Spreewaldgrün und Regengrau

6 Stunden ca. 25 km von Vetschau zur Krabat-Schleuse bei Burg, vornehm über Kurfürstendamm! und mit einem Blick auf den Barfußpfad zur Dubkow-Mühle, dann nach Leipe, von hier aus durch mein angestammtes Paddelreich zwischen Hauptspree und Südumfluter über E-Kanal, Semisch, Bancerova und Uska Luke bis Lübbenau.

Griesegrauer Himmel schüttet Regen aus. Fenster zu, Türen zu. Verteufelt: es ist Ferienzeit! Wetter.de zeigt Richtung Cottbus “regenfrei” plus a bissel Sonne neben der Wolke. In Burg/Spreewald mal nach SUP* sehen, eine tragbare Alternative zum Boot?

Die Regenwand, © K.G.Brandler
Die Regenwand
Das waren mal hellgraue Teile...
Das sind in trockenem Zustand ganz helle, hellgraue Teile an und über meinen Füßen…

Es schüttet. Der Zug schüttet in Brand Richtung Tropical Island aus. Die Übriggebliebenen kennen sich, mir wird Schokolade angeboten. Wer in diesem Regen unterwegs ist, kann nicht fremd sein. Es schüttet – auch in Wětošow/Vetschau (Raduš ist schon lange als Bahnhof gestrichen). Zu spät: kein Bus, das wusste ich. Es gibt nur die viel befahrene Straße, aber es fährt wenig. Ein Wohnauto mit Beschriftung braust durch die Pfützen: “Des Campers Fluch: Regen und Besuch”… Muss schon seit gestern schlimm sein.
Auf der Wiese zwei Rehe mit Kitz, sie gucken nur – per pedes kommt hier wohl nie jemand vorbei.

Spreewald, © K.G.Brandler
Nee, die Rehe hab ich nicht versucht zu fotografieren, sicherer wurde das später mit den Ziegen etwas
Echte Zaunwinde, Samen mit psychoaktiven Wirkstoffen - noch nicht erforscht und lebensgefährlich! © K.G.Brandler
Echte Zaunwinde, ihre Samen enthalten psychoaktive Wirkstoffe – unerforscht, also lebensgefährlich! Aber man spürt es: allein ihr Anblick ermuntert Herz und Seele

Hinter Njabožkojce/Naundorf hab ich die Allee für mich allein – denk ich so. Vielleicht doch nicht. Eine hochschwangere Katze, ein wahrscheinlich Marderhund und ein Schlegel dachten das auch. Sieht im strömenden Regen nicht animierend aus, ich überlege abzubrechen. Die Hosenbeine sind vollgesogen bis über die Knie, in den Schuhen glitscht es. Völlig unmöglich, einen Wiesenweg einzubiegen. Sowieso führen im Spreewald nur noch Sackgassen nicht über Bitumen oder Wasser.

Ein Marderhund? © K.G.Brandler
Flauschiges Fell – vom Regen klein geschrumpft – ein Marderhund?
Kann nur ein Schlegel gewesen sein, © K.G.Brandler
Kann nur ein Schlegel gewesen sein – keinesfalls eine Nacktschnecke!

Menschenleer ist alles. Der SUP-Unternehmer in Burg bastelt an seinem Auto; Städter und Touris haben abgesagt. Die Spreewaldkähne stehen voller Wasser. Die Fließe haben ordentlich Strömung bekommen. Ein Zeichen des Himmels auf dunklem Spiegel: unendlich. Unendlich Regen.
Die nassen Hosenbeine klatschen warm an, die Stille und das Regenrauschen machen glücklich. Vögel zwitschern im slawischen Urwaldgrün. Ab und zu Kulturlandschaft.

Spreewald, Menetekel im Wasser, © K.G.Brandler
Menetekel im Wasser
Kulturlandschaft Spreewald, © K.G.Brandler
Kulturlandschaft Spreewald – kurz unter einer lichten Wolke

Warum die unromantische Schleuse am Leineweberfließ Krabatschleuse heißt, erschließt sich nicht. An den Wegen gibt es Informationstafeln – vor üppigem Blättergrün lese ich über winterliche Spinnstuben. Ich denke an → Storms Regentrude und die sorbische → Mittagsfrau. Ach, der Unglaube und das Blindsein vor dem, was unmittelbar vor Augen liegt… Wenigstens einen Fischpass gibt es. Graue Spinngewebe hängen wie Gardinen über der Kammerwand.

Basttians-Schleuse, der hohe Wasserstand ist unübersehbar
Erst die Basttians-Schleuse, der hohe Wasserstand ist unübersehbar
Krabatschleuse bei Burg/Spreewald
Krabat ist eine sorbische Sagengestalt: Müllersbursche und Zauberlehrling – aber hier baden… da müsste vorher ein großer Zauberer sein Akakadabra sprechen!

Erste, schwarz-reife, zuckersüße Brombeeren neben einem Staudenknöterichwald. Der aus Richtung Myšyn/Müschen unmarkierte, richtige Feldweg ist gesäumt von Brombeeren. Aber auch Staudenknöterich wurde verschleppt, noch nur junges Grün – vielleicht sollte ich mir ein Häulein kaufen… Danach wieder Bitumen und Straße. Es stört mich nicht, ich hab Rechts und Links und Mitte für mich allein. Zwei Radler begegnen mir erstmalig Richtung Dubkow-Mühle. Hecht in der Gaststätte, nur das nicht. Ich hab bereits den Rucksack voller Augustäpfel und mich selbst von madenlosen, riesigen und überreifen Fallpflaumen ernährt: Dank dem Regengebraus.
Auf den Wiesen sind die ehemals schottischen Hochlandrinder (falls ich mich richtig erinnere) einer Pferdezucht gewichen. Doch alles Mode und Geschäft und weniger Leidenschaft?**

Die edlen Pferde von der Dubkowmühle, © K.G.Brandler
Die edlen Pferde von der Dubkowmühle
Am Leineweber im Spreewald - die weise Alte mit ihrem Kalb.
“Am Leineweber” stand die “weise” Alte mit ihrem Kalb. Seit der Rhön gilt meine späte Liebe den urigen Rindern – und sie sind es wert!

Über Lipje/Leipe nach Lubnjow/Lübbenau sind es auf geradem – sehr geradem Weg keine 10 km. Um der Eintönigkeit zu entkommen, muss der Blick ebenfalls sehr und genau ins Grüne abtauchen. Ich versuche beim Zählen der Brücken Hoffnung zu schöpfen, aber hab ich → mit dem Kajak wirklich jemals so viele Kanäle gekreuzt?

So weit das Auge reicht: mooriges Land
So weit das Auge reicht: mooriges Land
Der slawische Urwald, © K.G.Brandler
…und slawischer Urwald

Die Füße beginnen zu brennen, einige Biker haben sich auf den Weg gemacht – klaro, Schwyzerdeutsch ist auch zu hören in dem “endlich mal Flachland”. Meine Sehnsucht nach dem Dahingleiten auf dem Wasser wächst.
Aber eins ist für mich sicher: der Spreewald ist nur bei Regen oder eben schlechtem Wetter zu genießen.

Leiper Grabenweg mit Moorbirken, © K.G.Brandler
Leiper Grabenweg mit Moorbirken. Achtung: das ist die einzige Kurve auf dem schnurgeraden Weg!
Lübbenau eingepackt
Lübbenau eingepackt

* SUP: Stand Up Paddling und: die sorbischen Ortsnamen wie Bórkowy/Błota für Burg/Spreewald usw. sind zwar vor Ort, aber schon nicht mehr auf den heimischen Internetseiten zu finden – traurig, traurig.

** Biosphärenreservat bedeutet Fauna-Flora-Habitat-Schutz in der einmaligen Kulturlandschaft Spreewald. Die Wiesen-Splitterflächen zu pflegen oder mit nur wenigen Tieren zu beweiden, kostet Mühe und ist ein Zuschussgeschäft. Dann auch noch Hof und historisches Bauernhaus? Da bleibt schnell nur ein Freilichtmuseum mit drei altwendischen Bauernhöfen übrig, zumal der Tourist neben sauren Gurken etc. in der Regel auch Wellness erwartet.

Spreewald-Moderne, 12.7.2018, © K.G.Brandler
Spreewald-Moderne. Diese Bauhausgewächse sollen wohl nach Heuschober aussehn. Und alles andere ist nun mehr als pflegeleicht.
Das möchte der Touri nicht, 12.7.2018, © K.G.Brandler
Sieht nach Arbeit aus, die über den Kopf wächst und das sogenannte Unkraut gleich mit. Das möchte weder der Touri noch der beamtete Kultursachverständige – denk ich so.
Brückenbau Leipe, 12.7.2018, © K.G.Brandler
Brückenbau – wo gehobelt wird, fallen Späne und Bäume bis alles nach 0-8-15-Kurort aussieht wie die Dammstraße Lübbenau ohne Fließe

Lychen – Küstriner Bach – Templin

Samstag, 07.07.2018, Wanderung mit Wolfgang Pagel, Wandersportverein Rotation Berlin

Flösse - einst schipperten auf diese Weise Baumstämme aus der Uckermark Richtung Berlin oder Hamburg
Flösse – einst schipperten auf diese Weise Baumstämme aus der Uckermark Richtung Berlin oder Hamburg: wir laufen!

Von Lychen aus vorbei am Oberpfuhl, entlang Küstrinchen-Bach über Fegefeuer nach Gandenitz, Richtung Fienen-See und Schulzen-See bis zum Kirchlein im Grünen, Alt Placht, geradeaus nach Templin, am Templiner Ka­nal zum Bahnhof Templin.
Auf die Streckenlänge von 31 km bezogen: 1/6 und zeitlich 27 % (Angabe des mathematisch versierten Wanderleiters) wegeloses Naturerlebnis!

Von Lychen aus entlang am Küstrinchen-Bach

Lychen - die Stadt, in der die Reißzwecke erfunden wurde
Lychen – die Stadt, in der von einem Uhrmacher die Reißzwecke erfunden wurde
Lychen
Lychen – rundum Wasser

Belebender “Coffee to run” am Markt von Lychen, dann los Richtung Küstriner Bach, der abschnittsweise auch Küstrinchen- oder Küstrinchener Bach genannt wird, aber immer derselbe ist. Als beliebtes, wenn auch wegen des Wasserstandes selten befahrbares Kajak-Gewässerchen sinkt die BeGEHbarkeit der Ufer jedoch ins Reich des Vergessens. Zu sehr ist die Menschheit inzwischen auf Körper-Ersatz- und Ergänzungsteile gepolt.

Der Küstrinchen-Bach, an manchen Stellen bis zu 4m breit, befahrbar ab 30cm Pegelstand
Der Küstrinchen-Bach, an manchen Stellen bis zu 4 m breit, befahrbar ab 30 cm Pegelstand – den gibt es meist grad nicht
Fegefeuer - Brücke und Wehr am Küstriner Bach
Fegefeuer – Brücke, Wehr, Biwakplatz und Umtragestelle für Boote am Küstrinchen-Bach

Erst einmal linksseitig bachaufwärts bis zum Wehr und dem “Brennpunkt” Fegefeuer mit Infotafel, einige Meter weiter ein Biwakplatz und dann die Wohnstelle. Bisher immer nur aus Richtung Küstrinchen bzw. Kolbatzer Mühle kommend, fehlen nicht nur meinem Gedächtnis sichere Leitlinien. Aber wir haben einen perfekten Wanderleiter: ab Fegefeuer die rechtsseitige Ufer-Variante – kenne ich nicht. Erkennt der perfekte Wanderleiter ziemlich plötzlich auch nicht mehr. Zu spät – die große Freiheit lockt: jetzt dringt alles mit Lust vorwärts, wenn auch ab und zu individuell und verstreut. Meterweise könnte auch einmal ein Weg gewesen sein…

Sonnige Hoffnung auf Weg
Sonnige Hoffnung
Plötzlich wegelos am Küstriner Bach
Diverse Möglichkeiten von Auf- und Abstiegen, durchaus auch Unmögliches je weiter wir vordringen
Eine alte Kulturtechnik: Wandern. K. E. Biermann, Wetterhorn, 1830, Öl auf Leinwand, Ausschnitt. Derzeit in der Ausstellung "Wanderlust" in der NG Berlin zu sehen!
Eine alte Kulturtechnik*

 

Ob einer der großen, vergangenen Stürme Ursache der Wildnis wurde, ist nicht zu sagen. Aufgegeben ist der Weg für alle Zeiten. Wir kommen zum Schluss auf nur noch Tierpfaden ein letztes Mal in den ungestraften Genuß eines nun schon höchst natürlichen Naturschutzgebietes.

Abgeräumt. ©Wolfgang Pagel
Abgeräumt. © Wolfgang Pagel
Aufgegebener Weg im Naturschutzgebiet Küstriner Bach
Für alle Zeiten: aufgegebener Weg im Naturschutzgebiet Küstriner Bach

Über Gandenitz zum “Kirchlein im Grünen”

Das Abzweigen quer Richtung Gandenitz wird fast zur Enttäuschung: geradeaus auf Sand, aber mit festem Ziel im Kopf und über den Köpfen, jenseits vom Wald wenigstens der seltene Anblick eines hier brütenden Fischadlers.  Gandenitz mit nettem Kirchlein und als Ort autogerecht geglättet – letzteres wolln Wanderer nicht und daher stehen die südlichen Ufer von Fienen- und Schulzen-See auf dem genauen Kartenplan. Im weitaus differenzierteren Wald als ihn die Karte zeigt, stehen allerdings etliche Bäume nicht, zumindest nicht vertikal. Undurchdringlich bis in den Sumpf verwachsen, gibt es nur noch Rückzug. Das minutengenaue Timing des Wanderleiters gerät in Gefahr. Wir schaffen das (entsprechend Merkel-Motto) trotzdem zum Konzert im → “Kirchlein im Grünen” von Alt Placht – als Ort verbunden mit der Familie der Bundeskanzlerin.

Alt Placht, "Kirchlein im Grünen" (Gutskapelle)
Alt Placht, “Kirchlein im Grünen” (Gutskapelle)
Angebot der Landfrauen Uckermark
Angebot der “Landfrauen” der Uckermark

Nur das Baden im Glambecksee hab ich aufgegeben, meditiere etwas sehnsüchtig über Wasser und Bach, die meisten anderen mit “b a c h” im Kirchlein. Gedanken an Merkel versuche ich zu verdrängen, nur jetzt nicht das Thema Humanität, Ökonomie oder gar noch Krieg in Syrien, AfD etc. Es erfreut zum Wochenende, wenn hier das selbst gebackene, leckere Kuchenstück nur einen Euro kostet.

Sportlich bis Bahnhof Templin und heimwärts

Radweg aus Richtung Neu Pracht nach Templin
Radweg aus Richtung Neu Placht nach Templin
Kirschen plündern. © Wolfgang Pagel
Massenhaft Wild-Kirschen: Durchmesser unter 1 cm, aber sonnenreif geschmacksintensiv. © Wolfgang Pagel

In der Nachmittagssonne geht es noch einmal sportlich (man könnte auch sagen “langweilig”) bis Templin, immerhin die blaue Heidelbeerschnute mit herben Minikirschen aufgefärbt und verklebt. Aronia ist es nicht, aber ein Unterschied zu den Beeren ist auch nicht zu schmecken – was soll’s: beides Rosengewächse.

Blaubeeren - Himbeeren - Kirschen - nicht nur für Kinder
Ergebnis von Blaubeeren und Kirschen – das Omma-Selfie
Schwanenblume am Templiner Kanal
Schwanenblume am Templiner Kanal und ich wasch mich wieder weiß

Vom Templiner Kanal aus sind wir zack zack am Bahnhof Templin. Klappt zügig bis Bahnhof Löwenberg, dort die Gedenktafel:

  “Infrastruktur der Bundesschienenwege. Streckenertüchtigung Rostock – Berlin. Erneuerung der Bahnanlagen und Verkehrsstation Löwenberg. Operationelles Programm Verkehr EFRE Bund 2007 – 2013. Dieses Projekt wurde von der Europäischen Union kofinanziert. Europäischer Fonds für regionale Entwicklung. Investition in Ihre Zukunft”.

Das Bahnsteigsübergangshindernis spricht eine andere Sprache, die mündlichen und schriftlichen Anzeigen ebenfalls und so viel Zukunft wie das Datum auf dem Handydisplay schon zeigt, gibt der Herr im Himmel nicht jedem. Zumindest der gänzlich ausfallende Zug (diesmal wegen polizeilicher Ermittlungen) betrifft nicht unsere Richtung.

Bahnhof Templin, © Wolfgang Pagel
Es war einmal ein mehrgleisiger Bahnhof Templin, © Wolfgang Pagel
Bahnhof Löwenberg
Bahnhof Löwenberg

*Karl Eduard Biermann, Wetterhorn, 1830, Öl auf Leinwand, Ausschnitt.
Staatliche Museen zu Berlin, NG, dort bis 16.9.2018 in der Ausstellung “Wanderlust” zu sehen.

August

Berlins Bäume unter Trockenstress

Berlin: gestresste Platanen
7.7.2018, gestresste Platanen, 10969 Berlin

Ritterstraße / Alexandrinenstraße (Sportplatz, Tennisplatz, Kita, Ritterburg, Sporthalle Waldorfschule): Berliner Bäume, Vögel und Insekten leiden unter der schlimmsten Trockenperiode seit Beginn der regelmäßigen Aufzeichnungen vor mehr als 55 Jahren. Die Platanen werfen ihre Rinde im Sekundentakt auf Köpfe und Autos. Das geschieht sonst im Jahr später und verzögerter. Der Stress ist vor allem in den gelblichen Kronen zu sehen. Bitte gießen, gießen!
Ach ja: Lebenselexier Wasser kostet Geld und der Verbrauch steigert die Mietkosten. Und nun guckt einmal auf die Sozialstruktur des Wohnquartiers…

4.8.2018: was mir noch bei anhaltender Hitze einfällt

Berliner Einheitswippen am Potsdamer Platz
Berliner Einheitswippe – fünfmal Langeweile seit langem

Die auch für die nächsten Jahre vorausgesagten sommerlichen Temperaturen ab 35° denke ich aktuell zu all den übrigen Gegenargumenten und Kritiken an der / auf der und mit dem alltäglichen Abfall unter der → Einheitswippe (Denkmal für Freiheit und Einheit) …hechel, hechel…
Aber die Wippe ist sowieso nur als Touristenfänger und nicht für die Menschen erdacht, denen die Einheitsfolgen übrigens einiges an Grün und grünem Umland im grün apostrophierten Berlin genommen haben.
Vergessen oder nie von den Entscheidungsträgern registriert: Nähe städtebauliches “Einheitsdenkmal” Potsdamer Platz stehen fünf “Einheitswippen”. Der Effekt hat sich schnell erledigt.

 

Aug. Route Art der
Wanderung
Besonderheiten km
2. …nix, nur ziemlich viel an der Backe… 2.8.2018 Waldbrand
im Nationalpark Sächsische Schweiz
Wer hätte das je gedacht: in der Kernzone, nahe der Bastei! Klimawandel oder Fahrlässigkeit – egal – es ist selbstgemachte Gleichgültigkeit!
7. –
8.
Biosphärenreservat Choriner Endmoränenbogen Solo Gräber und Sterne ca. 20
18. Ragösen – Klein Briesen Solo wieder 4 Stunden, ergänzend → hierzu ca.12
Gölsdorfer Feuerwehr - "nur" zum Neujahrsfest 2018
Gölsdorfer Feuerwehr – “nur” zum Neujahrsfest 2018

24.8.2018 Waldbrand und Atemnot

Geografischer Mittelpunkt von Berlin, nach 3h morgens: brennen die Container? Mein Kopf brummt. Bereits gestern Abend eine eigenartig still heiße Dunstglocke – DAS ist kein Wetter denke ich.
Es brennt zwischen Treuenbrietzen und Jüterbog. Beängstigend. Also doch ein Notfallrucksack? Den Checkliste-Ratgeber will ich lieber gleich vergessen.

27. Angermünde – Herzssprung – Parstein – Brodowin – Chorin Solo Östlich vom Parsteiner See, ergänzend → hierzu ca.30

 

Juli

Einfach jetzt machen: Wandern! xxkm/h – 0,00 Euro – 0,00 CO2-Ausstoß
Denk-mal oder Mahnmal? Einfach jetzt machen: Wandern! xxkm/h – 0,00 Euro – 0,00 CO2-Ausstoß

Urlaubszeit mit gutem Gewissen: → Einfach jetzt machen!
Nicht länger auf Gesetzgeber, gesellschaftlichen Konsens oder technische Innovationen warten!

Juli Route Art der
Wanderung
Besonderheiten km
7. Lychen – Templin WSV Rotation Berlin
mit W. Pagel
“Mein” Küstriner Bach ohne BACH 31
12. Vetschau – Krabat-Schleuse, Burg –
Leipe – Lübbenau
Solo wetter.de: “regnerisch” = permanente Wolkengüsse; 0,5 Stunden Sonne = stimmt 24
15. 4 Seen zwischen Gransee, Meseberg, Lindow WSV Rotation Berlin
mit Eckhard Knauer
3 x Wasser des Lebens und in Lindow
5 Kugeln Schokoeis
21
19.

28.
Wda (Schwarzwasser), Polen WSV Rotation Berlin mit dem Kajak ca. 115

Von Tann nach Vacha

24.6.2018
Ca. 30 km Fortsetzung der Wanderung von Hillenberg nach Tann – Abschied von Rhön und Bergwaldprojekt

Was wäre die Rhön ohne Rhönschafe...
Was wäre die Rhön ohne Rhönschafe…

Also auch die Kategorie Weitwanderweg „Hochröhner“ kreist – auf die Idee wär ich nie gekommen. Ich will vorwärts. Den nächsten Ort lasse ich links liegen, komme nach Sinswinden.
Eine Weggabelung. Irgendwo läuten die Glocken. Im Stall ist Arbeitsleben. Ich frage. Die Frau: mein Jahrgang, ihr Mann dann wohl älter, ein jüngerer auch. Ich schäme mich so tralitrala mit Rucksack durch die Welt. Wahrscheinlich ist Urlaub hier unbekannt, der Hof lässt so etwas nicht zu.
„Wenn’s man so bleibt.“ Ich höre die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft aus den wenigen Worten. Der Mann schweigt auf mich bedrückende Weise.

Langwinden, mit Klick ins Bild zu einer Vergrößerung
Dorfstelle Langwinden mit aufmerksamer Mutterkuh, mit Klick ins Bild zu einer Vergrößerung

Kaum einen Kilometer entfernt ein wüster Ort: Dorfstelle Langwinden.
Mir wird zum ersten Mal bewusst: hier gab es ihn – den Unrechtsstaat. In Berlin lief es ja wohl auf beiden Seiten relativ lustig und mitten drin im Land gar nicht so schlecht, vor allem nicht für die LPG*.
Sinswinden – Langwinden werde ich nicht vergessen.

Glasklare Ulster bei Motzlar
Glasklare Ulster bei Motzlar

Motzlar möchte ich auslassen, aber alle ausgeschriebenen Ziele sind böhmische Dörfer für mich. Ich tänzle zwischen Kranlucken, Point Alpha, Kohlhof vor und zurück, um dann doch die Sicherheit zurück nach Motzlar zu wählen. Das waren 2 km, jetzt sind es 2 Stunden. Nee, trotzdem jetzt nicht den Radweg an der Straße. Die Ulster fließt glasklar, im Dorf rührt sich nichts. Ich jappse 400m hoch Richtung Apfelbach / Rockenstuhl. Das hatte ich nicht erwartet – Apfelbäche fließen in meiner Vorstellung unten. Meine Verpflegung ist schon seit gestern alle. Ein Busch voller Himbeeren – lecker. Für die Walderdbeeren reicht die Kraft nicht: ich müsste den Rucksack absetzen und ohne erhöhte Möglichkeit wieder schultern.

Die Himbeeren
Die Himbeeren

Geht in diesem katholischen Land keiner sonntags in die Kneipe? Doch, aber Kneipen sind nur mit Rad erreichbar. Biker rasen unzählige an mir vorbei (wollte ich eigentlich meiden…). Wortfetzen sind zu erhaschen: „hechel hechel – das müssen alles Profis sein…“ Heulender Sohn rasend auf Kleinrad: „Wann sind wir da?“ Vater genervt nach hinten: „Das ist eine Rundfahrt!“
Hätt ich mir denken können. Genau, ich bin in der falschen Richtung auf dem Rundweg, bekomme grad so noch die Kurve gen Nord zum Geiserämter Kreuz.

Das Geiserämter Kreuz - zum Gedenken an die geschleiften Höfe möge es unter Fürsprache der Heiligen Elisabeth von Thüringenund des Heiligen Bonifatius für alle Zeiten die Bewohner vor Leid und Zwietracht bewahren...
Das Geiserämter Kreuz (zum Gedenken an die geschleiften Höfe) – möge es “unter Fürsprache der Heiligen Elisabeth von Thüringen und des Heiligen Bonifatius für alle Zeiten die Bewohner vor Leid und Zwietracht bewahren.”

Die Radfahrer strampeln nur noch vereinzelt und grüßen jetzt. Ich kann zwischen Geismar und Geisa entscheiden. Letzteres geht nur über Schleid (zumindest auf dem Rhönklubwegweiser). Zum Mittag möchte ich in Geisa das Besteck vom Wegweiser erreicht haben, also verlass ich blöde Kuh mich wieder auf den Rhönklub.
Runter bis Schleid, dort die berühmte Barockkirche greifbar nahe. Keine Erdbeeren, dann auch jetzt kein Gott…

...und die Walderdbeeren
…die Walderdbeeren ohne Bücken von oben fotografiert

Ich kurve auf Beton in riesigem Bogen um Schleid drum herum und lande kaum weiter entfernt als vorhin an der Kirche von der anderen Seite. Vor mir endlos gerade Straße bis Geisa. Ärgerlich, egal. Nur weiter, weiter die Durststrecke zum Besteck. An der Biege mit Schild zur Geisschänke werden gerade die Pferde ausgespannt: aha, kürzer ist es zur Pizzeria. Vor meinen Augen flimmern fettige, rot-graue Salamischeiben mit darüber fließendem Käsepapp. Aber Kaffee soll es auch geben.
Es gibt. Köstlichen Kaffee und köstlichen Salat beim echten und integrierten Italiener (Blumen werden mit Marktbrunnenwasser gegossen; man kennt sich offensichtlich in weitem Umkreis). Alles bestens: die Pizzeria Zur Krone ist das, was Wanderer und Biker lieben.

Geisa, St. Philippus u. Jakobus
Geisa, St. Philippus u. Jakobus (sieht in meinen Augen irgendwie italienisch aus, aber dort war ich noch nicht)

Am Schloss bin ich schon vorbei. Total gestärkt und erfrischt drehe ich eine freiwillige! Runde um die Kirche. Siehe da: Geisa ist der Geburtsort von Athanasius Kircher, Universalgelehrter, heute eher als Phantast und Ästhet den Künstlern bekannt, sogar mit Ansätzen zu Musiktherapie und Computertheorie. Dieses Geisa! Früher dachte ich bei dem Ortsnamen, dass es irgendwo in Italien liegt.
Geisa hat mich ausgesöhnt mit den Verwirrungen und Verirrungen auf den Rhönklub-Wegen: die Rhön ist die Rhön ist die Rhön und ist eben rund.

Irgendwo hier waren die Kelten
Irgendwo hier waren die Kelten

Und jetzt gezielt nach Vacha, Ende des Pilgerweges ab Görlitz – Bautzen, das weiß ich zum Glück. Ich bin so gut wie zu Hause und alles andere irgendwann anders: die Rhön ist extra.
BorschButtlar, das klappt schon mal. Die Kelten waren hier und Märchenland ist auch. Insgesamt drei prächtige Pippi-Langstrumpf-Pferde vor zwei zweirädrigen Wagen wie sie schon die Kelten kannten, traben an mir vorbei, biegen ab wo ich besser auch hätt abbiegen sollen. Nun gut, ich ärgere mich nicht mehr über die Wegeführung. Richtung Vacha bleibt dann allerdings nur die stark befahrene Straße, wenn ich nicht über die Berge steigen will, die ich grad von hinten gesehen hab.

Das Ziel vor Augen, die Spur im Boden gefühlt
Das Ziel vor Augen, die Spur (dunkelgrün) im Boden gefühlt

Ab und zu finde ich gemähte Streifen, Traktorenspuren und zum Schluss einen abzweigenden Weg, sinke auf eine Bank. Kinder umringen mich. Ach, die Oma hat 78. Geburtstag und hier ist Hüttenroda. Da kommen auch schon zwei leckere Kuchenstücke aus dem Haus – die Straße füllt sich, das Jüngste krabbelt. Den Weg bekomme ich genauestens von den Kindern – zu Besuch aus Erfurt (alles schon Heimat) – beschrieben. Ich wandere relaxed nach Sünna und komme zum Sonntag etwas spät in Vacha an. Aber alles wird gut, weil die Menschen hier gut sind und freundlich.

Vacha am Montagmorgen
Vacha am Montagmorgen

„Wenn’s man so bleibt.“

* Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft

Von der Langen Rhön bis Tann, Wanderung nach Abschluss des Bergwaldprojektes 2018
Heimwärts-Exkurs Vacha – Eisenach – Berlin, Regiobus nach Eisenach,  Flixbus bis Berlin

In der Rhön blüht es blau, so blau…, Bergwaldprojekt 2018 in der Bayrischen Rhön
Das Schwarze Moor in der Rhön, Exkursion zum Bergwaldprojekt 2018
Bergwaldprojekt Bayrische Rhön 2018, rund um Hillenberg

Von der Langen Rhön bis Tann

23.6.2018
Hillenberg Richtung Nord, ca. 35 km (blöd gelaufen)

Von Hillenberg, Lange Rhön, dem Ausgangspunkt des diesjährigen Bergwaldprojektes, Richtung Hausen – mit Nummernsystem brav noch einmal an Frauenhöhle und Eisgraben entlang: 3,8 km. Eigentlich 2,3 km auf der Schloßbergstraße, die ist an der Schloßbergschänke Hillenberg zu einer kläglichen Nr. 2 mutiert und die Straße bricht hinter der Schänke ab. Ein Uralt-Wegweiser zeigt ins Leere.

Na ja, muss vielleicht bitte nicht hier sein...
Hausen. Na ja, muss vielleicht nicht hier sein…

Solche Irritationen begleiten mich von nun an ständig. Oberfladungen wäre fast Luftlinie Richtung N gewesen, aber Fladungen sieht höher gelegen aus. Ich möchte nicht sinnlos zurück bergauf – Maria wird es schon richten.

Grotte an der Gerolfkapelle bei Fladungen. Wer jetzt glaubt, ich ungläubiger Preuße hätt das mit irgendeinem Opferaltar aus Yorubaland verwechselt, der klicke bitte auf das Bild zu einer vollständigen Ansicht
Grotte an der Gerolfkapelle bei Fladungen. Wer jetzt glaubt, ich ungläubiger Preuße hätt das mit irgendeinem Opferaltar aus Yorubaland verwechselt, der klicke bitte auf das Bild zu einer vollständigen Ansicht

Fladungen ist wunderschön historisch, aber ein Tal der Ahnungslosen. Das Internet lädt nicht, auch nicht bei freundlich jungen Menschen. Die Wanderkarten haben in der Rhön prinzipiell Fahrradmaßstab mit viel ausgelassenen, kleinen Ortschaften.
In Oberfladungen verblieb in den Köpfen der „Eiserne Vorhang“: „…fragen Sie in Melpers, die wissen mehr Richtung N.“

Von Fladungen Richtung Melpers: Grenzerinnerung
Von Fladungen Richtung Melpers: Grenzerinnerung

Melpers – ehemalig Ost: Man(n) berät sich. Man(n) geht hier nicht in den Wald: Minen. Also Erbenhausen: alte Dorfstraße, geradeaus, im Wald links. Es war wohl lange niemand dort oder kam nicht auf die Idee, wirklich links auf einem wunderschönen Waldweg zu wandern. Nur wann wieder nach rechts? Ich ahne, kann es mir aber nicht vorstellen: meilenweit an Erbenhausen vorbei. Und vom Johann Wolfgang von Goethe Weg erfahre ich erst zu Haus mit google maps. Rhönkopf Streufelsberg sagt maps vor Ort – auf dem Display nach allen Seiten Grün. Stark befahrene Landstraße: sowohl nach rechts als auch nach links brausende Autos. Zurück über gemähte Wiesen. Ich bin ja in Thüringen, da kommen immer Weg und Dorf. Richtig, ein guter, schöner Weg, neben mir ein Bachtal.  Bis ein Baum quer liegt. Das kennen Brandenburger…

Zonengrenze als grünes, wegeloses Band
Hinter den Steinen eines trockenen Bachbettes die Zonengrenze als grünes, wegeloses Band

Nee, kennen wir nicht: dahinter noch ein kurzer Fußtapfenpfad, dann ein unüberwindlich verwachsenes, sich quer ziehendes Ende. Es gehört nicht viel Phantasie dazu: Zonengrenze. Nein Danke, ich weiß zwar nicht wie groß der Unterschied zwischen Mine und Bombe ist, aber mein Gewicht + Rucksack könnte durchaus auslösen. Dann also das Dorf in der anderen Richtung. Gibt es nicht, nur eine Kurve. Ich weiß jetzt: die Rhön kreiselt.

Da war ich schon einmal :(
Da war ich schon einmal 🙁

Juhu – aus dem tiefen Wald  (dort liegt Melpers) ein Auto. Ich glücklich, zwei Männer misstrauisch – hä? Aha, das Paar hat sich verfahren, den Förster getroffen und weiß nun wo die Straße ist. Das weiß ich auch (und in Berlin ist schwul normal). Mehr weiß keiner, sie setzen mich an einer Kreuzung ab. Von Rhön Kreuzungen hab ich die Nase voll, da hilft auch kein Kompass: es geht rund. Also fragen – die Rhöner und Thüringer sind gesprächig. „Lupinen!!! … sicher der Torsten… wir sind gute Freunde…“ Schock: schließlich wandere ich schon stundenlang und wähne mich weit entfernt von der bayrischen Rhön.

Rundum die Rhön

Noahs Segel
Noahs Segel

Noahs Segel ist leider bereits oder überhaupt geschlossen. Das Eisenacher Haus umrunde ich schon wieder hilflos nach „Rhönklub“-Art. Ich entscheide mich frisch gemäht querfeldein, Kaltenwestheim (warum nicht auch -nordheim?), Arche Rhön (was is’n dite), Tann taucht als Name auf, dann nie wieder.

Richtung Tal und hoffentlich Tann
Richtung Tal und hoffentlich Tann

Also das Tal mit den Dörfern: an den Bergen vorbei werden einst unsere Vorfahren neue Wohnstätten gesucht haben. Wegweisern traue ich nicht mehr. Die Wege kurven trotzdem wie sie wollen. Irgendwann im Wald Mutter, Tochter, Hund: “Zur Eiche?” Ich schreie auf: Neieieieiein! Kein einzelner Baum, kein Kohl- Kuh- oder sonstiges Gehöft, kein Basaltsee, sondern ein ORT Richtung Nord! Tann wär schon gut – so sollte es ursprünglich sein und ich schon längst dort. Die beiden wissen unterschiedlichen Bescheid, sind sich aber einig: die Wegemarkierung IST unverständlich und das abendsonnige Tal oben entlang ist richtig.

Irgendwo auf einem Berg im Gedenken an Christian Schenk ein Stein: Auf gute Freunde verlorene Liebe, auf alte Götter und auf das, was einmal war. Darum steh ich hier, als Symbol dafür, was war, was ist und was sein wird.
Irgendwo hinter mir im Gedenken an Christian Schenk ein Stein: “Auf gute Freunde, verlorene Liebe, auf alte Götter und auf das, was einmal war. Darum steh ich hier, als Symbol dafür, was war, was ist und was sein wird.” Christian ist nicht zu finden mit Googel. Einen Weg gibt es hier oben nicht, erst unten am Hang.

Über Hundsbach nach Tann

Jenseits des gewiesenen Weges laufe ich in hohem Gras wohl schon wieder ein Stück über Grenze und Minen, zumindest hab ich dem Jäger den nächsten Schuss verdorben. Ich hänge zwischen Thüringen und Hessen. Im Tal liegt ein Bilderbuchdorf, am Hang eine Bank unter einem nicht geplünderten Wildkirschbaum (weit und breit kein Fahrradweg). Im ersten/letzten Gehöft bekomme ich das schmackhafteste Quellwasser der Welt nachgefüllt; das ganze Dorf Hundsbach kann von diesem Quellwasser leben. Es lüge mich niemand mehr an mit der Wasserqualität in Berlin…! Ich bekomme den Kompostbehälter aus nie rostendem Grenzstahlzaun vorgeführt und bewundere Hühner mit edelstem Porzellangeschirr-Muster: Andalusier, eine europaweit bekannte Zucht.

Blaue Andalusier - das Foto kann es nicht: die Hühner gehören in die Glasvitrine, so schön sind sie!
Blaue Andalusier – das Foto kann es nicht: die Hühner gehören in die Glasvitrine, so schön sind sie!

Und du meine bunte Kuh, was sagst du dazu?
Am Weg die buntesten und schönsten Kühe, die ich je gesehen habe – ich wage es kaum auf meinem Blog zu verbreiten: in Brandenburg verschwanden gerade wieder 3 von der Weide… (Id al Fidr, das Ende des Ramadan fiel dies Jahr auf den 14. Juni; Achtung: hier steckt nur mein ganz eigenes, weiterführendes, christlich geprägtes Schuld- und Sühne-Gedankengut dahinter… bei den Christen ging es oft genug nicht nur um Kühe).

...und du, schöne, bunte Kuh...
…und du, schöne, bunte Kuh…

Angeblich kann ich es noch bis Theobaldshof schaffen. Aber was wäre das? Bin direkt in und hinter Tann gelandet, am Mühlberg. Am Hang fließt eine Quelle in ein künftiges Wellnessbecken. Die Rhön ist Wasserschutzgebiet – ist das der Anfang vom Ende? Noch gibt es keine endgültige Umzäunung. Ich wasche mich mit einiger Verrenkung am Rohr, klappe wenig später zusammen, ohne Zeltaufbau. Blick in die Weite – es ist nach Zehn, 3 Tage nach Sonnenwende.

Zum Waschen reicht es - zum Baden reizt es sowieso nicht
Zum Waschen reicht es – zum Baden reizt es sowieso nicht
Nachtlager bei Tann
Nachtlager bei Tann

12 Stunden war ich unterwegs, den Rucksack nur wenige Minuten abgesetzt…
Ohne Zelt schlafe ich fest – niemand schnuppert, niemand versucht unter mir hervor zu krabbeln: ich bin für die Natur verständlich. Morgens hinterlasse ich nicht einmal einen Abdruck.

Sterne? Ich weiß nicht - die dunkle Nacht ist zu kurz
Sterne? Ich weiß nicht – die dunkle Nacht ist zu kurz

Natürlich gibt es “echte” Infos weitaus besser von Wikipedia! Nur eins kann ich sicher sagen: die überaus vielfältige Landschaft der Rhön kann zum Sehnsuchtsziel für Wanderer werden, allerdings nicht zum Fernwandern. Etwas wie eine Fortsetzung des HET-Weges auf dem Hochrhöner gibt es nicht. Das hatte ich nicht glauben wollen.

 

→ Fortsetzung von Tann nach Vacha
→ Heimwärts-Exkurs Vacha – Eisenach – Berlin, Regiobus nach Eisenach und Flixbus bis Berlin

→ In der Rhön blüht es blau, so blau…, Bergwaldprojekt 2018 in der Bayrischen Rhön
→ Das Schwarze Moor in der Rhön, Exkursion zum Bergwaldprojekt 2018
→ Bergwaldprojekt Bayrische Rhön 2018, rund um Hillenberg

Von Tann nach Vacha

Das Schwarze Moor in der Rhön

23.6.2018, EXKURSION
Bergwaldprojekt im Biosphärenreservat bayrische Rhön vom 17.6. bis 23.6.2018

eisekalt und regnerisch
In den waldfreien Plateaulagen herrschen häufig niedrige Temperaturen mit relativ hohen Niederschlägen. Können wir bestätigen!!!

Das Biosphärenreservat Hohe Rhön ist bekannt für seine raue Witterung. Trotz Kälte und Regen: Gebietsbetreuer Torsten Kirchner (Mitarbeiter der → Bayerischen Wildlandgesellschaft mit Hauptaufgabe Naturschutz) führt unser Team vom Bergwaldprojekt durch das → “Schwarze Moor” (unsere Führung war zu informativ, um hier nur Bruchstücke wiederzugeben).

Lagereingang Arbeitsdienst
Lagereingang Arbeitsdienst – da darf der Jagdhund vor dem Anleinen auch einmal pinkeln

Seit 1934 richtete die Reichsleitung des Arbeitsdienstes Barackenlager für den Rhön-Aufbau ein, davon eins zur Entwässerung des Schwarzen Moores. Seit 1935 galt eine Arbeitsdienstpflicht von einem halben Jahr für alle 18- bis 25-jährigen Männer und Frauen. Mit Kriegsbeginn wurden die Pläne zum Aufbau der Rhön unwichtig. Das Schwarze Moor ist dadurch als naturnahes und größtes Moor der Rhön erhalten geblieben. Torfabbau hat nie stattgefunden.

Die auf der Welt verbliebenen Moore speichern im Torf mehr Kohlenstoff als die Wälder unserer Erde.
Beeindruckende Weite! Die auf der Welt verbliebenen Moore speichern im Torf mehr Kohlenstoff als die Wälder der Erde: effektiv gegen den Klimawandel.
Das Moorauge
Moorauge inmitten von Torfmoos, Besenheide, Sonnentau, Krähenbeere, Moosbeere, Rauschbeere und ab und zu ein Wollgrasflöckchen im Wind
Schwingrasen - eine lebensgefährliche Falle: die Torfmoose wachsen direkt auf dem Wasser. Es ist kein Unterschied zu festem Boden zu sehen.
Schwingrasen – eine lebensgefährliche Falle: die Torfmoose wachsen direkt auf dem Wasser. Es gibt keinen sichtbaren Unterschied zu festem Boden.
Sicht vom Turm. Das Schwarze Moor: eine besonders faszinierende Erinnerung an die landschaftliche Vielfalt der Rhön!

zurück zu meiner Bergwaldprojekt-Arbeitsseite Bayrische Rhön oder zu unserer Unterkunft → Zeltplatz Hillenberg und Feierabendprogramm des Bergwaldprojektes.

→ Wandern von der Langen Rhön nach Tann
→ Fortsetzung von Tann nach Vacha
→ Heimwärts-Exkurs Vacha – Eisenach – Berlin, Regiobus nach Eisenach und Flixbus bis Berlin

 

In der Rhön blüht es blau, so blau…

BERGWALDPROJEKT

17.6. – 23.6.2018 in der Bayrischen Rhön

Das <strong>BERGWALD</strong>PROJEKT, Kulturlandschaft Bayrische Rhön
Kulturlandschaft Bayrische Rhön

Nur rund ein Drittel der Rhön ist mit Wald bedeckt, das ist weit weniger als in anderen Mittelgebirgen.
Das Bergwaldprojekt trägt durch Entnahme der Lupinenstaude zum Schutz der bunten Wiesenmatten und zum Erhalt der überlieferten, kleinteiligen Landschaftsstruktur der “Langen Rhön” bei. Notwendig ist der Arbeitseinsatz über drei bis fünf Jahre. Nach sieben Jahren stirbt die Pflanze. Aber jede Staude entwickelt eben auch ca. 2.000 Samenkapseln, die sich im Umkreis von 3 – 4 Metern ausstreuen…

Ursprünglich stammt die Lupine aus Nordwestamerika und ist erst im 19. Jahrhundert nach Europa gelangt.
Die Lupine ist erst im 19. Jahrhundert aus Nordwestamerika nach Europa gelangt.
Die Lupine droht die einheimische Vegetation zu vernichten.
Die oft schon flächendeckende, blaue Lupine begeistert die Touristen, droht aber die ganz seltene, einheimische Natur gänzlich zu vernichten.

In der Rhön wurde die Lupine im Rahmen von Industriealisierung, Fremdenverkehrs- und Landwirtschaftsförderung nach 1933 durch den Reichsarbeitsdienst als Untersaat in Fichten-Aufforstungen (auch die sind hier nicht heimisch, sondern in Thüringen!) eingeführt. Das Großvorhaben gehörte zu den Aufbauplänen für Notstandsgebiete, denn die Stickstoff liebende Pflanze hat bodenverbessernde Eigenschaften, die rasch “fette” Wiesen entstehen lassen. Lupine verdirbt allerdings das Heu und nur Schafe können unentbitterte Lupinen vertragen.
Für genaue Informationen zu dieser → Pflanze und → zur Geschichte verweise ich alle Rhön-Interessierten auf das detailreiche Online-Lexikon www.rhoen.info/lexikon/.

In der "Langen Rhön" wurde die Lupine durch den Reichsarbeitsdienst eingeführt und als Untersaat in Fichten-Aufforstungen verwendet, um ihre bodenverbessernden Eigenschaften zu nutzen.
Spontan-Pose für die Daheimgebliebenen: das kollektive Gedächtnis lässt grüßen… (RAD Werbeplakat. Quelle: http://www.calvin.edu/academic/cas/gpa/posters/rad.jpg + a bissel Text geklaut von TAZ/Antifa)
Mit Mäh-Aktionen und per Hand werden die Lupinen noch vor dem Samenwurf entfernt, um die offene Wiesenlandschaft der Langen Rhön zu erhalten.
Mit Mäh-Aktionen werden die Lupinen noch vor dem Samenwurf auf größeren Flächen entfernt.
Fast Gartenarbeit, wären nicht die Flächen riesig und die halsbrecherischen Steinriegel stark verwachsen
Fast Gartenarbeit, wären nicht die Flächen riesig, die halsbrecherischen Steinriegel verwachsen und Samenschoten plus Staude als Masse von beträchtlichem Gewicht
Die starken Krautmassen müssen stehen bleiben - in diesem jahr haben die frühreifen Samenstände und Blüten den Vorrang
Das Kraut muss in diesem Jahr zwischen den Steinriegeln und in seinen “Nestern” stehen bleiben.  Die frühreifen Samenstände und Blüten haben absoluten Vorrang. Sicheln und Häulein bleiben im Auto. Kraftvolle Handarbeit ist gefordert.
Freigeschnitten beeindruckt vor allem der Türkenbund mit oft reichen Blütenständen
Freigeschnitten beeindruckt vor allem die Türkenbundlilie mit oft reichen Blütenständen
Bergflockenblume
Bergflockenblume. Berg-Mähwiesen und Trockenrasen sind besonders artenreich und natürlich voller Insekten.
Schlangenknöterich
Schlangenknöterich – mit Dank für täglich blumige Vorführungen der Projektleiterin,  Naturschutz- und Landschaftsgärtnerin Katja 🙂
Großer Wiesenknopf
Großer Wiesenknopf, Wirtspflanze für den Wiesenknopf-Ameisenbläuling, *lohnender Link unten – falls Katjas Schilderung doch einmal vergessen wird!!!
Im Kampf gegen die Lupinen: Safari durch die Rhön
Jeden Morgen die Lupinen-Safari auf die Bergwiesen der “Langen Rhön”
Am Ende leuchten die Wiesen als Flecken mit unterschiedlichem Gelb und hellem Grün in der Ferne
Das bedeutende Wiesenbrütergebiet in der bayerischen Rhön kann erst ab Ende Juni bearbeitet werden. In der Ferne der Thüringer Wald; die gemähten Wiesen leuchten in der Sonne malerisch als geometrisches Fleckenmuster in unterschiedlichsten Gelb- und Grüntönen
Der Wetterumbruch kommt rasant und heftig
Weiße, unruhige Wolken flattern hier ständig am Himmel. Der Wetterumbruch kommt rasant und heftig mit peitschendem Wind
Was nun? Weiter - ohne Pause...
Was nun? Weiter, immer weiter – wir entscheiden: ohne Pause…
Im Sonnenschein sah das anders aus...
Im Sonnenschein sah der Mittag anders aus…

Gerissen, gezupft, gemäht, geschleppt, zu Haufen und Reihen geschichtet, haben wir die prachtvolle, vitale Pflanze von morgens 8 bis abends 17 Uhr.  Direkt gewandert sind wir in dieser Zeit nicht. Warum also hier im Wander-Blog? Ohne Frage dürften wir täglich etliche Kilometer mit “Lupinengepäck” im Biosphärenreservat geschafft haben!

Hab's gefunden unter Wikipedia: Zwitscherschrecke oder Zwitscherheupferd
Wikipedia weiß es, Klick vergrößert: Zwitscherschrecke oder Zwitscherheupferd

* Der Wiesenknopf und der Wiesenknopf-Ameisenbläuling – eine seltene Fortpflanzung und Symbiose

Nach der Arbeit sieht es so aus → im BERGWALDPROJEKT in Hillenberg
→ HIER ein Kurzbericht von der Exkursion ins “Schwarze Moor”

→ Wandern von der Langen Rhön nach Tann
→ Fortsetzung von Tann nach Vacha
→ Heimwärts-Exkurs Vacha – Eisenach – Berlin, Regiobus nach Eisenach und Flixbus bis Berlin

 

NSG Briesener Bach und Polsbach

8. Juni 2018 im Fläming: ca. 12 km in 4 Stunden von Ragösen Richtung Klein-Briesen, entlang am Briesener Bach, mit einem Abstecher zum Quellgebiet Polsbach

Wer den Fläming kennt, wird ihn bei 30° meiden. Der Naturpark besitzt jedoch einige kühle Quellwunder, das komfortabelste mit Kneipp-Tretbecken am Springbach in Bad Belzig. Über das “Dippmannsdorfer Paradies”, die Quelle der Plane und Bullenberger Bach / Klein Briesener Bach hält der Naturschutz seine Hände. Wahrscheinlich jeweils über ein viel zu kleines Gebiet, denn längst wissen wir: sauberes, natürliches Wasser ist endlich.

Wo sich Bäche vereinen küssen sich auch die Bäume
Wo sich Bäche vereinen küssen sich auch die Bäume

Nach den ersten, heißen 1,7 Kilometern ab Bushalt Ragösen blinkt der Mühlteich hoffnungsvoll durch das Grün. Blinkte nicht gleichzeitig ein buntes Plastestück mit Anglerleine quer über den Teich, könnte hier am Zusammenfluss von Briesener und Bullenberger Bach ins Wasser gehüpft werden. Vergesst es, das Schild „Baden auf eigene Gefahr“ winkt in ausgehebelter Form als deutlicher Zaunpfahl. Minibadewannen sollten in einem NSG sowieso ein Heimatrecht bleiben.

Viele Wege, viele Ziele
Ein Weg, viele Ziele

Markierungen hat der verlaufssichere Briesener-Bach-Damm gleich vier: Burgenwanderweg, blau quer (E 11), grün quer, grün-diagonal. Wegweiser informieren: Ziesar 33,1; Klein Briesen 4,1; Golzow 13,6; Belzig 21,7; Ragösen zurück 1 km.
Beim ersten Umgehungsanstieg vom mäandernden Briesener Bach hoch auf einen Hügelzug, versuche ich den nirgends markierten Polsbach zu erreichen.
Berg hoch, Berg runter, Berg hoch, runter – auf der Suche. Der Mischwald verliert sich bis auf Reste in Nadelholz-Monokultur. Etwas alter Baumbestand in vielleicht ehemaligen Wassersenken, kleine Aufforstungen. Endlich hab ich ihn, den Polsbach. Ohne Sicht auf den Bach endet der einzige Weg entlang des überaus sauberen, schnell fließenden Gewässers absolut unwegsam.

Wie ein unberührtes Paradies

Polsbach 1
Der Polsbach entwässert das Gebiet gen Norden
Polsbach 6
Meist sind es Buchen, die hier am Rand wurzeln, auf diesem Bild dürften es die Brettwurzeln einer Ulme sein.
Polsbach 2
Der Polsbach sprudelt und plätschert an vielen Stellen laut wie ein Gebirgsbächlein
Polsbach 4
Kurz vor dem Ende des Weges: der Polsbach nimmt mehrere Zuflüsse eines Quellkessels auf
Polsbach 7
… zuletzt ist er zum schmalen Wiesenbächlein geworden, flott fließend

Ein dahinter liegendes Getreidefeld geht unmittelbar über zur summenden Insektenvielfalt und Vegetation des jetzt nur noch schmalen Bächleins. Eine letzte, tief mit Wasser gefüllte Autospur zum Ansitz, dann ist Sense – oder eben keine. Sehe jeder selbst, wie zwischen Ragösen und Dippmannsdorf doch ein Blick auf das Sickergebiet des Polsbaches geworfen werden könnte.

Lass ich den Rehbock also springen, die Rotmilane auf ihrem Starkstrommast brüten… die Zeit vergeht mit Tasten und Schleichen.

Wo der Rehbock sein Lager hat
Das Lager eines stattlichen Rehbockes, kühl und schattig – da war mein Besuch zu leise, zu nah und zu ungewöhnlich

Jenseits des verwirkten Rechtes

Gegen einiges verstoße ich im Naturschutzparadies. Und nicht nur die Vögel verfolgen mich spähenden Auges.
Gottes zornige Warnung trifft mich zeitverzögert: ein Knacken. Noch ein aufgestörtes Wild? Noch ein Knacken. Vor mir beugt sich zeitlupenartig eine junge Birke. Scheisshandy – gerade verpackt für einen unspektakulären Rückweg; es versagt. Der junge Baum löst sich aus dem Verbund – kracht vor mir ins Gras am Schilfufer. Ohne Wind. Ich hätte so nah an der sandigen Höhe nicht mehr an „BirkenBRUCHwald“ gedacht. Wahrscheinlich sind es Restbestände, die das Gebiet auch hier in der Randzone noch als schützenswert auszeichnen würden.

Ich peile Klein Briesen an, gerate unerwartet zwischen Betonruinen, Streichholzwald und zerfahrene Sandwege*. Mache kehrt. Weiß der Geier was hier war, ist und was weiter unten am Berg andere, verblichene Schilder besagen.

Der Briesener Bach entpuppt sich  ohne den von Süden kommenden Polsbach als ein im Schlamm versackendes Stillgewässer, bleibt meist in seinen Mäandern stecken. Und der Polsbach fließt an seiner Mündung unspektakulär und schon gezähmt gerade in den nun wieder lebendigen Briesener Bach.

An der Polsbachmündung
An der Polsbachmündung

Egal, der Weg ist schön und den Karten-NSG-Stiefel nach Süden hin hab ich halbwegs erforscht. Die angepriesene 4km-Wanderroute „Bachflohkrebs“ ab Klein-Briesen erkunde ich später einmal. In Ragösen fahren die Busse stündlich nach Brandenburg. Das passt mir zeitgenau: so muss es sein!

Blaubeeren, reif, aber in der zu frühzeitigen Hitze meist zu klein geraten
Blaubeeren, so gut wie reif, aber ohne Regen in der zu frühzeitigen Hitzeperiode meist zu klein geraten

 

NSG Klein Briesener-, Bullenberger- und Polsbach
NSG Klein Briesener-, Bullenberger- und Polsbach

Auf alten Karten ist der Polsbach als Polzbach bezeichnet. Die wendisch-slawische Herkunft des Namens ist sicher, die Bedeutung vielleicht von “pole” abgeleitet: Feld, Feldflur – woher das Fließ auch kommt. Auch “Ragösen” zu rogoz = Rohrkolben, Schilf verweist auf die ursprünglich slawische Besiedlung der Gegend.
P.s. Meine Bezeichnung Briesener Bach ist falsch, es muss unbedingt Klein Briesener Bach heißen!

* Wer diese Schrecklichkeiten dokumentiert sehen möchte: geoview.info.

HIER der Bericht vom 13.6.2018: Lehnin – Golzow auf dem E11 und etwas abseits davon bis Ragösen.

 

Zwischen Fohrde, Radewege und Görden

1. Juni 2018
Gute 30 km von Bahnhof Fohrde nach Hohenferchesar, zu den Erdelöchern bei Radewege, auf ungewöhnlichen Wegen zum Bohnenländer- und Gördensee

Storchennest Fohrde
Storchennest Fohrde

Von Fohrde nach Hohenferchesar

Um die Wiesenbrüter nicht zu stören, ist es bis 31. Mai untersagt, von Fohrde nach Hohenferchesar durch die Bruchwiesen zu gehen. Der obere Feldweg wird trotzdem selten genutzt – es gibt eine Absperrung vor den Viehweiden. Von der Ziegelstraße aus entdecke ich das Nest mit der sich kurz aufrichtenden, brütenden Störchin.  Direkt daneben das Milchvieh in jämmerlichem Zustand – nach Weidetrieb sieht keins der Tiere aus.

Weiter auf breitem Wirtschaftsweg bis ein Findling verkündet: 2,5 km nach Ferchesar.  Mit Blick über die Niederungen lasse ich das Erklimmen der Sandwege zum Gallberg aus. Im weiten Bogen führt der Weg nach Hohenferchesar – offensichtlich ohne Storchennest. Auf den Wiesen gehet auch nichts. Trockenheit, Glyphosat, die aus Mangel an billigen Arbeitskräften schon reduzierten, riesigen Spargelfeldwüsten… In ihren Gärten rackern wenige und dann alte Menschen. Wir kaufen alle im Supermarkt.

Milchkuh-Qualen
Milchkuh-Qualen: rote Euter, Haut und Knochen… Ich bin sicher: mir Städter würde das ökologisch erklärt werden…
Dunkler Himmel und leises Donnern
Dunkler Himmel und leises, beständiges Donnern – ich entwische gegen den Wind
Havelland bei Hohenferchesar
Havelland bei Hohenferchesar

Richtung Radewege

Eigentlich wollte ich die alte Heerstraße testen vor ihrer Asphaltierung zwischen Hohenferchesar und Brielow*, aber die Gewitterwolken ziehen einen Kreis. Ich entlaufe unter weißen Sommerwolken Richtung Radewege zwischen schattigen Futterhecken für die Vögel.
Wieso, warum, weshalb dieser Wiesen-Feldweg auf der stark befahrenen L98 endet, weiß wohl niemand. Ohne mich: ich schlage mich zum Waldhang durch und breche fast die Knöchel auf den letzten Metern Steinschüttung, die endlich zum Übergang durchs Feld nach Radewege führt. Immerhin: ich ende nicht an den Banden zerquetscht und angefahren.
Auch die Rundwege Bohnenländer- und Gördensee verbindet eine Gefahrenstelle ungebremster Raserei.

Heckenweg nach Radewege
Allerlei für den Schnabel auf dem Heckenweg
Das ist Sommer: Feldrain
Sommer am Feldrain

An Radewege mit seiner Badestelle am Beetzsee und dem pefekten Fahrradweg* finde ich als Durchgangsgast kein Gefallen. Die erstbeste Gelegenheit zwischen die Radeweger Erdelöchern zu entfleuchen, kommt mir trotz Brennesseln recht. Die wegelosen Wiesen sind gemäht, der Bulle zum Glück nur ein Warnschild. In richtungsgenauem Zickzack geht es von hier aus bis Brielow um die Äcker. Durst und Hunger stille ich mit hellen, bereits reifen, sauren oder Sauer-Kirschen. Ende Mai kommt einfach noch niemand auf die Idee zu pflücken.

Nur weg vom Asphalt! Auf dem Anglerpfad der Radewegener Erdlöcher durch die Brennesseln
Nur weg vom Asphalt! Aber die Radeweger Erdelöcher entpuppen sich als pure Angelgewässer
Kleine Paradiese
Ein verstecktes, kleines Refugium an  den Radeweger Erdelöchern, sogar mit Bienenkiste am Türchen.

Bohnenländer- und Gördensee

Die Plauer Straße von Brielow endet am südlichen Zipfel vom Bohnenländer See. Ein einziger Fotoklick. Mein Blick wechselt in Sekundenschnelle vom See auf meine halbnackten Beine: ich hab schwarze Mückenstrümpfe an – renne den Uferpfad entlang, werfe alles Textile von mir.  Es krabbelt auf dünnen Beinchen aus allen Stoffritzen. Ich hüpfe ins schlammige Randwasser und schwimme, schwimme, schwimme…
An die Schwedenwälle denke ich nicht mehr – das Bodendenkmal wollte ich suchen.
Dann in Eile um den See, aber es ist mir zu zeitig für den Gördensee. Die Wegmarkierung zeigt auch eine 12 km Route. In jedem Fall heißt es jetzt wild über die Schienen der Strecke Brandenburg – Rathenow.

Eine Sec Bohnenländer Seeufer
Bohnenländer See – der Augenblick für Mückenschwärme
Vor dem Tod kommt der Kampf und die Verzweiflung
Kampf und Verzweiflung. Am Ende ist sogar der Tod ein einziges Lachen.

Ich marschiere zuversichtlich. Ich mag diese landwirtschaftlich geprägte Feld-Wald-Wiesenlandschaft. Nur an Wegen fehlt es im Revier. Straße nehm ich nicht. Auf der Karte sehe ich später: Kolonie Tieckow gequert, Ende mittig „An der Havel“. Nein danke. Ein nur noch von Wildschweinen genutzter Weg führt schräg zurück ins völlig Wegelose am Stellwehr Eisengraben. Ich erwische die richtige Seite. Drei Brücken stehen sonst zur Verfügung.

Brücke 1 über den Eisengraben
Brücke 1 über den Eisengraben
Brücke 2 über den Eisengraben
Brücke 2 über den Eisengraben
Brücke 3 über den Eisengraben
Brücke 3 über den Eisengraben

Reh, Hasen und ich biegen Richtung Süd noch vor den Häusern ab.
Wieder im Zickzack. Längst ist nichts mehr und aus keiner Richtung zu hören. Weit vor mir öffnet sich endlich der Wald: eine graugrüne, niedrige Mauer. WAS IST DAS? Photovoltaik so weit das Auge reicht. Rechts und links allerdürrester Kiefernwald – endlos alles militärisch angehaucht.

Vergebliche Taktik des Hasenpaares: Was nun?
Vergebliche Partner-Taktik: der Eisengraben ist eine Grenze und ich renne nicht hinter einem Hasen her.  Patt: wir starren uns unschlüssig im Dreieck an.
Nie wieder
Der ehemalige Fliegerhorst Briest nennt sich auf der Karte SOLARPARK (ein Foto auch noch von den Platten muss wirklich nicht sein…)
Preußische Schulbildung
Nutzbringende preußische Schulbildung

Irgendwann lande ich am Gördensee und einer glitschigen Betonrampe. Hinein ins Wasser mit mir und den Schuhen voller Schlamm.
Gegenüber die offizielle Badestelle, also ca. 3km bis zur Straßenbahn.
17:15 sitze ich an der Haltestelle. 18h steige ich in Brandenburg in den Regio nach Berlin.
Natürlich kann solche Wanderung exakt geplant absolviert werden – ohne Adrenalinschub. Die Wanderkarte steckt im Rucksack und in den Häusern der Kolonie Tieckow hätte sich trotz Bulldoggen und anderer Gefahren (hoffentlich haben alle Vorbeikommenden preußische Bildung genossen und nachts ein Lichtlein bei sich) jemanden zum Fragen gefunden. Aber das wäre nicht ICH gewesen ;)))

Badestelle Gördensee,Westseite
Badestelle Gördensee,Westseite

*zitiert nach Frank Bürstenbinder “maz-online”: „Ein Vorhaben, das der Landwirtschaft und dem Radtourismus in der Region dient“ (nicht mehr abrufbar, dafür auch ähnliche Thematik  → HIER zitiert
Nicht mehr lange, dann hechten wir Fusswanderer vor radelnden Senioren (Hauptkäufergruppe von E-Bikes; 25 km/h) ins seitliche Gebüsch. AAAACHTUNG!

Juni

Carl Robert Kummer, Zwei Wanderer in der Sächsischen Schweiz, um 1830 Öl auf Lw., Städtische Galerie Dresden, Foto K.G.Brandler
C. R. Kummer, Zwei Wanderer in der Sächsischen Schweiz,
Städtische Galerie Dresden

WANDERLUST
von Caspar David Friedrich bis Auguste Renoir

10.5. – 16.9.2018 Alte Nationalgalerie Berlin.
In guten 3 Stunden einiges! mit Inbrunst angeschaut; viel Italien und Sommergeflimmer nur im Vorbeigehn erwandert und mit “Björk” (ein Titel allein macht es nicht – aber was sonst???) gruselnd davongeschwemmt.
Von Carl Robert Kummer war dieses kleine Bild mit Blick vom Felsplateau Brand aus ins Elbtal Richtung Gamrig und Bastei zu sehen, Öl auf Leinwand, um 1830 gemalt. So märchenhaft schön ist sie noch heute, die Sächsische Schweiz. Auch wenn Tucholsky einmal in anderem Zusammenhang sagte “… die Wirklichkeit hat es noch nie gekonnt…” Sie kann!

Juni Route Art der
Wanderung
Besonderheiten km
1. Westhavelland zwischen Fohrde, Radewege, Görden Solo von 9 – 17h
fast ganz ohne Asphalt
ca. 30
3. Groß Kreutz Solo 3 1/2 Stunden: die Hälfte weglos, einiges barfuß.
Ergänzung zur Maien-Wanderung “Erdelöcher Deetz und Götzer Berge”
10
8. Ragösen – an den Bächen Solo NSG kühle, mäandernde Bäche 4 Stunden
ca.12
13. E11 von Lehnin nach Golzow und anders bis Ragösen Solo Ergänzung zur vorherigen Wanderung “Ragösen – an den Bächen” 21
17.

23.
Bayrische Rhön Bergwaldprojekt 3 Beiträge zum Freiwilligenprojekt mit
→ Exkursion ins “Schwarze Moor”
u.a. Feierabendwanderungen
xx
23. Von Hillenberg nach Tann (Rhön) Solo die Rhön läuft rund… ca.35
24. Von Tann nach Vacha (Thüringen) Solo …zur rettenden Pilgerherberge, mit
→ Heimwärts-Exkurs:
über Eisenach nach Berlin
ca.30

Im Bogen um den Burgwall Riewendsee

24. 5. 2018 im Westhavelland
5 km von Bagow auf dem Mühlenweg und am „Strang“ entlang zum Burgwall Riewend
4 km auf dem Hochwasserschutzdamm und einem Staubweg nach Wachow
6,5 km auf der alten Straße von Wachow bis Gutenpaaren gerade durch

 

Der Mühlenberg von Bagow

Aussicht vom Mühlenberg Bagow mit Rotmilan
Blick Richtung NW vom Mühlenberg Bagow mit Rotmilan. Rechts mittig mit einzelnem, weiß leuchtendem Holunderbusch “mein” Graben als dunkler Streifen zur Straße

Der Götzer Berg mit seinem Aussichtsturm ist vom Bus aus und fast überall zu sehen. Da komme ich schnell ins Gespräch mit heimatliebenden Alteingesessenen. Perfekt an der kleinen Jugendstilkirche in Bagow abgesetzt, kann ich sofort einbiegen Richtung Riewend. Die Straße zieht sich. Irgendwie werde ich auch auf dem verlockenden Weg zum Mühlenberg mein Ziel erreichen. 59,9 m beträgt diese höchste Erhebung im Beetzseeraum. Der Blitz hat die einstige Bockwindmühle vernichtet und nun ist der Blick frei nach allen Seiten.

Weit unter mir kreist und segelt ein Rotmilan. Der helle Schwanz und das Weiß unter den Schwingen blitzen auf, wenn er sich auf seinem schnittigen Suchflug nähert und dreht: sicher das Männchen, während das Weibchen jetzt brütet.
Rotmilane stehen ganz oben auf der Liste der Totfunde von Windrädern – die sehe ich auch Richtung NO am Horizont.

Schilfgürtel zwischen Bagow und Riewend
Schilfgürtel am Strang bei Bagow

Eine Reiterin galoppiert durchs Feld. Vielleicht geht es am Schilfgürtel entlang. Das Schilf ist teilweise gemäht, der Boden butterweich. Aber am Graben rechtwinklig zum Strang nur noch eine Wildspur: Schritt für Schritt taste ich mich durch meterhohes Kraut. Ein falscher Tritt – es quietscht feucht zwischen den Zehen. Ich schaffe das. Zeitaufwändig um einen kleinen Sumpf und am Graben entlang – noch ein falscher Tritt: aus der Perspektive eines Rotwildes liegt es sich heimelig komfortabel.
Die Hälfte der 3 km langen Straße bis Riewend konnte ich umgehen.

Der Burgwall Riewendsee

Rekonstruktion nach Grabungsergebnissen
Grabungsergebnisse, Collage auf Grundlage der Infotafel. Höhe des Walles bis zu 5 m.

Riewend gehört neben Götz, Deetz und Gutenpaaren (=Parne) zur Gruppe der ältesten slawischen Siedlungen im Havelland. Am Nordufer des Riewendsees ist ein slawischer Burgwall aus dem 9./10. Jahrhundert erhalten, mit einem Durchmesser der Hauptburg bis zu 80 m und einer Fläche von 0,4 ha. Grabungen ermittelten: diese Rundburg  eines Hevellerfürsten endete niedergebrannt, wahrscheinlich durch die germanischen Askanier, die um 1157 die slawische Urbevölkerung besiegten und Dörfer nach deutschem Recht gründeten.

Slawischer Burgwall am Riewendsee
Slawischer Burgwall am Riewendsee

Ich reiße mich nur schwer los von den wogenden Gräsern und dem Schilf, alles vom Wind wie ein Meer bewegt.
Auf dem Hochwasserschutzdeich führt der Weg um den Burgwall, biegt ab Richtung Wachau oder Päwesin.
Die Sonne brennt mich jetzt aus Richtung West nieder.

Woher wir kommen und wohin wir gehen

Havelniederung zwischen Wachow und Gutenpaaren
Havelniederung zwischen Wachow und Gutenpaaren

Die periodisch von der Havel überflutete Niederung mit ihrem Feuchtgrünland ähnelt dem Unstruttal. Ich habe in beiden kein Heimatrecht. Man erwarb es sich nach der preußischen Reform der Niederlassungsbedingungen von 1842 über den Unterstützungswohnsitz. Schon damals führte migrierende Armut zum Konfliktpotential zwischen alteingesessenen Einwohnern und sozioökonomisch entwurzelten, aber nun regulären Zuwanderern. Nicht anders heute, allerdings durch Immobilienkauf geadelt. Nur ist über die engen Grenzen von Eigentum und Garage hinaus Heimat als solche kein Verlangen mehr.

Formgehölz
Formgehölz

Vor Wachow eine Baumschule für Formgehölze. Kegel, Kugel, Pyramiden – zur regionalen Landschaft ohne Bezug, es sei denn zu den Gärten von Potsdam. Dafür sind es zu viele Bäume und nicht Fürst oder König regieren, sondern die Marktwirtschaft mit dem Tagesgeschäft.

Aus dem Dunkel alter Erzählungen erinnere ich: väterlicherseits kam die Familie Protz aus dem Havelland nach Sömmerda in Thüringen. Die Familie sprach „vornehm“, aber es war der niederdeutsche Dialekt.
Was mag so weit getrieben haben? Die Ziegelei – längst nicht so traditionsreich wie im Havelland. Eine bäuerliche Einheirat? Die flache, weite Landschaft jedenfalls ähnelt zum Verwechseln. Die Schwalben fliegen ums Gemäuer. Es ist möglich, zu Hause zu sein.

Schicksal – dagegen aufbegehren. Vom Westhavelland nach Thüringen.
Schicksal – dagegen aufbegehren. Vom Westhavelland nach Thüringen.

In Wachow ist nichts historisch Aufschlussreiches zu finden. Also nach kurzer Kartenorientierung weiter nach Gutenpaaren auf mit sauber in Reihen gelegten, gelb gebrannten Klinkern. Vorsicht! Straßenschäden! Die → Klinker gucken unbeschädigt wie vor 200 Jahren unter dem krümligen, schwarzen Asphalt hervor.

Klinker - über 6 km von Wachow nach Gutenpaaren
Klinker – über 6 km von Wachow nach Gutenpaaren

An den Wegrändern schon seit Bagow Heckenrosen, Weiden, uralte Pappeln – angeblich kurzlebig, aber die urigen Stämme treiben neu aus.
Überall verbreiten die weißen, großen Teller der Fliederblumen ihren Duft. Auf Norddeutsch heißt der Schwarze Holunder (Sambucus nigra) seit Urzeiten Fliederbaum. Und eine Suppe aus Fliederbeeren heilt jede Krankheit – zumindest die einer sich sehnenden Seele… Jedes Gehöft hielt früher seinen Fliederbusch heilig. Das wissen die „Neuen“ auch nicht – sie denken an das wuchernde Ölbaumgewächs, das als Zierstrauch aus Südosteuropa oder Asien gebracht bei uns verwilderte.

Klatschmohn im Getreide
Klatschmohn im Getreide

Der einstige Rittersitz Gutenpaaren hat endlich alles was ich erhoffte: einen alten Friedhof, sanierte Gebäude aus Ziegel und verfallene. Ein Storchennest mit Frau Adebare auf den Eiern.

Die Busse kommen zur Auswahl – Potsdam oder Brandenburg. Ich erinnere das Gespräch am Morgen. Ja, mein Busnachbar hat Recht: hier leben dürfen und bis in die Nacht hinein in den Sternenhimmel schauen können…
Wenigstens Aldi und Edeka erspare ich mir in Berlin. Es gibt Wildgemüse und süße Rosen-Fliederblütenküchlein.

Gutenpaaren
Das einst reiche Gutenpaaren – Träumerei

Biene

In Zukunft werde ich wohl auf meine Rosengelüste verzichten:
Im Staubgefäß der Blüte taumelt eine Biene. Aber weder diese Biene noch ein anderes Insekt nimmt meine blattlosen Blüten an, nicht einmal mit nur einigen fehlenden Blütenblättern. Betäubt von der süßen Nahrung brauchen sie offensichtlich deren Halt.

Erdelöcher Deetz und Götzer Berge

22. Mai 2018
12 km von Groß Kreutz nach Deetz, auf Mühlenbergweg und Ziegeleiweg in das Labyrinth der Deetzer Erdlöcher, hinauf zum Götzer Aussichtsturm und von dort 3,2 km abwärts zum Bahnhof Götz in knapp 20 Minuten: ich bin geschafft und der Zug auch!

Bummeln und genießen

Die Götzer Berge
Sommerwölkchen im Havelland über den Götzer Bergen

Bahnhof Groß Kreutz: ein Weg, der an die Sommerferienträume meiner Kindheit erinnert – Hohlwege durch Wiesen und Wald mit blühenden Heckenrosen. Das war frühestens ab Juli. Jetzt summt Ende Mai bereits hochsommerliche Mittagshitze in den Ohren.
Und abends kann ich 2 kleine Gläschen Rosenblütenkonfitüre in den Schrank stellen!

In anderen Jahreszeiten gehe ich hier eher quer Feld ein*. Heute möchte ich irgendwo schwimmen – also geradeaus zur Havel.

Spargelfelder bis zum Horizont, weitgehend abgeerntet
Zum Glück meist von Hecken verdeckt: Spargelfelder, bis auf die weißen Flächen am Horizont abgeerntet – nicht ein Halm Spontanvegetation…
Zu farbigen Mustern verlegtes Pflaster aus Ziegeln erinnert an die einstige Spezialität der Region
Zu farbigen Mustern verlegtes Pflaster: Ziegel – die einstige Spezialität der Region

Von der Straße her ein Posthorn klingt.
Was hat es, dass es so hoch aufspringt,
mein Herz?

Das Posthorn ist ein Postauto, wenig romantisch, wenn nicht eine reizende junge Frau fahren würde, die mir so herzlich zuwinkt sowohl hin als auch bei ihrer Rückfahrt: zwei kurze, glückliche Augenblicke.
Mir fällt ein: amerikanische Psychologen kamen zu der Schlussfolgerung, dass Menschen, die an Orten mit einer geringen Bevölkerungsdichte leben, sich glücklicher fühlen. STIMMT! Aktuelle Gedanken dazu verdränge ich.

Duftendes Heu auf dem Aussichtsplatz Mühlenberg von Deetz
Duftendes Heu auf dem Aussichtsplatz Mühlenberg von Deetz, am Hang Trockenrasen, dazwischen versprengte Spargelbäumchen…

Die Ortschaft Deetz möchte ich umgehen, biege in den Mühlenberg-Rundweg ein – so gut wie frisch gemäht. Das Heu duftet. Eine Eidechse flitzt ins Gebüsch. Durch den Wald hinunter zum See ohne Namen, am Park immer weiter Richtung Havel – das muss doch gehen, auf Googel maps entdecke ich später auch mehrere Wege. Falsch: „Wo kommen Sie her? Das sind keine Wege!“**. Hier geht es nur noch von nagelneuen Wegweisern gelenkt durch die Ortschaft: auf dem Mühlenbergweg, dem Ziegeleiweg und zum Havelradweg. Zwei Störche schaffen es quer – wenn ich ein Vöglein wär… Der Jungstorch im Nest an der Kirche kann es offensichtlich auch noch nicht.

Schwimmen und rennen

Irgendwann komme ich zwar nicht zur Havel, aber zu den Deetzer Erdlöchern. Ich spüre im Labyrinth der ehemaligen  Tongruben sechs gute Feen auf – textil im Wasser. Eigentlich komisch, auf den versteckten Pfaden gibt es niemanden sonst bis auf ein auch verstecktes Pärchen – und dichter könnten die Ufer nicht bewachsen sein. Aber ich kann es also wagen, hier zu schwimmen, sogar FKK.

Die Deetzer Erdelöcher
Die Erdelöcher Deetz sind die  einstigen Tongruben der Ziegeleien
Die einstigen Tongruben der Ziegeleien sind jetzt Raubfischgewässer
Die Idylle trügt: Raubfischgewässer! Es hat wohl seinen Grund, dass Frösche und Unken nur an den unverbundenen Löchern konzertieren…

Nachträglich gruselt mich: dieses Eldorado vor allem für Angler beinhaltet Raubfische. Und Hechte besitzen einen Schnappreflex, egal was da schwimmt… vor allem müssen die größten als Seltenheiten wieder ins Wasser entlassen werden. Irgendwas war um meine Beine oh Gott und Petri Heil als gegenteiliges Bitten!

Finger und Zehen sind noch dran. Bin nach ausgiebigem Schwimmen die Götzer Berge hoch zum Aussichtsturm. Oben der Blick auf die Uhr: 5 nach 3.  Gegen halb müsste mein Zug fahren. Ich weiß: der Bahnhof Götz liegt jwd. Ich renne abwärts. Ich schweiße die Asphaltstraßen durch den Ort. Ich sacke 15:25 auf die Bank am Bahnhof. Der Zug fährt in 7 Minuten.

Abstieg vom Aussichtsturm und dann etwa 108m abwärts vom Götzer Berg
Abstieg vom Aussichtsturm und dann abwärts vom Götzer Berg (108m) rennen, rennen, rennen…
Es geht auch anders – klick das Bild vom März 2017  – das Geburtstagsgeschenk für einen 70jährigen:
Aussichtsturm Goetz: Das Geburtstagsgeschenk für einen 70jährigen
März 2017

**
Wegerechte vs. Straßenausbaugebühren:
STOP von Straßenausbaubeiträgen in Deutschland!
Aber auch:
Für den Erhalt nicht asphaltierter Wanderwege!
Mehr sehen beim Gehen!

* HIER als Ergänzung die genannte, weglose Route – “einfach” (Vorsicht!) nur 1x von Groß Kreutz nach Groß Kreutz!