April | Route | Art der Wanderung |
Besonderheiten | km |
1. – 2. |
Polná bei Hazlov, Tschechien | WSV Rotation Berlin, W. Pagel | und davor bereits 2 Tage siehe März: Ostern im DrEIländereck Sachsen Bayern Böhmen |
4x insges. 116 |
8. | Gräninger Spring | Solo 65+Ticket |
Das orthodoxe Ostern am Gräninger Spring | ca. 25 |
14. | Stapelburg – Jungborn – Ilsenburg | HEXenSolo | Veilchen als Erinnerung an den festlichen 14. April lang vergangener Jahre | ca. 20 |
15. | Von Märkisch Buchholz zum Forsthaus Tschinka | WSV Rotation Berlin mit E. Knauer | Kleine Genießertour | ca. 20 |
21. | Drei Pfühle – Regenbogensee Liepnitzsee – Hellsee |
Solo | Anbaden im Hellsee | ca. 20 |
26. | An Verlorenwasser nach Friesdorf und weiter nach Bücknitz | Solo zu Dritt | Erkundungstour | ca. 25 |
28. | Turmwanderung Bad Freienwalde |
EarnYourBacon mit Bob | …meinerseits die Türme von unten | 27 |
30. | Ziesar – Köpernitz – Görzke | Solo | Schachbrettblumenwiese und planlos ohne Karte | 20 |
Sieben Hellen und die blaue Helene
25. März 2018
Von Pillgram aus zu den Biegener Hellen, durch Feld und Wald zum Helenesee, am Durchstich “Kongo” bis Katjasee und nach Finkenheerd: eine 25 km-Wanderung des WSV Rotation Berlin mit Eckhard Knauer

Richtung Süd in der Sonne
Erster Höhepunkt: ein Ende des 16. Jahrhunderts erbautes Vorlaubenhaus, das den Dreißigjährigen Krieg angeblich schadlos überstanden hat. Einst bäuerliches Wohnhaus, war es zugleich Herberge, Dorfkrug sowie Umspann- und Postkutschenstation. Auch wenn es jetzt so einzigartig aussieht: trotz Tagebau-Industrie findet sich allerorts noch sorbischer Holzhausbau bis hin zu den verwandten Umgebindehäusern. Wer Dürers Dorfansichten in Erinnerung ruft, wird eingedenk unserer Restaurierungs- und Wiedergeburtsmanien all zu viel Authentizität mit Vorsicht genießen.
In der weiteren Umgebung Relikte “modernen” Bauens. Das Wozu des martialisch abwehrenden L-Platten-Schutzwalles ist an diesem Ort nicht auszumachen. Wir stolpern über zerfurchte Flächen in den Wald.
Gesichtet werden zwei Rehe und zum Greifen nahe eine Horde Borstenvieh. Dem Hund ist es anzusehen: eine wildreiche Gegend. Nicht nur Wölfe, sogar Elche ziehen in der Lausitz gern ihre Fährten.
Und zur Belebung meines Berichtes diesmal nicht nur datenschutzgerecht die Gruppe von hinten, sondern genehmigt und fotogen ein Beweis für fröhlich begeistertes Wandern entlang der himmelsblau leuchtenden Seen – die eigentlichen Ziele der Wanderung.








Die Biegener Hellen
Biegener Hellen wird eine schmale Senke südlich von Pillgram bezeichnet, in der sich sieben eiszeitliche Wasserlöcher bis hin zur Größe eines lang gezogenen Sees wie Perlen aneinander reihen. Diese „Höllen“ im Höllengrund verdanken der Überlieferung nach ihre Entstehung dem Teufel. Umgangssprachlich setzte sich „Helle“ durch – eine kleine Lautverschiebung, mit der vielleicht allzu konkrete Schrecknisse gebannt wurden? Es blieb ausreichend Grusel für die badenden Kinder aus den umliegenden Dörfern: Blutegel en masse und fesselnde Stängel von Seerosen – so jedenfalls der Bericht einer hier gebürtigen Mitwanderin.








Der Helenesee
An sieben Höllen musst du geh’n,
sieben dunkle Seen übersteh’n,
siebenmal wirst du ganz knülle sein,
aber dann kommt der Helene Schein ;)))
Wird mir → Karat das verzeihen??? Wem mehr oder besseres dazu einfällt – bitte. Zusammengefasst: der Blick auf den See – schööön in dieser Jahreszeit. Der Blick nach rückwärts in die Monokultur des Waldes – lieber nicht.






Offenes Ende
Die wenigsten unterscheiden hier und heute noch zwischen den eiszeitlichen Seen und den künstlich entstandenen Tagebau-Seen. Doch an den hohen Ufern von Helene- und Katjasee wird noch immer vor Rutschungsgefährdung gewarnt. Fast völlig frei gelegte Baumwurzeln halten wie durch ein Wunder an steil abfallenden Rinnen dürre Kiefern. Wer kurz einmal nur in Farbe denkt, könnte sich vielleicht vom Schwarz der Schatten auf meinem Foto an das zurück liegende Braunkohlen-Desaster erinnert fühlen. Ob die → Umgestaltung der Lausitzer Landschaft in unzählige Badeparadiese wirklich folgenlos für die Umwelt insgesamt und das Land zwischen Oder und Spree endet, ist noch nicht erwiesen. Unsere Tour jedenfalls endet wahlweise mit Fisch aus dem Wasser, mit hefigen Zusatzstoffen im Wasser – hoffentlich folgenlos – oder gleich unter dem unendlichen Flachlandhimmel am Bahnhof.


Die Bilder sind für bessere Qualität mit Klick zu vergößern.
Von heut auf morgen
20. / 21. März 2018 zwischen Schneegestöber und Tauwetter und am 22. März ein Mix aus beiden
Zwei superkurze Brandenburger Wanderungen zum kalendarischen Frühlingsbeginn plus an die 20 km geborgte Landschaft


Eine Stunde im Neuschnee. Rings um mich ein griesegrauer Schneevorhang. Etwa 10 Zentimeter hoch liegt der Schnee. Totenstille. Nirgends eine Spur. Die Tiere halten sich versteckt. Wer weiß, wie nah ich an ihnen vorbei gehe. Zum Aufspringen oder zum Auffliegen gibt es keinen Anlass – all das würde mehr verraten als das stille Ausharren. Meine Schuhe sind durchweicht (es braucht wohl neue…). Ich drehe um und fahre heim.
21. März
Zwei Stunden laufe ich über jämmerliche Schneereste von gestern. Doch, DAS ist schon Frühlingsluft. Noch ist der Boden gefroren. Es läuft sich überall gut, trotz der Pfützen. Auf den Wegen könnte es so nah an der Stadt Potsdam sogar ab und zu Begegnungen geben. Aber rings um den Brauhausberg und auf dem Telegrafenberg schlängeln sich zahlreiche kleine Pfade. Es ist zwischen dem kleinteiligen Hoch und Runter und so vielem Holz nicht schwierig, unsichtbar zu bleiben.



Dann plötzlich eine Plattform auf Baumstämmen – wie ein indianisches Holzgerüst, um am Ende des Lebens das letzte Ritual in der Stille der Natur zu vollziehen. Auch wenn dieses Lager nur dafür da wäre, um an einigen Stunden des Tages der Sonne näher zu sein: da oben auf den Holzplanken trägt mit Sicherheit das Gefühl einer unmittelbaren Zugehörigkeit zu mehr als der alltäglichen Virulenz und Hektik über alle Gedanken und auch über den Tod hinweg. Und eigenartig endet meine Wanderung an der sich unendlich lang ziehenden Mauer vom Neuen Potsdamer Friedhof. Vor dem Tor eine sich versammelnde Trauergemeinde in kleinen Grüppchen. Die Straßenbahnen brausen vorbei. Dies und das, Wege, Grabkreuze. Ich schaue hoch in Immergrün und durch knorrige Äste in das Himmelslicht. Mit Sicherheit sterben wir in der Gegenwart viel zu beiläufig. Die Friedhofsgasse aus Richtung Bahnhof führt ganz folgerichtig vorbei am Alten zum Neuen Friedhof direkt zum Kletterwald und Abenteuerpark Potsdam.


22. März
Für mich fließen diese drei Tage und meine Wanderungen ineinander (zum heutigen → world water day, wenn schon kein Gewässer, so doch das richtige Verb :))). Schneegestöber, Sonne und tauender Schnee, Überschwemmungen auf den Feldern. Schon wieder fliegt ein grauweißes, nasses Schneegegriesel über alles hinweg. Es ist als würden mir die Hände abfallen im eisigen Wind. Ich fotografiere nichts als die Schwäne.
Von der Eigentümerin eines in neuem Glanz erstrahlenden Herrenhauses ist zu erfahren: alles was zu sehen ist vom eigenen Haus aus, aber nicht zum Grundstück gehört, wird “geborgte Landschaft” genannt.
Ich gehe über geborgtes Land.
Ich schaue in geborgten Wald.
Ich kaue geborgte, → goldgelbe Zitterlinge, ziemlich geschrumpft auf geborgtem Totholz.
Und Gott schaut wohl verwundert über seine, ihm nur noch geborgte Welt (falls überhaupt – wenigstens ab und zu – ihm das Borgen gestattet wird).

Fliehen, fliegen, flöten gehn
18. März 2018, Sonntag 12 Uhr. Alexanderplatz Berlin
Kaltes Blau am Himmel. Ich friere äußerlich, innerlich. Kein Wandern, kein Ziel.
Bahnsteig Alexanderplatz. Es zirpt, flötet, singt. Stare tippeln umher, hocken auf Bänken, Stangen und schmal zwischen den Spießen gegen die Tauben. Mit sicherem Instinkt lassen sie sich aus der Hand füttern. Um Fliegen oder Zecken zu schnabulieren, sind sie es gewohnt, auf Schafen oder Rindviehchern zu sitzen. Nur gibt es in diesem urbanen Raum eben Weißmehlprodukte anstelle Insektenprotein dann für die Jungvögel.


Das Insekt auf Stelzen erinnert mich an meine Lieblings-Florfliege – vor Jahren fast eine Plage an meinem Fenster, längst gar nicht mehr gesichtet.

Beide Geschlechter haben (nur!) zur Brutzeit einen auffällig gelben Schnabel, dessen Basis beim Star unten hellblau und beim Weibchen leicht rötlich ist.
Seit zwei, drei Jahren haben die Stare in der Brutsaison den Bahnhof Alex okkupiert. Irgendwo in den Mauern scheinen sie Hohlräume zum Nisten zu finden.
Der Eindruck der guten Anpassung täuscht. Die riesigen, abendlichen Schwärme über dem Nachwende-Schlossplatz gibt es nicht mehr (lt. Nabu seit 2014), obwohl die Vögel in den milden Wintern kaum mehr “weitwandern”.
Nabu und Vogelschutzbund haben den Star wegen seines schwindenden Lebensraumes zum Vogel des Jahres 2018 gewählt.
In so vielen Menschenleben sieht die Stadt auch wie das Zuhause aus und ist letztlich ein Locus terribilis.
Soll ich aufzählen, was wir hier an uns und der Umwelt für Sünden begehen?
Zum Insektensterben siehe auch → “Nichts kommt überraschend” von 1999 / 2019.
Zwischen Wusterwitz und Ziesar
11. März 2018, der sonnigste Sonnentag!
Geplant ist Potsdam, aber der Zug fährt über Golm – klar, weiß jeder… ich auch. Egal jetzt: der Sonne entgegen müsste ich auch ohne Karte, ohne Getränk und ohne Essen von Kirchmöser nach Ziesar kommen.

Südwärts
Auf der östlichen Seite vom Wusterwitzer See meide ich jeden Ort. Laut krakelende und trompetende Graugänse fliegen über mich hinweg, hin und her zwischen Schilfgürtel und gedecktem Mittagstisch auf dem Feld. Am Horizont stehen sie vor dem blauen Himmel wie die Gesandtschaft uralter Götter.
Kurz darauf treibt mich der Baumarkt-Landhaus-Stil eines Bollywoodmöchtegerns den Berg hinauf. Ich trällere “an mein Hauserl stehn viel Lamperl” hinterher. Dann gibt es nur noch Wald und Feld, hügelig und einsam. Es zippt, girrt, tsits und piept. In hohem Singflug tirillieren die Lerchen. Aus weiter Ferne grüßen Kirch- und Ziegeltürmchen. Einmal spürt mir ein knatternder Freestyle Motocrossathlet nach. Ich springe ins Feld und nehme die Dankesbezeugung seines Wheelie-Zirkushighlights bewundernd entgegen. Der blaue Ninjago Jay verschwindet ostwärts. Mir zeigt die Sonne: ich bin zu weit westlich, vielleicht schon an der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt.
Eine Landstraße, beidseitig in die Unendlichkeit – solche Querung birgt immer die Gefahr der falsch eingeschlagenen Richtung. An einer vermüllten Wegegabelung gerate ich schließlich auf den „Bunten Dörferweg“ zwischen Wusterwitz, Viesen, Rogäsen, Zitz, Warchau und Gollwitz. Meine erste konkrete Orientierung. Rundkurs oder Ziesar? Keiner der Wege wirkt einladend. Richtung Zitz geht es entsprechend durch eine Halde, als Baustelle bemäntelt.








Zitz
Vor mir kämpft eine Mutter mit Kinderwagen durch Schlamm und durch den wahrscheinlich sehr ereignislosen Dorfsonntag von → Zitz. In der Dorfmitte die Kirche mit zwei, jeweils dem Bismarck und dem Kaiser (? – ich hab nur flüchtig gelesen) gewidmeten Linden, darunter Blüte an Blüte goldgelb leuchtende Winterlinge und summende Bienen. Mir gefällt’s.
Ein Denkmal mit Eisernem Kreuz habe ich friedlich gestimmt links liegen gelassen. Jetzt nachgelesen: 1813 kam es bei und in Zitz zu Kämpfen zwischen preußischen und französischen Einheiten. Leider damit den Zusammenhang zur wenig späteren → Schlacht bei Hagelberg verpasst…
Richtung Fiener Bruch führt eine mit Ackersteinen bunt gepflasterte Straße hinunter. Ich hoffe, diese Straße wurde unter Denkmalschutz gestellt: eine seltene Schönheit, die mir ein liebenswürdiger Dorfengel (weiblich) zeigt – eine unübliche, gastfreundliche Möglichkeit, für aussterbende Dörfer zu werben. Der Engel bestätigt: „Da kann man einen Hut durchs Dorf werfen und es kommt keiner zur Tür raus.“ Ich stutze. Nie gehört. Langsam dämmert mir eine Verbindung zwischen “einen Hund hinter dem Ofen vorlocken” und “eine Sau durchs Dorf treiben”. Vielleicht muss ich auch nur zum Ohrenarzt.


.


.


Durch den Fiener Bruch nach Ziesar
Melioriertes Urstromtal: Gräben und Bach. Ich bin in leiser Eile. Trotzdem tönt und zeigt sich kein einziger Vogel in diesem Vogelschutzgebiet. Der Fiener Bruch zieht sich als unendliche Ebene hin, extra für Großtrappe, Brachvogel und Kiebitz fast ohne Baum und Strauch.
„Südöstlich von Genthin und südwestlich von Brandenburg, von beiden Ortschaften gleichweit entfernt, liegt das Städtchen Ziesar, dessen Schloss einst als eines der festesten im ganzen Lande galt.“
Karl May “Ritter und Rebellen. Wildwasser”, Kap. 1
Neben mir sprengt urplötzlich ein Reiter vorbei. Auf dem Sand wie ein Geisterritter – doch, vor mir ist er jetzt zu hören. Ach ja, hier entlang sind sie vielleicht gejagt, die bischöflichen Mannen in den Vernichtungsfeldzügen gegen die Quitzows und wieder zurück zur eingenommenen, einst slawischen Burg „civitas Ezeri” = slawisch „za jezero”, gesprochen Zi-e-sar – „Ort hinter dem See” (der wurde trocken gelegt). Aufs Pferd hat mich der proppere Ritter nicht genommen. Ich bin aber sicher, er gehört zu der Mannschaft, die am ersten Juni-Wochenende 2018 die Feierlichkeiten zum 1070. Jahrestag der Stadt Ziesar* historisch ausschmücken wird.
Für mich reicht die Zeit gerade noch für einen Blick auf den Querturm der einstigen Zisterzienser-Klosterkirche St. Crucis. Hilfsbereite Menschen weisen mir den Weg zur Bus-Haltestelle. Hoffe, dafür verbrennt nicht der Sonntagskuchen (aus der Tür duftet es nach Weihnachten und Geburtstag zusammen).
Lieber zu früh als zu spät: cooles Jungvolk von der Tankstelle ist ebenso hilfreich wie der Busfahrer, der mich – sichtlich abgehetzt – bereits am Frauentor aufsammelt. Kurze Wartezeit am → Bahnhof ohne Schienen. Mit diesem nachmittäglich letzten Bus sammelt und setzt der Fahrer dann ab, wie und wo es gewünscht wird. Was für ein Service! Nach seinem Nettolohn frage ich lieber nicht.


.


.


Abendstimmung in Wusterwitz
Noch strahlt der Himmel. Ich kippe in Wusterwitz aus dem Bus. Der getränkelose Tag wirkt. Die dringende Flüssigkeitszufuhr gelingt im erstaunlicher Weise sonntags geöffneten Getränkemarkt.
Die Luft streichelt immer noch warm. An der sumpfigen Verbindung zwischen Wendsee und Wusterwitzer See locken die Weidenkätzchen silbern und samten. Nirgends aber eine Biene. Vielleicht ist es zu spät am Tag.
Für mich reicht die Zeit, um in abendlicher Stimmung zum Bahnhof Kirchmöser zu spazieren, ca. 6 km. Mindestens 25 Kilometer werde ich insgesamt geschafft haben.


.


Später lese ich: 27 km lang ist der Rundkurs „Bunter Dörferweg“ ab Bahnhof Wusterwitz. Klingt gut – falls auch außerhalb von Wusterwitz einmal ein kleines Gartenlokal geöffnet hätte. Zu empfehlen sind derzeit solche Wanderungen nicht. Dass in den westlichen Zipfel Brandenburgs an den Wochenenden Busse nur 2x täglich zwischen Bad Belzig und Brandenburg fahren, ist ein Risiko.
Und wer sich auf der Rückfahrt in den Zug Magdeburg – Berlin fallen lässt, um selig seinem Ziel entgegen zu schlummern, der landet ohne Blick auf die Bahnsteiganzeige uninformiert direkt von Brandenburg aus wieder in Kirchmöser (manchmal). Von Potsdam nur mit Weiterfahrt per S-Bahn ganz zu schweigen.
Inwieweit Schweigen und Ohrenstöpsel in Kirchmöser anderweitig notwendig wären oder gerade öffentlichen Protest über den Bahnhofsdurchgang hinaus erfordern würden, kann ich nicht endgültig beurteilen. Augen zu und durch? Jedenfalls hat Wandern durch “Heimat” manchmal nicht nur Dornen, sondern auch Haken, die für Fremde nicht immer offensichtlich sind.

*Die 1070. Jahresfeier Ziesar vielleicht wieder mit einem → Bezug zu Karl May, ansonsten → hier bei mir.
Bilder bitte mit Mausklick vergößern.
Rund um die “Krone des Erzgebirges”
Zwei Wanderungen mit Wolfgang Pagel und dem WSV Rotation Berlin am 10. und 11. März unter dem Motto
“Frühlingserwachen im Sternmühlentag”
Schloss Augustusburg


Eine Bahnanreise von Berlin nach Augustusburg hat ihre Tücken. Davon schweige ich und belasse auch anderes als nicht meine, sondern die Bürden eines Wanderleiters. Alles ist buchbar in und auf dem nigelnagelneu restaurierten Schloss Augustusburg und alles findet sich in diesem prächtigen Bilderbuchzustand als Foto. Weithin und aus allen Richtungen sichtbar schimmert und glänzt nun der imposante Renaissancebau im Morgendunst ebenso wie in der Mittagssonne oder des Nachts wirklich als Krone auf seinem Vulkankegel. Trotzdem, etwas nostalgisch denke ich an meinen ersten Besuch 1967 auf dem freilich herunter gekommenen Schloss, an die noch vorhandene Präparatorenwerkstatt, die gerade erst sichtbar gewordenen Hasen des Dresdner Hofmalers Heinrich Göding – hauchzart und eher transparent über dem Putz liegend. Einige Gemächer sind immer noch in Arbeit, letzte Spuren, schwindende Historie…
Restaurierung kann nur annäherungsweise sein. Überaus authentisch und gruselnd in jedem Fall das technische Meisterwerk des Schlossbrunnens, auch wenn das Wasser anstatt herauf gezogen nur hinein geschüttet wird.
Zum Kunnerstein und ins Sternmühlental


Das Können der erzgebirgischen Bergleute hat die Landschaft geprägt. Technische Denkmale wie Brunnen und Schächte, Brücken und Uferbefestigungen begegnen dem Wanderer im Erzgebirge häufig. Auch die Standseilbahn Erdmannsdorf – Augustusburg zählt zu diesen Attraktionen – ansonsten läuft man 2 km mit 240 Höhenmetern auf- oder abwärts zur Burg*.
Wir laufen. Vom Schloss aus geht es perfekt abgesichert am bewaldeten Südhang des Schellenberges zum Kunnerstein mit Blockhüttenveranda, Höhle und Ausblick auf das Zschopautal (richtiger wohl Zschopental). Der Fluss windet sich weitgehend natürlich und mit wildem Wasser entlang der Bahnstrecke und Straße.


Große Frage: Welchen Zweck hat der Betonpfeiler neben dem alten Mäuerchen?
Spuren des Bergbaues sind immer noch zu finden. Am Berghang vom tief gelegenen, lieblichen Sternmühlental findet sich ein Mundloch zum Augusta Stolln, bezeugt als Winterquartier für Fledermäuse. Dass diese nun beneidenswert an Silber oder Gold hängen, kann eindeutig verneint werden. Gefunden wurde ein graphitähnlicher Ton, der gerade einmal zum Schmieren der Chemnitzer Spinnmaschinen taugte. Insofern ist der weibliche (kaiserliche) Name weder für feministische Statistiken noch die gegenwärtig auflebenden Debatten zu gebrauchen. Nach Gold wurde zwischen 1576 und 1597 und noch einmal 1717 erfolgreich in den fließenden Gewässern des nahe gelegenen Euba geschürft. Zwischenzeitlich dürfte da einiges wieder an die Oberfläche gekommen sein!
Aber gegen Mittag beginnt die Gruppe sportlich schnell zu werden – warum wohl… Irgendwo greife ich wenigstens einen der silbrig glänzenden Phyllitsteine, der sicher mehr nach Erz aussieht als es so direkt aus der Erde je Silber oder Gold könnten.
Letztlich ist alles bis hin zu den riesigen, alten Steinbrüchen längst wieder bewaldet. Höchstens an Straßen- und Wegrändern oder unter entwurzelten Bäumen tritt noch Gestein zu Tage.





Der weiße Wolf vom Adelsberg
In Höhe der namensgebenden, pikobello Sternmühle wechselt der Weg über den Schwarzbach und das Tal hinweg in den Schwarzwald. Es lohnt nicht, hier dem Holländer-Michel oder dem Glasmännlein nachzuspüren. Ohne weitere Waldesblicke zu verschwenden, stimuliert das mittägliche Hungergefühl die schlaffen Glieder – vielleicht sogar auf einem Teilstück des Alten Böhmischen Steigs – zur → Ausflugsgaststätte Adelsbergturm. 508m liegt der Turm hoch, kaum 100 Höhenmeter werden es gewesen sein. „Waidmanns Dank“ kann hier entrichtet werden in Gestalt von feinem Wildgulasch mit in Butter und Mandelsplittern geschwenktem Rosenkohl und hausgemachten Semmelknödeln, serviert zwischen Borstenviehschwarte, Elchkuhbalg und Geweihtrophäen. Einzig die Jagd auf den weißen Wolf hinterließ kein Fell. Sie war stets misslungen, bis der kinderliebe Weiße als Retter vor einem umher streifenden grauen Wolfsrudel sein Gnadenfleisch verdient hatte. Bis heute steht für seinen Nachkommen eine Schüssel bereit. Das aber ist eine der vielen Geschichten vom Adelsberg, die wie manches Geheimnisvolle, das der Jagd- und Kampfestradition anhaftet nicht jedem behagt und mancher verdrängt oder bezweifelt – aus welchen Gründen auch immer.

In der Gegenwart durch die Vergangenheit
Zurück nach Schloss Augustusburg geht es über viel freies Feld in kaltem Wind. Die Dörfer haben ihren erzgebirgischen, bescheidenen Charakter weitgehend abgelegt und die Baumärkte haben verdient. Ein alter Hof erinnert mich an → Clara Mosch. So etwa sah es damals aus – oder doch größer? Verkehrte Hasenwelt. Auch Besitz kann lästig sein. Anderenorts stehen von den einst mächtigen Fabriken nur noch Hüllen. An den Flüssen sind vor allem die verfallenden Brettmühlen, Öl- und Mahlmühlen zu entdecken und jetzt ringsum vereist.








Es sieht nach Krieg aus – oder DDR und Heimat?, ist aber Globalisierung oder irgendetwas in dieser Art. Man lebt jetzt von touristischen Aktivitäten, also der Philosophie des sächsischen Kurfürsten hinterher: auch Schloss Augustusburg wurde ja nur nach Lust und Laune genutzt. “Biker willkommen”. „Wanderwege anspruchsvoll, besonders fürs Rad“ lese ich. Das mag sein. Dem Fußwanderer beweist sich der Mittelgebirgscharakter eher dem Auge als den Beinen. Die Länge der Natur belassenen Strecken ist auf Verdauungsspaziergang ausgelegt. Variantenreich, jenseits von Beton, Split und breiten Forstwegen funktioniert wenig.
Wir aber haben am Ende 31 km mit je 900 auf- und absteigenden Höhenmetern geschafft und mit Sicherheit an diesem Tag einen erzgebirgischen Wanderlatschen verdient – sofern der irgendwo als Anhängerchen zu erwerben wäre.

Die Hetzdorfer Schweiz und der Eisenbahnviadukt
Da kein Winter mehr, aber auch kein Hauch des erhofften Frühlings, stauben die Waldwege trocken laubbraun sofern sie nicht zerfahren und steingrau gefroren sind. Die nachts sichtbar gewesenen Schneereste waren versprengter Kanonenschnee von der Rodelbahn.
Die zweite Wanderung geht flott vonstatten mit 19 Kilometern und je 400 auf-und absteigenden Höhenmetern. Im Tal der Flöha und der Großen Lößnitz entlang geht es auf einen Höhenweg der Hetzdorfer Schweiz, die sich auch mit einem “Bastei”-Felsen schmückt. Von dort ist der Ausblick auf den → Hetzdorfer Viadukt zu genießen, einst Eisenbahnbrücke einer Fernverbindung Schlesien – Süddeutschland, seit einigen Jahren begehbar. Wieder also überstrahlt die alte Technik, diesmal die Steinmetz- und Brückenbaukunst alles: das Naturabenteuer steht in dieser Gegend einfach nicht an erster Stelle.





Vom Abschiedsschlemmen berichte ich nicht, obwohl die Erinnerung an die kulinarischen Exzesse des kurfürstlichen Sachsen in und um Augustusburg offensichtlich jetzt maßvoll und doch höchst kultiviert weiterleben. Da heißt es: selbst den Kuchen probieren!

* Tracks und Höhenmeter sowie eine Fotodokumentation stellt W.Pagel, WSV Rotation, seinen Mitwanderern stets zur Verfügung.
Zu diesen beiden Wanderungen gibt es zwei Exkurse:
→ Das Liebesleben der Natur
→ Das Ende der Eiszeit oder der Klang vom Großen Tauen
Exkurs in die Liebeswelt der Natur
Die Venus von Augustusburg und andere liebestrunkene Wurzelwesen
Ergänzend zur Wanderung des WSV Rotation Berlin am 3. März 2018 im sächsischen Vorerzgebirge
Das Schloss Augustusburg besitzt mit seinem Venussaal eine im deutschsprachigen Raum einzigartige Wandmalerei des Hofmalers Heinrich Göding aus dem 16. Jahrhundert, die thematisch an die Tannhäusersage anknüpft. Nun sahen wir zwar weder den Venussaal, noch kamen wir am Hörselberg vorbei – der liegt nahe der Wartburg, aber unweigerlich lenkt Venus mein Waage-Gemüt auch hier auf die Fährte.
Ich muss nicht erst in die Nähe des Zauberberges kommen, um liebliche Szenen zu sehen, die von Reizen sind, wie ich sie in der Menschenwelt so fein niemals erwarte: Nach heidnischer Weise schlingen sich Wurzelwesen in- und umeinander, zu denen ich mich gern gesellt hätte unter der warmen Frühlingssonne. Doch schon ist die Wandergruppe meinem Blick entschwunden. Ich habe den Ort zu verlassen, gelobe aber augenblicklich zurückzukehren, um ewig zu umschlingen und umschlungen zu bleiben, sollte ich den Anschluss nicht wieder finden.





Ovid grüßt Sachsen, wo nicht nur süße Kuchen und Desserts locken, sondern sogar die Natur mit Genuss aus dem Vollen zu schöpfen weiß.
Tja. Nur ich bin einfach zu schnell für eine Verwandlung.
→ Rund um die Krone des Erzgebirges oder “Frühlingserwachen im Sternmühlental”,
das Wanderwochenende mit W. Pagel und dem WSV Rotation Berlin
→ Das Ende der Eiszeit, Exkurs zu diesem Wanderwochenende
Das Ende der Eiszeit
oder der Klang vom “Großen Tauen” in den vorerzgebirgischen Flusstälern
Exkurs zu den Wanderungen mit Wolfgang Pagel/WSV Rotation Berlin am 10. und 11. März unter dem Motto “Frühlingserwachen im Sternmühlental”




Nachdem von Frühlingserwachen wenig zu merken ist, nun wenigstens das “Ende der Eiszeit” in den tief eingeschnittenen Flusstälern von Zschopau, Schwarzbach, Großer Lößnitz und Flöha. Die kleinen Zuflüsse von den Bergen verharren noch völlig vereist mitten im Lauf. Doch schon mit einem Aufblitzen unter den Sonnenstrahlen formen sich die kantigen Schneekristalle leise zu Wassertröpfchen. Kostbarkeiten, die von Licht, Luft und Erde sofort aufgesaugt werden.
Und an steilen Hängen schleuderte Wasser irgendwann kurzzeitig, aber wuchtig über die Felsen und estarrte zu mächtigen, zusammengebackenen Eiszapfen. Weit und breit kein Schneerest mehr, nur diese Zapfen weichen langsam wässrig-grau auf und sickern unmerklich in das ringsum kältetrockene Laub.








Das bis zu seiner Verwandlung blendend weiße Eis, das sich in Töne von Plätschern und Rauschen auflöst – das bleibt unvergesslich. Schwarze Bäche schießen dann durchs Eis und brechen die zarten Spitzen der gefrorenen Ränder, werden wieder zum Fluss. Letzte zackige Eisschollen oder dünnes Spiegelglas schwimmen langsam davon bis sich wieder eine schneeweiße Fläche von Ufer zu Ufer ausbreitet. In den geöffneten Schlünden zwischen dem Schnee, schwarz wie die Pforten zur Unterwelt, hat das heitere Mittagsblau keine Chance.












Doch dort, wo es nahe an den Fluss geht und genau zu sehen ist, wie das Wasser seinen Weg stürmisch bahnt, wird die Lust wach, mit dem Strom in seiner rasenden Schnelligkeit vorwärts zu treiben. Das waren auch die Natur-Kraft-Wege der frühen Menschen als jedes Land weitaus gefährlicher war. Kraftproben. Das Ende der Eiszeit. Verwandlung. Das kann Frühling bedeuten, aber auch den Beginn eines leichtsinnigen Verlustes der innigen Beziehung zu diesem Urelement (ihr wisst schon: alles was so im Meer landet…).
Zu diesem Exkurs gehören die Wanderungen:
→ Rund um die Krone des Erzgebirges
und der Exkurs
→ Das Liebesleben der Natur
Die Bilder werden natürlich mit Mausklick in Extrafenster vergrößert. Und echten Klang gibt es zwar bei mir als mp4, aber ich fürchte (ohne Erfahrung) mit der Datenmenge den Blog zu verlangsamen.
März

März | Route | Art der Wanderung |
Besonderheiten | km |
3. – 4. |
Augustusburg Zschopautal Sternmühlental Flöhatal u.a. |
WSV Rotation Berlin, W. Pagel | Zum Jahr für Jahr neu erwachenden Frühling. Mit 2 Exkursen zum Bericht! |
31 und 19 |
12. | Wusterwitz – Zitz – Ziesar | Solo 65+Ticket |
ohne Karte, ohne Getränk, ohne Essen durch Feld und Wald | ca. 25 |
20. 21. 22. |
Um Brandenburg und Potsdam herum | Solo 65+Ticket |
Frühlingstest sowie eine Erinnerung an Gott und das Wasser | 5 10 20 |
25. | Pillgram – Biegener Hellen – Markendorfer Graben – Helenesee – „Kongo“ – Katja-See – Finkenheerd | WSV Rotation Berlin E. Knauer |
Jahreszeitlich bedingt nur fürs Auge: ein Bade-Wasser am andern | 25 |
29. – 2.4. |
Polná bei Hazlov, Tschechien | WSV Rotation Berlin, W. Pagel | Ostern im DrEIländereck Sachsen Bayern Böhmen |
32 34 29 21 |
Wegearme Uckermark
24. Februar 2018
33 km mit Wolfgang Pagel/WSV Rotation Berlin von Warnitz, westlich entlang der Bahnstrecke ins wegearme NSG Fauler Ort, bei Pfingstberg Straße überwinden und etwas rückwärts zum Jakobsdorfer See. Durch den Wilmersdorfer Forst zum Narrenbruch und zum bronzezeitlichen Bodendenkmal. Durch die anschließende Hügellandschaft – gespickt mit kleinen Pfühlen – zur Burgruine Greiffenberg, über Bruchhagen der Welse folgend in den Görlsdorfer Lenné-Park, dann die Blumberger Teiche und (un-)endlich in Angermünde zum Bahnhof…

Sportliche Wanderung, vereinsintern angekündigt mit Schlamm, Schienen und „wegearmen“ Abschnitten. Da ist es ein kleines Häufchen bei zu erwartendem eisigen Wind und unter flotter Führung. Aber was heißt schon Führung? Der Verführer lauert auch. Und wo der Fuß versackt oder wo er hängen bleibt, lenkt das eigene Schicksal.
Der Faule Ort
Ein beeindruckender Buchenwald reckt sich im Melzower Forst in die Höhe. Doch der alleeähnliche Weg endet, das Gelände erweist sich sogar auf den Hangstufen als sumpfig. Wir sind nicht aus auf das unbefugte Betreten des Waldes in diesem NSG. Aber alle Wege beginnen und enden irgendwo wüst. Kleine Bäche durchziehen den Wald. Unter den schützenden Blättern verbirgt sich Morast, nichts ist vereist, nur kleine Wässerchen kristallisieren an den Rändern. Die Tümpel allerdings sind fest gefroren.








Das Bodendenkmal
An der Waldkante des Wilmersdorfer Forstes ein bronzezeitliches Gräberfeld. Die Steine wirken zerstreut, nur einige Blöcke bilden deutlich die Umrisse von Grabkammern. Seit jeher hat man sich solcher Grabanlagen bedient; stolz präsentieren auf dem späteren Weg einige kleine Höfe am Tor einen mächtigen Wächterstein, der mit Sicherheit nicht dort gelegen hat.
Ein sanfter Hügel am anderen, mit unendlichen Feldern, schließt bis Greiffenberg an. Das scharfe Auge macht Rotwildrudel aus, kaum flüchtig. Es braucht nicht viel Phantasie, um sich dieses einstige Siedlungsgebiet der jungsteinzeitlichen Ackerbauern in alter Gestalt vorzustellen.
Die Uckermark: geheimnisvoll und heiter verbindet sie unsere vergessenen Kindermärchen mit der Vorgeschichte.








Burgruine Greiffenberg
Am schnellsten führt die Straße von Günterberg nach Greiffenberg. Die Burgruine ist bereits ein Ziegelbau, trotz geringer Höhe des Standortes kaum zu bezwingen. Ein argloser Schritt: die Schuhe stecken im Lehm. Von dieser Masse bewegt, rutscht der ganze Mensch abwärts. Ein Aufstieg ist jedoch in Arbeit; die Maschinen stehen bereit.
Der Lenné-Park in Görlsdorf
Immer weiter zwischen Hügelkuppen und nun dem Tal der Welse geht es nach Görlsdorf mit seinem wenig bekannten Lenné-Park**. Der hat in den Stürmen 2017 sichtlich Schaden gelitten. Der Abzweig zum Aussichtspavillon ist gesperrt, aber das Auge braucht wohl keine Beihilfe in dieser sich beeindruckend weit ausbreitenden Parklandschaft.
Das Schloss selbst brannte 1945 ab.
Der Wandertrupp teilt sich in eilig Hungrige und gehetzt Fotografierende: Einkehr und Wirtin im “Kroghus” locken.








NSG Fischteiche Blumberger Mühle
Dass sich der Landschaftspark mit seinem seit 1883 existierenden Gestüt für Vollblutpferde unmittelbar dem Vogelparadies Blumberger Teiche anschließt, entgeht in der Regel deren Besuchern. An diesem Nachmittag kreisen die Kraniche bereits laut rufend über Görlsdorf und irgendwo zogen auch Schwäne. Aus den Fischteichen erheben sich riesige Entenschwärme. Die Welse begegnet uns ein letztes Mal – sie schlängelt sich aus dem Wolletzsee kommend durch die Teiche der einstigen Zisterzienser.
Hinter dem Wald säumen Bäume nur noch die Wege. Misteln begrünen schön und erschreckend dicht ihre Kronen. Am Horizont werden Industrie und Neubauten von Angermünde sichtbar. Eindeutig tut der Name Fischersteig kund: auf dem geraden Weg nach Angermünde sitzt Arbeitsanstrengung im Nacken – auch dem Wanderer.
→ Kirche Greiffenberg und das Schlüsselkreuz
Dringend werden Baumpaten gesucht. Unterstützt wurde der Erhalt des Parkes bisher vom → Görlsdorfer Lenné-Park-Lauf, 13 km, 2018 vorgesehen für den 12. 5., höchst empfehlenswert für Genuss-Läufer.
Bilder bitte mit Klick in neuem Fenster vergrößern.
Drei Hunderter
22.Februar 2018 mit der S5 nach Strausberg Nord, ab Prötzel mit Bus zurück
In vier Stunden knappe 15 km pur Natur und drei Hunderter bergauf und bergab mit Eckhard Knauer vom WSV Rotation Berlin: Roter Hof – Fließtal, Nordseite – Petersilien-Berg (101 m) – Stubben-Berg (105 m) – Bienen-Berge (110 m) – Prötzel
Das Wegenetz auf den Plänen der “S5-Region” von Berlin verspricht einen Irrgarten, der daher wohl selten betreten wird. Die üblichen Wanderrouten verlaufen längs der Seen Süd – Nord. Seitliche Wege sind kaum kenntlich, falls sie überhaupt jemals seit dem Untergang von Blumenthal* existiert haben. Die Flurnamen sind in Vergessenheit geraten. Die “enormen” Höhen der Berge sind ebenso wie deren Namen nur noch selten auf Karten verzeichnet. Mit dem Wandel der Dörfer in grüne Fluchtoasen und touristische Ziele verliert sich jegliche authentische Kultur. Golfer brauchen keine Bezeichnung für einen platten Platz mit ein paar Mauselöchern.
Wir alle erwandern also für uns Neuland, meistensteils notwendig wegelos, manchmal auch nur, um die Natur mit ihren Überraschungen auszukosten.












Das Beste: viel Schwein gehabt mit strahlendem Himmel, bei knackiger Kälte ohne Matsch durch Sumpf und Morast, trotz halsbrecherischer Streckenabschnitte gesund, wenn auch nicht mehr ganz munter…

*Die Sage, von Ludwig Bechstein aufgeschrieben, ist HIER nachzulesen.
Und ich kann es mir einfach nicht verkneifen, immer wieder gegen das Märchen vom friedlichen Wölflein in unseren Wäldern zu zitieren: “In der Franzosenzeit nahm die Wolfsplage so zu, dass die Regierung in Potsdam im Jahre 1817 Prämien für erlegte Wölfe aussetzte. Am 23. Januar 1823 gelang es dem Bürgermeister Fubel aus Strausberg, den letzten Wolf auf einer Treibjagd zu erlegen. Ein Findling mit einer Bronzetafel zeigt heute noch im Jagen 67 die Stelle an, wo der letzte dieser gefährlichen Räuber verendete.”
Aber momentan geht es ja mehr gegen das afrikanische Schweinepestwildschwein, was den süßen Wollschweinchen in Prötzel wohl auch bald die Freiheit kosten und die Wölfe noch hungriger machen dürfte.
Global denken – lokal handeln
Für eine naturverträgliche, regionale und faire Landwirtschaft!
Massentierhaltung beenden!
Das Schwein lohnt sich mit Klick GROSS anzusehen!
Der Brocken im Winter
17. Februar 2018 im Eilschritt durch Ilsenburg, schlitternd durch das Ilsetal, auf vereistem Pfad abenteuerlich hoch zur Hermannsklippe, jappsend auf dem Hirtenstieg zum Kleinen und Großen Brocken
Steinmassen und Menschenmassen im Frühjahr, Sommer und Herbst. Im Winter sind die Menschen auf Schusters Rappen selten. Man sieht sich und erkennt sich auf dem Rückweg oder der Rückfahrt im HEX wieder.

Die Wetterstation grüßt in voller Pracht vom Brocken.
Die Ilse plätschert neben mir mit weit weniger Wasser als vor zwei Wochen. Anstelle der hängenden Eiszapfen sitzen auf den Steinen nur noch breite Eiskappen. Manche Steine tragen ganz und gar schon eine frühlingshafte, kreisrunde Tonsur für ihren Sonnengott.
Hals- und Beinbruchgefahr allerdings beidseitig im Ilsetal: Stöcke haben keine rettende Funktion. Die Schuhe rutschen rückwärts und auf dem Rückweg ständig erschreckend vorwärts.
Auf schmalem Pfad gen Brocken erweist sich am sichersten das Steinbett eines flachen Bächleins oder der Tiefschnee, von dem man selten ahnt, wie tief er ist.
Drei und eine halbe Stunde haben die lt. google maps angezeigten rund 13 Kilometer ab Ilsenburg Bahnhof zum Bergscheitel gekostet. Nur zwei Stunden dagegen abwärts bis zum Ortseingang – das dürften bis zur Stempelbuche 6 km/h gewesen sein. Die Straße nach Ilsenburg aber wurde wieder zum Seiltanz.


Ab Hirtenstieg läuft es sich flott auf getretenen Spuren – falls die Kondition trainiert ist und falls man auf Fahrrad oder Langläufer verzichtet hat…
Der Panzer-Betonplattenweg ist unter Schnee begraben, weitgehend auch die Granitbrocken des “Blocksberges”. Die Notdurft zu verrichten erweist sich als schwierig, nahe am Weg sind die Bäume rar. Ich rutsche ab und mache ein Sitzbad – eine interessante, gar nicht betrübliche Erfahrung mit nacktem Hintern bei wahrscheinlich keinem einzigen Minusgrad.


Schneebehangner Scheitel,
Den mit Geisterreihen
Kränzten ahnende Völker.
Johann Wolfgang Goethe, aus “Harzreise im Winter”.(1749 – 1832), G.Poetische Werke (Berliner Ausgabe), Band 1. Berlin und Weimar 1972


Der Gipfel zeigt sich harmlos. Fast windstill wirkt es. Die Handschuhe lohnt es nicht hervorzukramen. Um den Berg wechselt neblig dichte Atmosphäre unmerklich mit offenen, weiten Wolkenlöchern. Die Sicht ist unspektakulär gut bis zur Eckerntalsperre mit einer wahrscheinlich dünnen Eisschicht. Ringsum dunkle Wälder.
Es war wohl das letzte, weiße Winterwochenende im Harz.
Die Sehnsucht nach dem wieder ausgefallenen Winterzelten, nach Schlittschuhlaufen auf einem See oder der Spree mischt sich mit der Melancholie des Abschieds.


Lob des Winters
Verzeiht, ihr warmen Frühlingstage,
Ihr seid zwar schön, doch nicht vor mich.
Der Sommer macht mir heiße Plage,
Die Herbstluft ist veränderlich;
Drum stimmt die Liebe mit mir ein:
Der Winter soll mein Frühling sein.
…
Der Winter bleibt der Kern vom Jahre,
Im Winter bin ich munter dran,
Der Winter ist ein Bild der Bahre
Und lehrt mich leben, weil ich kann;
Ihr Spötter redet mir nicht ein;
Der Winter soll mein Frühling sein.
Johann Christian Günther, 1695 – 1723, Gesammelte Gedichte. München, Wien 1981
Der Brocken im Winter
oder der Tag als der Hex über den Brocken fuhr
Anruf-Konversation im Zug:
“Wo warst du?”
“Auf dem Brocken.”
“Was hast du dort gemacht?”
“Nichts.”
Reaktion der mithörenden Wanderer: “Gute Frage!”
Der HEX – wenigstens er an diesem Abend von den Geistern geritten – möchte in diesem Moment zu einem berichtenswerten Event beitragen. Er hebt sich mit Donnergetöse kurz hoch aus den Gleisen, kippt leicht samt allen lose und locker liegenden Dingen, wirft die Schlummernden aus dem Schlaf. Die Schreckensnachricht verbreitet sich: keine Verletzten, keine Felsbrocken auf den Gleisen, aber der Brocken eines wilden Schweines wurde platt gemacht. Nothalt und Inspektion des Zuges in Brandenburg. Schnell entschlossene Anwohner können ihre Fahrzeit mit Sprung verkürzen – hatten die das Schwein bestellt??? Ansonsten kleben wohl nur einige blutige Borsten am Zuglack.
→ Die Ilse im Schnee – meine Wanderung am 4.2. durch das Ilsetal