8. Juni 2018 im Fläming: ca. 12 km in 4 Stunden von Ragösen Richtung Klein-Briesen, entlang am Briesener Bach, mit einem Abstecher zum Quellgebiet Polsbach
Wer den Fläming kennt, wird ihn bei 30° meiden. Der Naturpark besitzt jedoch einige kühle Quellwunder, das komfortabelste mit Kneipp-Tretbecken am Springbach in Bad Belzig. Über das “Dippmannsdorfer Paradies”, die Quelle der Plane und Bullenberger Bach / Klein Briesener Bach hält der Naturschutz seine Hände. Wahrscheinlich jeweils über ein viel zu kleines Gebiet, denn längst wissen wir: sauberes, natürliches Wasser ist endlich.
Nach den ersten, heißen 1,7 Kilometern ab Bushalt Ragösen blinkt der Mühlteich hoffnungsvoll durch das Grün. Blinkte nicht gleichzeitig ein buntes Plastestück mit Anglerleine quer über den Teich, könnte hier am Zusammenfluss von Briesener und Bullenberger Bach ins Wasser gehüpft werden. Vergesst es, das Schild „Baden auf eigene Gefahr“ winkt in ausgehebelter Form als deutlicher Zaunpfahl. Minibadewannen sollten in einem NSG sowieso ein Heimatrecht bleiben.
Markierungen hat der verlaufssichere Briesener-Bach-Damm gleich vier: Burgenwanderweg, blau quer (E 11), grün quer, grün-diagonal. Wegweiser informieren: Ziesar 33,1; Klein Briesen 4,1; Golzow 13,6; Belzig 21,7; Ragösen zurück 1 km.
Beim ersten Umgehungsanstieg vom mäandernden Briesener Bach hoch auf einen Hügelzug, versuche ich den nirgends markierten Polsbach zu erreichen.
Berg hoch, Berg runter, Berg hoch, runter – auf der Suche. Der Mischwald verliert sich bis auf Reste in Nadelholz-Monokultur. Etwas alter Baumbestand in vielleicht ehemaligen Wassersenken, kleine Aufforstungen. Endlich hab ich ihn, den Polsbach. Ohne Sicht auf den Bach endet der einzige Weg entlang des überaus sauberen, schnell fließenden Gewässers absolut unwegsam.
Wie ein unberührtes Paradies
Ein dahinter liegendes Getreidefeld geht unmittelbar über zur summenden Insektenvielfalt und Vegetation des jetzt nur noch schmalen Bächleins. Eine letzte, tief mit Wasser gefüllte Autospur zum Ansitz, dann ist Sense – oder eben keine. Sehe jeder selbst, wie zwischen Ragösen und Dippmannsdorf doch ein Blick auf das Sickergebiet des Polsbaches geworfen werden könnte.
Lass ich den Rehbock also springen, die Rotmilane auf ihrem Starkstrommast brüten… die Zeit vergeht mit Tasten und Schleichen.
Jenseits des verwirkten Rechtes
Gegen einiges verstoße ich im Naturschutzparadies. Und nicht nur die Vögel verfolgen mich spähenden Auges.
Gottes zornige Warnung trifft mich zeitverzögert: ein Knacken. Noch ein aufgestörtes Wild? Noch ein Knacken. Vor mir beugt sich zeitlupenartig eine junge Birke. Scheisshandy – gerade verpackt für einen unspektakulären Rückweg; es versagt. Der junge Baum löst sich aus dem Verbund – kracht vor mir ins Gras am Schilfufer. Ohne Wind. Ich hätte so nah an der sandigen Höhe nicht mehr an „BirkenBRUCHwald“ gedacht. Wahrscheinlich sind es Restbestände, die das Gebiet auch hier in der Randzone noch als schützenswert auszeichnen würden.
Ich peile Klein Briesen an, gerate unerwartet zwischen Betonruinen, Streichholzwald und zerfahrene Sandwege*. Mache kehrt. Weiß der Geier was hier war, ist und was weiter unten am Berg andere, verblichene Schilder besagen.
Der Briesener Bach entpuppt sich ohne den von Süden kommenden Polsbach als ein im Schlamm versackendes Stillgewässer, bleibt meist in seinen Mäandern stecken. Und der Polsbach fließt an seiner Mündung unspektakulär und schon gezähmt gerade in den nun wieder lebendigen Briesener Bach.
Egal, der Weg ist schön und den Karten-NSG-Stiefel nach Süden hin hab ich halbwegs erforscht. Die angepriesene 4km-Wanderroute „Bachflohkrebs“ ab Klein-Briesen erkunde ich später einmal. In Ragösen fahren die Busse stündlich nach Brandenburg. Das passt mir zeitgenau: so muss es sein!
Auf alten Karten ist der Polsbach als Polzbach bezeichnet. Die wendisch-slawische Herkunft des Namens ist sicher, die Bedeutung vielleicht von “pole” abgeleitet: Feld, Feldflur – woher das Fließ auch kommt. Auch “Ragösen” zu rogoz = Rohrkolben, Schilf verweist auf die ursprünglich slawische Besiedlung der Gegend.
P.s. Meine Bezeichnung Briesener Bach ist falsch, es muss unbedingt Klein Briesener Bach heißen!
* Wer diese Schrecklichkeiten dokumentiert sehen möchte: geoview.info.
HIER der Bericht vom 13.6.2018: Lehnin – Golzow auf dem E11 und etwas abseits davon bis Ragösen.