandern? Puzzelt den Sinn hinter den Zeilen zusammen, dann ergeben sich Antworten: glücklich machende und zu wenig mit diesem und jenem kompatibel, manches zu abseitig und da war doch noch was…
Eins ist sicher: allein erlebe ich die Welt intensiver.
Das „wilde“ Wandern, das wegelose und alleine Gehen ist keine Zerstörung der Natur, eher das Gegenteil: leise, unbemerkt. Selten stürzen Tiere panisch direkt vor mir auf: ein buntes Fasanenmännchen mit einem Schwarm Hennen aus einem kaum kniehohen Büschel am Feldrand (ich hatte bereits über die dunkelrot, goldgelbe Blütenfarbe der Pflanze gerätselt). Ein Kitz steht mitten auf dem Weg – keins aus Gips.
Von einem der neu besiedelten Waldrandgrundstücke mit Baumarktvorgarten tönt es mir von Frau zu Frau nach: „Man geht als Frau nicht allein in den Wald…“
Wild wandern: wenn man vom Weg abkommt, lernt man die Gegend kennen. Und die Menschen.
Februar 2020, abenteuerliche Suche nach den steinernen Geotopen zwischen Pillgram und Rosengarten im Frankfurter Stadtwald.
Eine Singlewanderung, aber unter der Kategorie (kleine) Funde (Steine) eingeordnet – auch wenn diese hier alles andere als klein sind.
Ungewöhnlich, weil mit neugierigem Entdeckertrieb, beginne ich meine Route in Pillgram. Wer die Geotope zielsicher aufsuchen möchte, fährt natürlich bis Rosengarten, sollte sich aber nicht auf die markierte Wegeführung verlassen. Die wahrscheinlich einzig perfekte Streckenbeschreibung auf der Spur dieser Steine bietet die → Karte von Alltrails. Herkunft, Gesteinsart und Gewicht sind den Tafeln an den entsprechenden Geotopen zu entnehmen.
Trassenstein (Geotop-Nr. 980)
Großer Stein (Geotop-Nr. 1569)
Findling am Stern (Geotop-Nr. 981)
Pilzstein (Geotop-Nr. 1567)
Näpfchenstein (Geotop-Nr. 1566)
Schmidtstein oder Kappe (Geotop-Nr. 1565)
Begegnung mit Hirsch & Co. ist auf den Wegen über die Kuppen und durch die Schneisen des Frankfurter Stadtwaldes nicht auszuschließen. Zumindest die “Kappe” ist in diesem zeitigen Frühjahr ohne ein borstiges Zusammentreffen nicht denkbar: der hier erfreulich von jungen Buchen überwucherte “Lehrpfad” ist gleichzeitig zur Wildschweintrasse mutiert – perfekt dem typisch geradlinigen Fluchtweg angepasst. Es lohnt, die geforderte Rücksichtnahme auf die Tierwelt zu vergessen und sich diesen “Pfad” recht laut zu bahnen.
Försterstein (Geotop-Nr. 1565)
…noch und noch Findlinge im Stadtwald Frankfurt (O)
Die Grenze zwischen schützenswerten Geotopen und kleineren Geschieben wird bei einem Volumen von einem Kubikmeter gezogen. Da muss sich der Laie auf den Fachmann verlassen. Zwei namenlose Findlinge (Geotop-Nr. 978 und 979 in der Abt. 5772) sind also ohne spezielles Wissen kaum auszumachen. Groß sind viele Steine.
Inwieweit die einzelnen Findlinge natürlich oder künstlich freigelegt sind, wird nicht immer erinnert. Es ist anzunehmen, dass nicht nur der „Große Stein“ mehr als das Gletscherverdriften hinter sich hat.
Bergbau, Militär, beflissene Heimatforscher und manche Teufel haben ihren Anteil am Ausgraben und sicher auch Verlagern der Steine als passende Wegzeichen gern bis vor die eigene Haustür. Auf privatem Terrain bei Nuhnen, aber ursprünglich, sollen der “Kanzelstein” mit 65 Tonnen und ein Näpfchenstein liegen.
4. Januar 2020, mit Ausgangspunkt Bahnhof Fangschleuse zwei Stunden im Regen auf eintönigen Nutzwald-Wegen. Die zukünftige Karte zeigt: hier führt nichts zu Gesundung. DAS wird ein Krebs in der Landschaft.
Ergänzt nach dem Sichten von Highway- und Megacityfotos im Internet.
Fangschleuse: vom Bahnhofs-Verfall zum Wirtschaftsstandort?
Wenige Schritte: ein kleiner Talismann, durch den ich nun diesen Wald sehe, der rasant verschwinden soll.
Wer weiß, ob noch Zeit bleiben wird, die schon mächtigen Kiefern zu verwerten. Auf google maps sieht der Nutzwald schäbig aus. Allerdings nicht schäbiger als andernorts im einst militärgestressten Ostdeutschland. In Zeitungsartikeln werden Menschen interviewt, die von Fichten sprechen: ahnungslose Interessenvertreter, hoffende – wahrscheinlich Neubürger – Teilhaber eines unbegrenzten Wirtschaftswachstums.
Viele Bäume aber sowieso am Ende ihres nutzbaren Wachstums.
Nur das Problem Wasser…
Zusätzlich ist auf dem Gelände (oder in Nähe?) der Tesla-Gigafabrik eine Abwasserbehandlungsanlage mit einer Kapazität von 252 m3/h vorgesehen.
Natürlich hat ein Normalbürger so wenig wie irgendein Vöglein unter Gottes Himmel oder wie ich selbst eine Vorstellung von dieser Menge. Was ich weiß: vor dem Zustand als Abwasser muss solches notwendig als Grundwasser oder Spreewasser eingespeist werden. Aber wir haben ja reiche Erfahrungen mit unseren Braunkohletagebauen.
Eigentlich ist alles bereits perfekt aufbereitet.
Die Hoffnung platzt bei den nächsten Generationen.
Wo die kleinen Wunder wachsen
Verschwommen im Regen der stellenweise bereits mit Buchen aufgeforstete Kiefernwald. So naiv bin ich nicht, dass ich glauben würde, diese Tesla-Giga-Fabrik könnte noch von irgendetwas verhindert werden. Hierher verläuft sich ein Spaziergänger so wenig wie ein schützenswertes, wahrscheinlich mit Instinkt sogar “intelligenteres” Tier. Keine Vogelstimmen, nur mein Holzvöglein.
Gleichmäßig das Geräusch der Tropfen, die schwer in meine Jacke sinken. Der übliche, sichtbare und unsichtbare Staub hinweg gespült. Knallige Farbenpracht am tief dunklen Waldboden. Das dunkle Cyan-Blau der Trameten: fauliges Nass, eine biochemische Reaktion.
Abgesehen von den jagdlichen Einrichtungen in der Nähe der Birkenporlinge im Laub endlich Zeichen der vorhandenen Mini-Fauna: Fraßstellen. Für viel Befruchtung werden die Verursacher nicht gesorgt haben.
Auffällig der im Kiefernwald üppige Moosboden: neongrün leuchtend und weich.
Mobilitätswende
Frei gelegt von irgendwelchen Begehern der künftigen Radikalvernichtung: ein längst vergessener, von der Autobahn abgeschnittener Weg aus Richtung Erkner-Kabutzhöhe geradewegs nach Störitzsee. Wahrscheinlich schon damals unbeliebt weil gewöhnlich sandig unbequem. Der Naturliebhaber wandert an der Löcknitz hinter der Bahnlinie. Diesseits Störitzsee: das Ziel einer jeden Berliner Kita oder Schule, natürlich mit Bussen von Tür zu Tor.
Nun also Teslas E-Autos: die Brandenburger Modell-Lösung für die Energiewende und den Ausstieg aus der Braunkohle, öko-politisch als Weltenrettung propagiert. Verkehrswende allerdings ohne Reduktion des Individualverkehrs. Der schwarze, streng begrenzte Krebs auf der Karte wird sich weiter in den Wald hinein beißen, jenseits aller Straßen mit neuen Verkehrslösungen, unermesslichem Güterverkehr, Wohnungsbau mit rettenden Einnahmen für die schwächelnden Siedlungs-Kommunen.
Demonstrieren wir weiter freitags gegen die globalen Fehlentwicklungen, die Vernichtung des Regenwaldes. Für unser eigenes Wirtschaftswachstum, für Bevölkerungszuwachs mit neu erwachenden Konsumgelüsten, für Bestechungsgelder aus den Energiekonzernen. Tricksen wir die veschlafenen Hirne unserer eigenen Autoindustrie aus.
Freuen wir uns auf die Expansion von Tesla, wenn zu den kahlen Flächen der Windräder und Stromleitungen die vorgedachten Rohrsysteme unsere Erde vertunneln werden. So sehen schon immer futuristische Kinderzeichnungen aus und lange schon die Highways der USA, von Dubay, Peking, in Japan. Und gerade gegoogelt: Nanjings Kraftfahrzeug-Teststrecke.
Vergesst den Wald.
Vergesst diesen piefigen Blogpost.
Zukunft tickt anders.
→ auf der anderen Seite von Fangschleuse: das Löcknitztal.
Gegenwärtig so weit von Berlin und Erkner entfernt, dass noch von Idylle die Rede sein kann.
→ zum Flächenverbrauch aktuell auf der Seite des Umweltministeriums.
Schwierig, DEN Link zu finden, der für die Traumfabrik Zukunft und nicht das pure Entsetzen steht. Einfach mal umfassender als nur Auto → HIER (Highway gibt es auch)
→ Umweltverträglichkeitsprüfung, öffentlich ausgelegt vom 06.01. – 05.02.2020
Alle Auswirkungen “gering” bis “mäßig”. Keine Ahnung, was Greta dazu sagen würde.
Letzte Dezemberwanderung 2019: Zug Richtung Wusterwitz vermasselt, neues Ziel: Ribbeck und das Havelländische Luch. Doch ich werde Ribbeck mit Ausgangspunkt Paulinenaue nicht erreichen in den berechneten vier Stunden. Darüber mag der Wanderprofi lächeln. Nicht einmal Genusswandern kann ich es nennen, jedenfalls tut es noch immer weh: nein, nicht der Körper.
Paulinenaue
Wahrlich, es gibt einiges zu entdecken: hier wirkte der berühmte Eilhard Alfred Mitscherlich** im „Institut für Grünland- und Moorforschung“, später „Institut für Futterproduktion“: beides Forschungen, denen erneut Aufmerksamkeit beschieden sein sollte.
Eine feierabendmüde Frau hetzt mir entgegen. Ich kenne diesen sichtbaren Zustand aus meiner Nachbarschaft: Altenpflege. Die versorgenden Hände wohl nicht aus unseren Landen. Zeitdruck hinter den wunderschönen Fassaden. Ein offener Platz „betreutes Wohnen“ wird per Anschlag geboten.
Nicht nur das pikobello sanierte Gutshaus wurde einem neuen Zweck zugeführt.
Zweck heiligt erfreulicherweise den Erhalt: prächtiger Turm über einer fast schon malerischen Industrieruine. Gepflegte Kleingärten ohne Zaun schließen sich an. Gegenüber nigelnagelneu Privates. Alles und mehr auf der “Professor Mitscherlich Allee”, die einst eine Sichtachse zum Gutshaus gewesen sein dürfte.
Am anderen Ende des Ortes freundliche Begegnungen am Wegesrand. Sogar Vertrauen mit offenen Toren und glücklichen, leider nicht geschäftsfähigen Hühnern.
Eine Kirche mit Rundturm.
Zum Abschluss wieder der Bahnhof in seinem allseits beklagten Zustand. Das Kleinod ist verkäuflich.
Paulinenaue vom Blockhausneubau bis zur Industrieruine aus meiner Tagessicht ein chaotischer “Unort” mit “städtebaulichem Zentrum Bahnhof“. Das Leben tickt jenseits dieser Äußerlichkeiten. Ausdrücklich empfehle ich zur objektiven Beurteilung und zum Stöbern den Blog „Paulinenaue“***.
Havelländisches Luch
Zuvor aber Richtung Ribbeck. Die Wege durch das Lindholz werden von Anwohnern als nicht gangbar bezeichnet. Daran glaube ich nicht, aber der Flugplatz… nix für Wandersleut. Der naturnah klingende Bienenfarmer Weg entpuppt sich als viel befahrene Landstraße.
Entlang von Ackerwiese gerate ich auf den alten Plattenweg Richtung Pessin. Vor Selbelang werde ich im Luch abbiegen. Links von mir die Äcker und trocken gefallene Gräben, das Schilf bis auf Reste abgeräumt. Rechter Hand erinnern einzelne Eichen und Erlen an uralte Hutezeiten.
Selten mehr als ein schmaler Saum Bäume, dichtes Unterholz und Windbruch im Schattengeäst.
Alles genau richtig, um die kalt weiß strahlende, heute andernorts rare Sonne zu genießen.
Stille. Ein einsamer Kranich – warum nur schreiend? Später weiß ich: ein Kranich des Ibykus.
Baumpilze, Winterpilze
Ich spezialisiere mich auf Augenschmaus. Judasohren, unerreichbar am Holunder – grad so mit hoch gestreckten Armen zu fotografieren.
Mein Pilz erster Wahl (noch vor Fliege): der Goldgelbe Zitterling. Erstes Trockenstadium, aber je nach Blickwinkel in vielfältigster Form. Ach, wie mir das kleine, schleimköpfige Ungeheuer um Liebe bettelnd entgegen kriecht…
An bemoosten Baumstümpfen viel Trameten. Hier die Erfindung des Rades durch Schichtpilze. Wir sollten uns nicht allzu viel auf unseren Intellekt einbilden.
Große Lamellenpilze mit Stiel und in den unterschiedlichsten Zuständen.
Ich würde sagen: eine Art Schüppling. Auf jeden Fall nicht essbar.
Natürlich der Zunderschwamm – sehr gewöhnlich, es sei denn, Gänse ziehen etwas ungewöhnlich für diese Jahreszeit über den Himmel.
Dann, kaum zu glauben: der Gemeine Samtfußrübling en masse. Nur einmal hab ich diesen unverwechselbaren Winterpilz im Spreewald entdeckt.
Von November bis März wächst er an Totholz besonders von Weiden oder Pappeln. Ich hänge mit dem Fotohandy zwischen und über dichtem Geäst. Weit unter mir – leider nein, die lassen sich alle nicht greifen.
REGIONAL groß geschrieben
Der Pilzblick schult. Schaun wir nun doch insgesamt genauer. Vorgebohrt wurde.
Lange hab ich über „Kleinigkeiten“ aller Art hinweg gesehen. Bei manchen weiß ich, dass ich sie nicht übersteigen sollte.
Wahrhaftig: ein Schuss. Aha, der Kranich des Ibykus. Vor einigen Minuten hab ich tölpelhaft mit kurzem Halt das wohl einzige Reh in dieser Landschaft vor die Flinte getrieben.
Ich begegne der Jagdgesellschaft erst an der Biege nach Marienhof und Ribbeck. Denen hinterher nun keinesfalls.
Wer weiß, welche der zahllosen Ansitze noch besetzt werden. Und auf den Speisekarten der gepriesenen Havellandküche steht solches Wild auch nicht sofort. Also: am Flugplatz Bienenfarm Kehrtwende.
Die Muße des Rückweges kehrt sich nun aber auch mit anderer Aufmerksamkeit der schon erwanderten Landschaft zu. Undenkbar, dass der Blick nicht auf all den Müll neben den Platten fällt. Den regionalen Jagdgeschwadern fehlt sichtlich das Verantwortungsbewusstsein für die gepachtete Umwelt. Zu viel Bequemlichkeit beim immer lauernden Sitzen und Fahren? Ein Halt, zwei Schritte, ab auf den Hänger…? Ganz egal, wer das geworfen hat. Entlang der Plattenwege um den Gänselakengraben überall Fundstücke.
Hab mir die Mühe gemacht, virtuell zu “versammeln”. „Schnelle Vorbeifahrten“ von Kulturverein und Radtouristen lassen wenig Entdeckung befürchten.
Ich werde neugierig auf die Wahlergebnisse 2019 in Paulinenaue. Die grünen Engel, die ihre blauen in den Gräben entsorgen, entsprechen sicher nicht vom Wähler gewünschtem Mitwirken, keinem Menschenverstand und keiner Redlichkeit. Über die Statistik hinaus lohnt es, auf mehr als die jeweilige Parteibibel zu sehen.
Wer zählt zu den Gerechten und wer zu den Scheinheiligen? Zufälliges, Altlast oder von Fremden liegt nicht im Busch.
Solo, ca. 14 km. Niederfinow, Bahnhof – am Mühlbach zum Karlswerk. Weiter durch „einzigartige Kulturlandschaft“. Das weiträumige Biosphärenreservat Schorfheide Chorin reicht bis Eberswalde.
Gesichte
Im Nebel sehen. Räume verdunkeln. Im Licht der banal realistische Ausblick.
Das Schicksal bin nicht ich selbst. Verdrehte Zitatfetzen als Trost. Aber weder das noch anderes ist verständlich für andere.
Einsam(er) nie
Im Nebel die goldenen Brände: November. Gottfried-Benn-Melancholie. Vergänglichkeit. Schönheit.
Läppchenweg
Tornow umgehen. Bitte nur Wald, Feld.
Der „Läppchenweg“ führt zum Galgenberg, der diesen Namen nicht hat, aber steil ins hoffnungslose Nirgendwo stürzt wie hier wohl gewöhnlich ein verwundetes Wild.
Ein Teil der Läppchen dort als Installation. ;)) Weidmannsheil!
In der anderen Richtung: weit vor einer lagernden Rinderherde zwei breite Sandwege. Langsam steige ich ab, drücke mich am Weidezaun entlang, notgedrungen dann innerhalb des Zaunes und gedeckt von Stachelgebüsch und hohem Gras.
Gedeckt? Welch ein Irrtum! Martialisches Brüllen. Hinter mir setzt sich die Herde in Bewegung. Sie rennt nicht, trotzdem: die Tiere sind unglaublich schnell. Fest und zielsicher ihre Blicke in meine Richtung, ganz egal wie sehr ich mich verstecke.
Das Brüllen in Tonlagen wie von vierbeinigen Zyklopen: näher, immer näher, lauter. Sie jagen ohne zu jagen. Mich. Trittsiegel im Gebüsch und im Wald – eindeutig nicht mein Reich. Verflucht – die tief gestampften Pfade nehmen kein Ende. Ich hetze längst, springe – irgendwo über den Elektrozaun. Sicher fühle ich mich keineswegs. Schluchten, die wieder in Richtung der ewig lang gestreckten Weide enden. Bergan, in die Tiefe – um Himmels willen nur jetzt kein Sumpf…
Ein Ansitz. Undurchdringlich umrankt. Der nächste Ansitz zerstört. Aber: ein Weg. DER Weg.
Warum mich die nächste, andere Herde, auf der nächsten Weide wiederum beobachtet und bösartig beblökt – ich weiß es nicht: perfekte Kommunikation über Kilometer hinweg. Gleiche Tonlagen, gleiche Absicht.
Die Zone
Wieder eintauchen in den Wald. Wahrscheinlich sind Wandersleut nur ganz selten auf diesen Wegen. Absolute Stille. Irgendwann der 25 km Rundweg Eberswalde zur Schleuse Ragöse. Baustelle. Die Stahlplatten vibrieren bei jedem Schritt. Kein Durchkommen.
Der Erklärung aus dem dritten Auto muss ich wohl glauben. Wo entlang dann? Schulterzucken. Viel Glück.
An den Schienen entlang: verrottete Einzäunung und Warnungen: Altlasten Militär.
An der wegelosen Wiese gibt es nur das Zurück.
Am Hang entlang, auf einen Waldweg. Es muss gelingen! Bitte kein Ende in Militärruinen.
Neben dem Weg hohe Terrassen in eine dicht verwachsene Schlucht. Kriegsspielhügel wie Hünengräber.
Der Schönheit des Waldes haben diese einstigen Gräben und Grabungen um teilweise alte Baumbestände keinen Abbruch getan – im Gegenteil. Vielleicht sogar eine Badestelle?
Zivile Last
Ostender Höhen. Recylinghof und Müllhalde. Grenzweg – warum Grenzweg?
Am Eichwerder: Asphalt zwischen unendlichem Sumpf und Klärwerk. Es müsste am Finowkanal entlang gehen. Zugänge sind nicht erkennbar. Unverhofft schnell lande ich von Osten her am Eberswalder Markt.
Was noch
Der Regio bis Bernau. Die S-Bahn bis Pankow. Polizeieinsatz. Alles unbestimmt.
Bestimmt: Tintlinge in diversen Stadien, allerlei Mini, Kremplinge, Baumpilze nicht essbar, spitzschuppiger Schirmling…
Ein kleiner Parasol und eine große Marone. Mein Abendmahl. Mit Vogelmiere.
Nicht im Muscarin-Nebel, nur im Dunst. Danach traumlos.
19./20.10.2019, von der Nacht in den letzten Tag des 75. Jahres, mit 25 Jahre BACKWATER und KOLOPHONsurprise, surprise! Mitgestanden haben: glückliche Union-Fans, außergewöhnlich eine 2:0-Sieg-Freude gemixt mit Vorfreude auf neue Höhlennächte. Nach mitternächtlichem Sektumtrunk ab in die U8 zum spontanen Happy-Singen – DAAAANKE allen, einzelnen insbesondere und im Nachhinein allen, die mir den 20.Oktober bisher höchst divers zubereitet haben!
Nahtlos
20.10.2019, in sonnigstem Herbst durch das “NSG Kanonen- und Schloßberg, Schäfergrund” zwischen Falkenberg und Niederfinow
In Kilometern nicht messbar: vorbei an der Kirche von Falkenberg, über Mühlenweg, hoch am Friedhof, Kanonenberg, Broichsdorf hinter dem Friedhof, Schloßberg und Schäfergrund, Liebenstein, herrliche Blicke ohne Abstiegsmöglichkeit in den Niederoderbruch, Straußenfarm, Hohenfinower Teiche, Karlswerk, Niederfinow Bahnhof.
Hoch zu den Trockenwiesen und -weiden
Verzweigt und weitgehend wegelos – wohl als Kompromiss zwischen NSG Kanonen- und Schloßberg, Schäfergrund und Anwohnern. Aber die haben kein Interesse oder mussten mit ihren Kleingärten bereits weichen. Die tiefen, nassen Gründe lasse ich in diesem Bericht aus: Wildschweinparadiese. Kaum mehr begangen und genutzt: die Bergterrassen des alten Friedhofs von Broichsdorf. Zwischen alledem gilt es, ein Durchkommen zu finden.
Herdentrampelei im Gänsemarsch
Friedlich sieht diese hüglige Landschaft aus. In der als schmale Pfade aufgewühlten Tonerde aber sind die unzähligen Tritt- und Rutschspuren der Rinder höchstens einen Tag alt. Ich berechne ständig das lebensrettende Ausweichen in die Dornen.
Richtungs-, nicht Wegweiser.
Mag sein, dass vor Zeiten der Weg weiter längs des Baches entlang führte – inzwischen weiträumig privatisiert. Oh Schreck: japanischer Staudenknöterich als bereits riesiges Gebüsch hat sich angesiedelt. Angriffsagile Rinder gibt es auch – allerdings nicht dort, wo vermutet.
Blicke ins Niederoderbruch
Auf beiden Seiten des Oderbruchs erstrecken sich im Licht die blauen Berge, geformt und durchklüftet durch die 2. Eiszeit. Die Kraniche tröten aus den Feldern. Ab und zu eine spitzwinklige Flugformation – mit gleicher Lautstärke. Unermesslich wirkt die Weite. Und doch ist alles Sichtbare mit einer strammen Tagestour zu erreichen.
Liebenstein bei Hohenfinow
Der “Liebenstein”: früher Weinberg; eine Obstplantage wurde neu angelegt. Der Bruchrand war zum Ende des Zweiten Weltkrieges 3. Verteidigungslinie nach der Stromoder und der Alten Oder. Gegenwärtig verhindern Weidezäune und undurchdringliches Dickicht das direkte Queren Richtung Niederfinow.
Wie die Wiesen meiner Kindheit
Unvergleichlich und selten: der Duft von Bergwiesen. Die große Artenvielfalt der trockenen Weidewiesen des “NSG Kanonen- und Schloßberg, Schäfergrund” ist z.B. auf dem Bornberg im Ohmgebirge – meiner vor Zeiten noch intakten Ferienlandschaft – längst unrentablen landwirtschaftlichen und naturfernen Trimm-dich-Flächen geopfert. Urlaubs- und Eventlandschaftsverunstaltung droht nach wie vor allerorts. Dann wird ein Bläuling seltener sein als ein afrikanischer Strauß.
Die echten Wiesenchampignons dürfen stehen bleiben. Mein Abend ist bereits mit Parasol gesichert.
Es war pur ästhetisches Interesse, was mich auf einen rustikalen Schlemmerfleischtisch im Karlswerk starren ließ…
Nachtrag und Abendessen 21.10., ohne Foto: erstmalig Austernseitlinge. Wenns gut geht, kenn ich sie also.
Oktober 2019, das märkische Thüringen rund um Bad Freienwalde. Beliebt und bekannt: der → Turmwanderwegund diverse Wald- und Berggaststätten. Hier gegliedert in unnachahmliche ERKUNDUNGSTOUREN gern mit und einmal dringend geboten ohne Kind.
Die echten und die falschen Mühlen
Nach hoffentlich regenreichem Wetter ohne Nachdenken oder Suche immer ein Highlight: Cöthener Park und Rothe Mühle. Der Cöthener Bach strömt in diesen Tagen oberhalb des Wasserrades wildbachmäßig aus allen Richtungen.
Froschmaul und Lug ins Land
Am Teufelssee
Der Sächsische-Schweiz-Ersatz
Mit Sack und Zeltpack: die Sächsische Schweiz fällt zwischen 3. und 6. Oktober 2019 ins Regenwasser. Einer meiner Sehnsuchtsorte hat Chancen. Und es gelingt!
Wichtig: Vor dem Betreten dieser aufgelassenen Ziegeleitongrube ist darauf zu achten, dass die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen und eingehalten werden. Die Wand ist insbesondere nach Regen stark abbruchgefährdet!
Schaut dazu bis 27. Oktober 2019 den Fotowettbewerb an: “Kristallisierte Elemente” (wer sucht, der findet über die Webseite auch mehr). Nee, wir nehmen nicht teil. Aber mit sehr herzlichem Dank an unsere nette Begegnung mit einschlägigem Wissen und einem Beutel voll riesiger (voll! riesiger!) Steinpilze. Wir trösten uns mit Pflaumenkuchen und Heidelbeertorte im Café König, Bad Freienwalde: ist auch gelungen.
7. Sept. 2019, an einem regnerischen Tag ca. 14 km von Frankfurt (Oder) nach Tzschetzschnow-Güldendorf und einmal drum herum*
Richtung Tzschetzschnow
Frankfurt (O), einst reiche Handelsstadt und mit Unterbrechung Universitätsstadt seit 1506: kaum mehr einem Haus ist das Alter am Stein anzusehen, nicht aus wieviel Trümmern die Stadt wiedererstanden ist. Am Bahnhof ein Schwenk nach rechts, dann begleitet die Bilderbuchpracht lange auf dem Weg nach dem eingemeindeten Tzschetzschnow-Güldendorf.
Eigentlich Lindenstraße, aber auch von der Gubener Straße aus sichtbar: das “Türmchenhaus” von 1785. Es diente Peter Imanuel Hartmann (1727–1791), Professor für Pathologie, Therapie, Chemie, Botanik und mit Interesse für Astronomie, als Sternwarte: der allerersten in Frankfurt.
Am Buschmühlenweg reihen sich vor allem Villen, sanierte, repräsentative Mietshäuser (auf der Gubener noch bezahlbar) dicht aneinander.
Eine seltene Erinnerung die beiden Ruinen, kurz nach 1870 errichtet. Viele Villen stammen aus diesen Gründerjahren.
Im Hintergrund dieser Vorzeigearchitektur begleitet ein steiler Hang den langen, geraden Rad-Wanderweg Richtung Tzschetzschnow.
Ich bin neugierig auf dieses überall verschlossene → Waldgeheimnis.
Nach rechts und links müsste da oben nicht nur ein Blick möglich sein, auch ein Weg ins “Mühlental” von Tzschetzschnow-Güldendorf. Aber die erste von nur zwei Möglichkeiten: “Treppenschäden. Brücke gesperrt.” Treppe egal. Was für eine Brücke?
Mit Lärmschutzwand auf der gegenüberliegenden Seite, mit Fahrradweg und ausgebauten Straßen diesseitig hat sich der Übergang wohl für immer erledigt.
Zu sehen: am Mühlenweg (richtig, richtig…) der Wasserturm von 1874. Im Wassertank wurde 1978 ein Planetarium eingerichtet.
Alles Gute liegt in weiter Ferne. Auch die südlichere “Schöne Aussicht”. Die Stufen weisen einen vegessenen Verbindungsweg. Risiko heut bitte nicht, also zurück.
Hinter der Eisenbahnbrücke zweigt “Am Zwickel” ab. Um ins Mühlental zu kommen und über den Mühlenberg nach Tzschetzschnow, wäre das richtig gewesen.***
Ich bin ohne Karte, möchte weder im weitläufigen Neubaugebiet Neuberesinchen landen, noch rückwärts laufen, obwohl einer der gerühmten Bäche von Tzschetzschnow sich verlockend staut.
Tzschetzschnow im Zwickel
Nächster Abzweig: Seestraße, durch den Tunnel, dann die Pferdegasse auf der Suche nach irgendetwas vom ursprünglich sorbischen Dorf und noch einmal nach → der Tzschetzschnower Schweiz.
Vom Müllerberg aus ringsum kahle Fläche: Einheitsacker bis zur Baumgrenze vom Mühlental.
Das ausgewiesene Landschaftsschutzgebiet schrammt in diesem Zipfel wohl gerade grenzwertig vorbei.
HIER RUHEN ÜBER TAUSEND BÜRGER EUROPÄISCHER VÖLKER ZU TODE GESCHUNDEN IN ZWANGSARBEIT DURCH DIE FASCHISTISCHE BARBAREI IN DEN JAHREN 1939 – 1945
Um Tzschetzschnow-Güldendorf ist alles Zipfel, aber alles auch zumindest aus Sichtweite, was die Naherholung stören könnte.
Die Seeterrassen auf der Ansicht von 1913 – noch aus der Tzschetzschnower Zeit. Neues Hoffen, ähnliches Ziel aktuell für das zuckergussfeine Gebäude.
Vielleicht finde ich 2019 sogar mehr ursprüngliche Natur als mir der Ort 1913 geboten hätte. Zumindest Pflaumen schon hier.
Der Wanderweg “Tzschetzschnower Schweiz” am hohen Südufer des Sees: kleine Häuser säumen den Hang, manche Vorgärten mit dem Charme alter Bauerngärten, ab und zu ein altes Stallgebäude – kein Reichtum. Die Paradiese liegen immer nur in unserer Kindheit.
Der Märkische Naturgarten
Wer die angriffige Geste als Einladung interpretiert, wer die engen Grenzen nicht kennt und mit eigenem, kleinen Wuchs den Überblick zwischen Berg und Tal verliert, der findet auf den verschlungenen Pfaden im Märkischen Naturgarten sein Paradies.
1926 mit einem Baumpflanztag der Kinder von Tzschetzschnow begründet, zerhackt und zerschnitten für den Krieg (der Wald, die Kinder oft genug auch) und in Nachkriegs-Notzeiten, bestimmen gegenwärtig Robinien und Efeu den Forst.
Immer sind die ausgewiesenen Schutzgebiete zu klein bemessen. Wie hier später gezwackt und geschnitten wurde, ist andeutungsweise zu sehen, manchmal zu hören.
Pfuhl ohne Bach. Der ist ausgetrocknet. Die Hitzejahre allein haben das nicht verschuldet.
Das Profil des Naturgartens ist auf engstem Raum so zerklüftet, dass die Einkesselung vergessen wird.
Manchmal wird das Auf und Ab als Tzschetzschnower Schweiz bezeichnet.
Ich registriere den Park als Möglichkeit, mit wackelnden Beinchen und über 90 noch einmal einen Hauch von Gebirge erhaschen zu können.
Doch ich bin aktuell fit… und so künstlich angelegt, sollte das die Tzschetzschnower Schweiz sein?
„Die Bedeutung Güldendorfs für die Naherholung und Freizeitgestaltung ist weiter auszubauen. Dazu ist die Einbindung des Natur- und Landschaftsschutzes (z.B. beschränkter Zugang in das NSG) wichtig als attraktivitätssteigerndes Potential“.*
Weinberge und Hospitalmühlenfließ
Das Wanderwegzeichen hab ich verloren. Aber Hospitalweg ist richtig, besser gesagt: könnte früher richtig gewesen sein. Jetzt gilt wohl “beschränkter Zugang”.
Die Einzäunung beziehe ich auf den flächendeckenden Mais.
Das ist zumindest nicht der Wanderweg Tzschetzschnower Schweiz. Aber auch nicht der Hang an dem ich im August entlang geseppt bin. Diesmal fließt Wasser im Grund. Und nach dem zweiten Waldeszipfel plus Maisfeld gibt es mittig über die Absperrung hinweg einen gangbaren Weg: “Weinberge” sagen später die globalen Maps.
Ich lande am plätschernden Bächlein an abschließend privatem Gehöft. Nix mehr mit Weg zu Quellen. Asphalt in Fließrichtung. An den “Weinbergen” die Laubenpieper. Die Romantik ist futsch. Das smarte Fotophone hat wieder versagt an diesen entscheidenden Punkten. Noch einige Meter bis zum Hohlen Grund – angeblich die derzeit einzige Möglichkeit, aus dem Hospitalmühlental zu entfleuchen.
Der ebenso einzige Weg von der Ziegelstraße aus hoch in meine gesuchte Schweiz sieht verwachsen aus. Mein Verzicht dürfte richtig gewesen sein: am Tunnel in die Freiheit mündet nichts ein bis auf ein zwischen Schilf untergegangenes Brücklein: unerreichbar.
Knoblauch statt Gold
Ich mag es nicht dieses “Güldendorf”, daher von mir meist sorbisch ursprünglich Tzschetzschnow genannt. Kackgülden die NS-Zeit. “Gülden” und Gold. Die Götzen unserer Zeit. Der Straßenbau wird die letzten Hürden für die goldenen Kälber beseitigen. Das wollen wir, denn wir haben ein Häusel im Paradies.
Ich verlasse auf verbotenem Wege den Ort. Sieht einfacher aus als es ist: die Rohre reichen bis zur Brust, ihren Umfang hab ich unterschätzt.
Aber im letzten Haus vor dem Tunnel hab ich gerade noch einen Hauch Paradies für mich selbst erwischt: eine Kostprobe Rukolablatt. Und erst der Knoblauch… davon schwärmt die fast 100jährige Mutter. Es klingt nach meinem gesuchten Paradies. “Tschecznaw”, so lässt sich Tzschetzschnow aus dem Slawischen ableiten, benennt einen Ort, an dem Knoblauch wächst. Äpfel und Pflaumen sowieso: für Pflaumenhefekuchen, Pflaumenpfannkuchen, Pflaumenmus, Hefeklöße mit Pflaumen, Hefetaschen mit Pflaumenmus, Pflaumenschnaps. Die Sorben lassen grüßen!
*Wer anstelle meiner subjektiven Eindrücke, Vorlieben und Ansichten lieber Fakten beurteilen möchte, lese → Rahmenplan Güldendorf von 1999, um so spannender: wie ich NACH der eigenen Wanderung.
24.8.2019, ca. 22 km. Frankfurt (O) – NSG Eichwald – Oderaue, Viehtrift – Lossow Burgwallstraße – Seufzerschlucht – Lossower Burgwall – Lossow, Güldendorfer Weg –Tzschetzschnower Schweiz oberhalb des Hospitalmühlenfließes am Hang entlang – fast wieder in Lossow, Waldrand oberhalb der Lindenstraße, Abhang – Buschmühlenweg – Ziegenwerder
Im Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiet der Oder (Natura 2000): leider an Bahn und Autobahn der Naturschutz ohne Lärmschutz. Aber neulich wurde erzählt: Wiesenbrüter sind Nutznießer der unerreichbaren Ecken in der Verkehrsödnis. Vielleicht kleben daher an den Autoscheiben keine Insekten mehr: alles Futter.
Hier allerdings gibt es in der Wanderkartenundurchsichtigkeit nur undurchsichtigen Wald und genutzte (für was? – Vieh nicht vorhanden) Wiesen.
Beim Schreiben des Blogs meldet das Radio Demos gegen den Weiterbau der A 49 in Hessen***. Weit weg: ja. Ich lese zeitgleich die Geschichte von Tzschetzschnow / Güldendorf. Sehr speziell, doch in mancher Sache dürfte es kalt den Rücken runterrieseln: die Diktatur des Autos, der Gesellschaft, des Staates, der Bürokraten, der Technokraten – sucht euch aus, was passt.
Meinerseits daher wenig Worte zur Natur dieser Wanderung – nur schöne Wanderwege verkleistern auch das Gehirn.
NSG Eichwald
Alles Weg
…weg oder was?
Zauber, zauber: ein rettendes Band hinter Brennnesseln und Kletten. Rechts müsste Höhe Güldendorf der Buschmühlenweg zu finden sein. Nee, da hängt das gelbe E-Zaunschild. der Meliorationsgraben führt sogar Wasser und die Wiesen sehn nach echtem Sumpf aus. Also kehrt und links.
Wohin und wen führt so eine unendlich weiß-rote E-Absperrung mitten im Wald? Ohne Anfang und ohne Ende!
Einer hat schon aufgegeben. Die Wildschweine hab nur ich kurz gestört.
Dieser herrliche Fluss!
Endlich. Vor mir liegt die Oder. Weiter Blick: deutlich hebt sich die “Steile Wand” am Horizont von der bewaldeten Umgebung ab. Einen Uferweg allerdings gibt es nirgends.
Schwarzsehen mit Seufzern
Absperrung hin, Absperrung her: von Weidebetrieb keine Spur, auch nicht von der Brendelquelle. Neben der Röhre deutet sich ein inoffizieller Weg Richtung “Steile Wand” an.
Aber die Leitschnüre führen auf dem Triftweg nach Lossow, parallel zum Burgwallweg – zu Recht als von Obst gesäumt angepriesen. Den also wieder hoch, in die Seufzerschlucht hinunter, auf fußbreitem – sagen wir mal “Pfad” – lt. Beschreibung zu einem Tunnel – wiedermal. Die Weidenquelle: ein paar rund gelegte Steine. Mein smartes Phone kocht, hat den Geist aufgegeben. Ein Wiesel quert. Duster schwarz öffnet sich ein völlig verwachsenes Loch. Gruslig, SEHR gruslig. Nein danke. Ich krauche den Hang hoch. Weder von Steiler Wand noch von Oder irgendwas zu sehn… aber steil wie die Opferschächte vom einstigen Burgwall dürfte es sein.
Wegelos auf dem Acker zurück. Jetzt den Burgwall. Mehr als eine halbe Runde um eine beeindruckend große Fläche geht nicht. Ich hab’s satt und bin satt. Die Spillinge rumoren. Im Dorf meldet sich das Foto-Phone wieder.
Oberhalb Tzschetzschnower Schluchten
Aus Richtung Lossow führt nur der Name, nicht der Weg nach Güldendorf. Zeitlich hab ich mich verrechnet. Um die tiefen Schluchten der “Tzschetzschnower Schweiz” zu erkunden, eventuell wieder nach oben zu müssen, fehlt mir die Kraft. Im Nachhinein weiß ich: es wäre richtiger gewesen. So grüßt nach dem Stolpern am Waldrand und auf unendlich sonnenheißem Schlängelweg zwischen Abhängen und Maisfeld wieder Lossow in nächster Nähe.
Versteckt präsentiert sich endlich der Buschmühlenweg östlich der Bahn. Alles richtig. Ich kam allerdings westlich den Hang der Lossower Berge (wahrscheinlich noch zur “Schweiz” zu zählen) gerutscht. Die Radroutenserpentinen sind noch lebensgefährlicher zum Wandern – hab sie manchmal von oben gesehen und gehört.
Richtung Frankfurt (O)
Im zerklüfteten Gebiet der Tzschetzschnower Schweiz sollen mehrere Quellen sprudeln. Die Wassermengen reichten bis ins 20. Jahrhundert für mehrere Mühlen. Von solchen Quellen war auch an den Oderhängen von Lossow die Rede. Ich hab nach mancher Suche nicht mehr daran geglaubt. Aber hier plätschert ein Wiesenbächlein. Wohin es verschwindet, ist nicht zu ergründen. Ich lasse die Richtung Mühlenweg aus.
Gerade durch geht es auf dem Rad-Wanderweg bis Frankfurt. Pausenbrotpünktlich erwarte ich auf dem Ziegenwerder die Vorführung gefährdeter Artenvielfalt. Aber sie steht wohl eher auf den Buchseiten von Ernst Paul Dörflers “Nestwärme” als zu diesem Zeitpunkt dort. Im NSG Eichwald stachen mich wenigstens die Mücken. Eher nützlich als theoretisch habe ich also meinem in den Ohren tönendem Geschlecht geopfert und wenigstens zwei, drei neuen Mückengenerationen zum Leben verholfen.
Adios Oder! Ich habe südlich von Frankfurt eine ausgesprochen schöne Landschaft für mich entdeckt: jenseits der allgemeinen, skeptisch-pessimistischen Nachdenklichkeit absolut zu empfehlen. Wie ursprünglich von mir geplant, auch mit “Steiler Wand” und Mühlental gut zu bewältigen.
*** Trotz aller Vernetzung: wir kennen unsere Erde nur vom Papier her. Ausschnittweise.
Denkt jemand auf den grün abgeschirmten und bequem schnellen Autobahnen an Hessen (oder googelt irgendein anderes, verborgenes Biotop)? Wer hat Recht und wer bekommt es? Verkehrswende JETZT!
etc.etc.
19.8.2019, 14 km fachlich kommentarlos: Waldschäden zwischen Michendorf, den ausgetrockneten Feuchtgebieten NSG Caputher See und Neubaugebiet Bahnhof Potsdam-Rehbrücke
Sensibilisiert nicht nur durch Fledermäuse während einer abgeschiedenen Woche “Bergwaldprojekt”, genervt von Klimawandel-Radio, Berliner und ökologischer Tagespolitik, raffe ich mich auf zu: schaun wir mal, was die Pilze bei so schwül-nassem Wetter machen. Unnatürlich nichts.
Dafür machen die Bäume alles, was über Trockenstress und Baumkrankheiten aktuell bekannt ist. Am einfachsten ist es – wenn auch zu kurz gedacht – sich selbst zu verzehren: sieht mächtig vital aus.
Die hoffnungsvolle Strauchschicht aus der Nähe betrachtet: zu spät. Auch der Laie erkennt mit leichter Fußbewegung den Bodenwassergehalt.
Mögen die Fachleute über spinnerte Omma-Förster-Lektüre lästern und die Realisten über die Romantik: ich sehe die Bäume unter dem Trockenstress schreien. Dazu unbedingt bitte mit den vorhandenen Links zur Kenntnis nehmen: https://baumsicht.de/der-klang-der-baeume/.
Und ich mach mich mal zum Gespött mit dem Abendlied von Matthias Claudius (nix für E-Roller und Konsumnaturen)… es wird schneller Nacht als man denkt.
Der Mond ist aufgegangen
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar:
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.
Wie ist die Welt so stille,
Und in der Dämmrung Hülle
So traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
Wo ihr des Tages Jammer
Verschlafen und vergessen sollt.
Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.
Wir stolze Menschenkinder
Sind eitel arme Sünder,
Und wissen gar nicht viel;
Wir spinnen Luftgespinste,
Und suchen viele Künste,
Und kommen weiter von dem Ziel.
Gott, lass uns dein Heil schauen,
Auf nichts vergänglichs trauen,
Nicht Eitelkeit uns freun!
Lass uns einfältig werden,
Und vor dir hier auf Erden
Wie Kinder fromm und fröhlich sein!
So legt euch denn, ihr Brüder,
In Gottes Namen nieder!
Kalt ist der Abendhauch.
Verschon’ uns Gott mit Strafen,
Und lass uns ruhig schlafen,
Und unsre kranken Bäume auch!
Viel Sand im Getriebe aller vermeintlich konstruktiven 100%-Lösungen,
… eingedenk aller Metropolen- und Speckgürtelinteressen, unserer eigenen, menschlichen Parasitennatur und aller Selbstgewissheiten so traurig und so blöd…
Seht ihr das Kind dort spielen,
in Staub und Plastik wühlen?
Und spielt so gern damit…
Was int’ressiert die Spinne
für so geformte Sinne,
denn später fliegt es auf den Mond.
1. August 2019 ff., fast 100 km insgesamt vor und nach dem Bergwaldprojekt “Moorwiedervernässung Nationalpark Jasmund”. Einiges mehrfach genießend, daher hier routenunabhängig, ohne wandertaugliche Angaben. Suchet, so ist sehr viel mehr als der Königsstuhl zu finden!
Beinhart geht das ab hier…
Lietzow – Sagard – Sassnitz: 12 km; Sassnitz – Lohme 10 km; Lohme – Sagard 10 km.
So bin ich nicht gelaufen. Aber so wäre Jasmund zu umrunden.
Zweimal begegne ich auf Kopfsteinpflaster im Schneckentempo nicht einheimischen Autos.
Starrer Blick durch die Frontscheibe. Hilfloser Blick der Beifahrerin aufs Navi. Kurbel kurbel – zum Königsstuhl?
Ich komme zwar auch gerade vom Weg, der kein Weg ist, aber gezielt sicher: Leute, hier ist Nationalpark!
Immer is was mit die bucklichen Wege.
Kauf dich mol ein Fahrrrad!
Es ist cool KEIN Auto zu haben! Ratzfatz und Hanomag-Konzept gibt es. Jetzt fehlt nur das Autoverbot für die Touris: aber in MeckPomm gehn die Uhren noch langsamer als in allen Ministerien.
Wer kann lesen? Ich lese hier nicht. Ich gucke Bäume und gehe artig Wege.
Es gibt blau, rot und gelb – unklar – markierte Wege. Und niedergelegte Reitwegweiser.
Selten Einheimische, die sich wundern: “hier kommt sonst niemand” und hilfsbereit nicht mehr existente Wege ihrer Jugend weisen.
Die Sagarder Brunnenaue
Pastor und Landarzt, die mit diesen Namen noch etwas anzufangen wussten, sind wohl nicht mehr vorhanden. Die Gemeindebücherei wurde mit nur einer Gegenstimme geschlossen: der Medienbestand der Bibliothek als veraltet bezeichnet. Der Bücherbahnhof dürfte geerbt haben: trotz meines steinschweren Rucksackes schleppe ich gern 2 kg zusätzlich.
Wenn auch keine der Quellen fließt, ein schlämmkreideweißer Bach mäandert flott durch sein Tal. Woher, wohin ergünde ich erst zu Haus: lt. google maps geradewegs und dann in natürlichem Lauf aus dem Kreidetagebau.
Geheimnisvolle Hügel und Moore
Die auf der Karte eingezeichneten, mich lockenden Hügelgräber sind selten bis gar nicht zu finden, zumindest nicht so lange der Mais wächst. Aber es gibt ja über 500 Bodendenkmale auf Rügen. Einige sind in jedem Fall zu entdecken.
Mit den Mooren sieht es schlechter aus. Die werden erst seit wenigen Jahren vom → Bergwaldprojekt wiedervernässt.
Ziemlich alles, was auf der Karte leuchtet, ist in diesem August unter Vergiss-das-Blau abzubuchen.
Kreide und Feuerstein
Die Ostsee: die ist ringsum noch da. Und wunderweiße Kreideabbrüche sind sogar im Hinterland zu finden: längs der Krampaser Berge, am Kreidesee bei Dargast,
mit Blick in den Kreidetagebau bei Promoisel, am Kleinen Königsstuhl bei Gummanz.
Die eigentliche Kreideküste wird sooo viel fotografiert. Auch ich kann mich nicht bremsen, vor der Kante allerdings sehr wohl.
Mit schnellem Schritt und achtsamen Blicken auf die Wände stolpere ich über die Feuersteine: schließlich hat nicht jeder neben dem Hochuferweg einen rettenden Engel bei sich.
Lange Abschiede
Zurückdenkend auf dunklem Waldweg, vor allem an dieses ganz besonders liebenswürdig funktionierende → Bergwaldprojekt Hand in Hand mit dem Nationalpark Jasmund… NEIN?!?! Unmöglich ist nichts: noch einmal Kathi – ein gutes Omen für die Zukunft. Irgendein Bergwaldprojekt hoffe ich doch wieder machen zu können.
DAS hatte ich vor meiner Abreise nach Rügen glattweg samt allen Kommentaren verpasst: die Bundeslandwirtschaftsministerin (bisher nicht gerade mit dem Umweltministerium konform) will eine halbe Milliarde Euro in die Wiederaufforstung in Deutschland investieren. Jetzt ziehen sicher auch die Greta-FreitagsdemonstrantInnen praktisch nach. Wahrscheinlich wird das Bergwaldprojekt aus den Nähten platzen. ;))
→ eine Unterkunft im Birkengrund
→ Lets wörk togesser: TORFROCK und TORFMOOR and MORE. Gemeinsam sind wir stark.
→ Dat matscht so schön… Die Projektleitung Moorwiedervernässung suchte abschließend ein animierendes Foto unserer Tätigkeit. Über dem Tellerrand hängt immer irgendwo eine fette Nudel: zukünftig wären →”Tough Mudder”-Anhänger sogar leichte “Opfer” für Moor-Aktionen – hab ich schon getroffen bei einem Bergwaldprojekt (NP Harz) – mit herzlichem Gruß, falls sie es liest.
20.7. – 21.7.2019, der Kölpinsee in Götschendorf, Uckermark.
In Zusammenhang mit zwei freudig geplanten Wanderungen mit dem WSV Rotation Berlin, aber eigen und zufällig doch eher Solo. Am Samstag über 20 km, am Sonntag etwa 10 km – diese allerdings gefühlt anstrengend.
Alles ist möglich
Am (oder an?) Gotts See hab ich sie gefunden: die Feder, die ins Märchenland führt und in eine Nacht am Kölpinsee, in Stille und Sicherheit. Zusätzlich sammle ich Rainfarn gegen das zu erwartende, sirrende Getier aus den Feuchtwiesen.
Es wird Abend am Kölpinsee
Gegen Abend ein einsames Bad mit Blick auf die Insel im Kölpinsee. Schwimmend sehe ich das grau verfallene Schloss von Götschendorf vor mir. Ein Sehnsuchtsort für die Phantasie: wo gibt es solche Orte schon noch in unserer perfekten Kulissenwelt…
Abendstille. Nein, es singt weder die Nachtigall noch die Lerche, sondern vom Segelmast ein Pieper (oder doch eine Bachstelze?): eindringlich laut und ausdauernd. Dann das großartige Schauspiel des Abendhimmels. In Sekundenschnelle wechseln die Bilder.
Der dunkelste Himmel leuchtet noch strahlend blau. Plötzlich Wind. Die Wellen klatschen dröhnenden Applaus. Weniger rhythmisch wummern die Boote gegen den Steg. Ich verziehe mich immer weiter unter das Dach.
Mit voller Wucht prasseln in eine völlige Windstille Regentropfen kerzengerade aus einem gleichmäßig düster grauen Himmel.
Wetterleuchten erhellt ab und zu strukturlos Himmel und See, beide ununterscheidbar. Schwaches Donnern. Keine wirklichen Blitze. Nur Rauschen, mächtiges Rauschen. Wasser. Nichts als Wasser. Ich fühle es nah und gefährlich wie auf einem Schiff in den Wellen.
Ein Schiff in den Wellen des unendlichen Meeres. Ich sehe kleine Flüchtlingsboote vor mir, längst nicht mehr den Kölpinsee. Ich spüre die Wellen über Bord schlagen. Eine Nacht, in der meine offenen Augen auch das Herz öffnen. Ja, bis zu diesem Moment hab ich einzig und allein mit dem Verstand und im rationalen Abwägen aller Argumente an das Mittelmeer denken können.
Was unsere Komfortzone mit uns macht… und seien es nur unsere Betten, unsere im Sturm nie geöffneten Fenster.
Der Morgen am Kölpinsee
Ein Morgenbad im grauen, stillen See. Es gibt keine Sonne, nur später ein Lichtloch: im Himmel und im Wasser.
Wieder singt der Pieper vom Segelmast. Der kohlschwarze Hahn kräht aus dem noch verschlossenen Hühnerstall.
Mit sehr, sehr herzlichem Dank an alle im Kloster St. Georg, die so großzügig diese Ausnahmenacht für mich möglich gemacht haben.
Nach dem heißesten Juni seit den Wetteraufzeichnugen am 3. Juli 2019, ca. 17 km entlang am Schwarzen Fließ und im NSG Feuchtwiesen Atterwasch
Gerettetes Land
Wenige Meter nach Bahnhof Kerkwitz: vorbei an einer Brandruine, das dörfliche Pflaster verliert sich unwegsam.
Hat jemand zu früh aufgegeben? Der Braunkohletagebau Jänschwalde sollte nördlich fortgeführt werden bis hart an die Grenze NSG Schwarzes Fließ.
2017 erfolgte der Abbau-Stop und fortgesetzter Waldumbau. Noch knirscht jeder Schritt auf den bröslig trockenen Kienäppeln wie Pulverschnee.
Weitgehend aber Mischwald und das Gefühl: hier gibt es die Lausitz in ursprünglicher Gestalt. Offene Flächen züngeln aus Richtung Schwarzes Fließ – wahrscheinlich Quellgebiete. Ein tiefer Graben, bewachsen mit Robinien und Kiefern – undenkbar, dass hier jemals Wasser geflossen sein könnte.
Vor Atterwasch ein kleiner Acker, ich muss quer über die trockene Fläche. Erst vor den letzten Kiefern ein Fleckchen Sauerampfer und dunkle Grashalme: in dieser Gegend wurde mit über 38° gerade ein deutscher Hitzerekord gemeldet.
Dennoch irgendwann hinter puren Sandhügeln: ein erstes Moor mit einem kleinen Glanz Wasser in Sicht!
Der Niederungsbereich nördlich von Atterwasch
Am Vorwerk Bärenklau sprudelt ein Bächlein aus den Wiesen.
Ursache für die unterschiedlich trockenen Wiesen ist ebenso unterschiedlich oder als Mix: landwirtschaftliche Nutzung, fehlender Regen und sinkender Grundwasserspiegel (mit unterschiedlichen Ursachen).
Die Weide jedenfalls hat Schaden gelitten. Der schmale Randstreifen, auf dem sie wurzelt, führt schon lange kein Wasser mehr.
Weit hinten links eine satte Weide für Kühe, ansonsten die unterschiedlichsten Gräser, junger Baumwuchs, kaum mehr Schilf.
Das kleine Springkraut und Brennnesseln besiedeln massenhaft unbegehbare Uferzonen.
Doch dann: auf trockenem Boden von Rehwild niedergelegtes, hohes Schilf.
Wenige Schritte weiter aus dem Hangweg sprudelt eine Quelle, eigenartig in heftiger Bewegung mit einer Rückschlagklappe. Das Wasser fließt glasklar, aber: es stinkt. Undefinierbar.
Im Aufstau ist eine ganze Gruppe kleiner Gewässer entstanden.
Gereiht wie auf einer Perlenschnur blinken diese Teiche durch das satte Grün.
Noch ein Zufluss, nicht unbedingt naturnah anzusehen…
Hinter dem duftenden Mädesüß die dunklen Erlenwälder, die Wiesen gemäht.
Ab und zu ein früherer Entwässerungsgraben, jetzt aufgefüllt. Trotzdem, jenseits der ungemähten Grabenränder stehen die Wiesen trocken.
Kleine Welt am Wegesrand
Der Übergang vom feuchten Grünland der Niederung zum höheren, sandigen Standort mit Kiefernwald erfolgt abrupt, trennend nichts als der Wanderweg. Ausgebleichte Astknochen wie im Wüstensand.
Fast meterbreite Spinnnetzteppiche bedecken das Gras. Nahrungsmangel? Nahrungsüberfluss? Überbevölkerung einer wärmeliebenden Spezies?
Aus einer Bodenanalyse stammt der kupfergrün bemalte Scherben. Die Umzäunung gilt dem Absammeln kleiner Reptilien: Maßnahme des Umweltschutzes. Aber was wird entstehen? Trockenrasenbiotop oder wasserwirtschaftliches Objekt?** Keine Ahnung. Die verbreitete Hoffnung, es würde der Grundwasserspiegel natürlich ansteigen nach Stilllegen der Braunkohlegrube Jänschwalde teilen jedenfalls nicht alle.
Einer aus der großen Familie der Bläulinge am Rande der ungemähten Gewässerstreifen und eine Feder auf der gemähten Feuchtwiese, die verdächtig nach längst verblühten Orchideen aussieht. Ein Kranichpaar schreit kilometerweit hörbar.
Aus undurchdringlichem Gebüsch am Waldrand springt ein Reh. Ich fresse ihm die letzten oder einzigen, einsamen Himbeeren weg – bitte im Vergleich mit den Grassamen bewerten. Zu naschen und nippeln gibt die Trockenheit kaum etwas her.
Die Dörfer vor Guben
Am Horizont, hinter dem jetzt meliorierten Schwarzen Fließ liegt Atterwasch. Die Markierung gelber Strich hab ich verloren als sie gebraucht worden wäre. Quer über die Straße und querfeldein: da ist sie. Es gibt nicht viele Möglichkeiten, die Autobahn zu queren.
Alt Deulowitz empfängt mit Klapperstorch und Todesengel. Edward mit den Scherenhänden lässt entlang der Birkenallee grüßen. Zur Ehrenrettung wahrscheinlich der letzten echten Sorben in alten Gehöften des echten, sorbischen Dorfes: Mohn und Sonnenblumen hab ich auch entdeckt…
Bis Altsprucke/Guben zieht sich die Birkenallee hin als unbefestigter, staubiger Durchfahrtsweg. Fliegen und fliehen als einzige Rettung.
Die beste Möglichkeit: den Abzweig Kaltenborn nutzen und nach links sich durchschlagen bis Altsprucker Mühlenweg.
Ein Trampelpfad von maximal 20 cm Breite entlang des Schwarzen Fließes kann ansonsten gesucht und vielleicht gefunden werden.
Letztes Fließen hier unter einem in den Wiesen endenden Brücklein. Von Altsprucke aus durchsteht das Wasser den Gubener Stadtpark, schwärzer und vermüllter als ich es zeigen möchte.
Stadtpark und Bahnhof Guben
Schachmatt für die farblos, steinerne Stadtparkkunst. Und auch der Bahnhof Guben schlägt die aufwändigste Landschaftsgestaltung Fürst Pücklers kostengünstig und überdimensional.
Abgesehen von der Qual des Bahnhofberges, der bei Berechnung der Zugabfahrten eine Rolle spielt, führt der Weg am Schwarzen Fließ fast durchgängig hierher. Sogar bis zu einer lebendigen, für Ersatzverkehre auskunftssicheren Schalterbeamtin. Alles andere: Nostalgie.
Mein Zug, ein Durchläufer zwischen teilweisem Schienenersatzverkehr Richtung Frankfurt/Oder (aus was für Gründen auch immer), fährt durch den verbrannten Wald zwischen Wiesenau und Ziltendorf.
Nachmachen dieser Wanderung lohnt!
**Wohin führt uns das Leben? Gerade las ich wiederholt “Ameisen” von Maurice Maeterlinck, Nobelpreis für Literatur 1911. Unvergesslich auch ein kleines Ameisenbüchlein für Kinder aus der DDR und natürlich hier im Blog → Fabre. 6. Juli, Wiederholung einer Radiosendung über → Ameisenschutz und Rettungsumsiedlungen. Könnte und sollte hier ein neues Heim entstehen? Als Ameise würde es mir südlich allerdings zu schnell feucht.