24. April 2020, ca. 15 km. Eine Wanderung entsprechend der Managementplanung Natura 2000 für das → FFH-Gebiet „Seddiner Heidemoore und Düne“ – ein perfekter Wissenspool!
Rings um den Teufelsee bei Seddin
Kaum 4 Wochen hier nach meiner ersten Wanderung. Der Dünenkomplex und die Kames-Hügellandschaft: knisternd trocken. Staubtrocken. Kein Graswuchs, Moose und Flechten in vertrockenem Zustand. Schmetterlinge: bis auf wenige Zitronenfalter Fehlanzeige. Vereinzelte Hummeln wild brummend und unstet suchend, ohne Nahrungsquelle.
Ansitze auf den Kames, diesen typisch rundlichen Kuppen der Grundmoränenlandschaft. Und siehe da, das Geheimnis des neulich gemähten Waldes lüftet sich: “Wildacker. Nahrung für unser Wild. Lebensgrundlage für Insekten. Futterwiese für die Singvögel. Steigerung der Artenvielfalt. Landschaftsästhetischer Baustein … Bitte nicht betreten…”. Märchenland mit nigelnagelneuer Jagdkanzel.
Keine Frage: das Wild schadet massiv. Unmittelbar im sensiblen Bereich des Teufelsees allerdings: Angler und Spaziergänger schaden in unvorstellbar schlimmerer Weise. Ich verzichte auf Fotos. → Klopapier-Coronakrisennotstand hat es hier keinesfalls gegeben – im Gegenteil. Vielleicht eine Cholera-Ruhr-Epidemie.
Teufelsee und westlich liegendes Moor
Meine Suche nach Resten des neulich gesichteten vertrockneten Rundblättrigen Sonnentaus: umsonst. Die tiefen Wasserlöcher am Ufer: ausgetrocknet. Ich sammle Angler-Plastikreste. Die Verantwortungslosigkeit ist unverständlich.
Vorsichtig greife ich nach wuschligen Puscheln. Schleimig? Zuckend zwischen den Fingern. Hirnleistung und Ekel falsch: nichts als wunderweiche Ballen riesiger Weidenkätzchen.
Teufelsfenn
Für Zuzügler: Fenn, im niederdeutschen Raum eine morastig-sumpfige Niederung oder ein Moor.
Der Augenschein täuscht. Solch abgestorbene Birkenstämme bedeuteten für mich lange Zeit die Anzeiger für ein gesundes, nasses und vielleicht sogar noch wachsendes Moor. Nein, diese Birken wurden künstlich geringelt, also die Wasserleitung unterbrochen. Erst dadurch wurde der hohe Wasserverbrauch der jetzt absterbenden Bäume gestoppt. Trotz allem: nirgends ragt ein grünes Hälmchen aus den Bulten und die Trompetenflechte (Cladonia) ist ausgebleicht und spröde.
Oberflächlich sind die Seddiner Heidemoore jetzt im Frühjahr gut auszumachen. Schon aus der Ferne heben sich die lindgrün leuchtenden Birken von den umgebenden Kiefernwäldern ab. Die Wasser gefüllten Kolke glitzern als silberne Streifen.
Seddiner Heidemoore dazwischen
Nicht mehr zu retten. In früheren Zeiten gezogene Gräben, Verfüllungen. Überwachsen.
Versteckt am Ende eines endenden Weges eine der Senken, die Verbindungsglied der wie Perlen aneinander gereihten Seenkette der Seddiner Heidemoore sind.
Dasenfenn
Neben dem Teufelsfenn gehört das Dasenfenn ebenfalls zu den längst selten gewordenen Mooren mit (einst?) guter Qualität der Vegetation. Der undeutliche Stichweg endet an einer inzwischen auseinander gefallenen Müll-Sammlung. Mitten im Kolk ein Autoreifen. Vor der Trockenheit? Nach der Trockenheit? Vor oder nach dem Managementplan?
Die Sonne brennt hoffnungslos: Wasser-Krise.
4. – 10. August 2019, Moorwiedervernässung durch das Bergwaldprojekt in Zusammenarbeit mit dem Nationalpark Jasmund.
Liebe Wandersleut, versucht euch einmal! Mehr und alles genau zu erfahren im → Bergwaldprojekt
Mitten im Nationalpark Jasmund, abgeschnitten von der digitalen Welt, leben wir in unseren Zelten rings um eine einfache Jagdhütte. Längst schuften wir im Wald, wenn die Autokarawanen vorbei brausen.
Projekteinstieg Moorwiedervernässung
Arbeit gegen den Klimawandel: Moorböden können zehnmal mehr Kohlenstoff speichern als Wälder. Aber mit Zahlen kann hin und her geschoben werden. Fakt ist: Moore sind unwiederbringliche, besondere Lebensräume. Nichts belebt ein über Jahrhunderte gewachsenes, gänzlich trocken gelegtes Moor wieder. Aktuell geht es um den Erhalt unserer letzten Moore und die Biodiversität unserer Landschaften.
Letzte Arbeiten an einer Moorwiedervernässung noch von der voran gegangenen Projektwoche: die Mühsal des gesamten Ablaufes ist kaum zu ahnen. Locker, locker feste fest treten…
Wer großes Glück hat, findet sogar ein tief schwarzes Knochenstück. Weder dieses noch der frischere Knochen stammen von einem Menschenopfer. Immerhin: ein Stück Schulterblatt eines Rothirsches. Das Alter ist unklar.
Moorwiedervernässung I
Eine Moorwiedervernässung von Anfang bis Ende miterlebt, sorgt für ungefähre Kenntnis des Ablaufes. Der stellt an jedem Standort immer und immer wieder bisher so noch nicht gelöste Probleme.***
Die Werderwiese Richtung Süd. Hinter dem Wald liegt die einstige Oberförsterei, ein repräsentativer Backsteinbau vom Ende des 19. Jahrhunderts.
Steine im Boden mit späten Bohrungen: also wohl ein früheres Brücklein über den Entwässerungsgraben. Und noch früher? Die ausgewiesenen slawischen und germanischen Bodendenkmale auf Rügen stellen einen Bruchteil des einst Vorhandenen dar.
Am Vortag cm-genau abgestochen, ausgehoben und ausgeschöpft: der Graben zieht unendlich Wasser – das Trockenlegen einst war sichtlich erfolgreich.
Wassereimerkette zu Sisyphos… und dann zerstoßenes, wasserundurchlässiges, reines Kreidegestein als Grundmasse.
Im denkbar schmalsten Arbeitsschacht entsteht das Holzbauwerk mit Präzision: eine Nut-Feder-Verbindung.
Die Sperre steht: jetzt das Mixen eines aus Sägespäne, Aushub und Wasser bestehenden, künstlichen Moorbodens.
Moorwiedervernässung I, Endphase
Letztendlich das Bepflanzen mit Binsen. Eine nette Arbeit, wär da nicht im Vorfeld die Schufterei des Ausstechens in einer auf immer ausgetrockneten Fläche. Dumpfer Ton: der Wiedehopfhacke stellt sich das alte Nadelholzgewurzel quer und störrisch entgegen.
Hoffen wir das Beste für die Werderwiese. Besorgnis erregend tragen die Buchen ringsum schwer an ihren Früchten. Da sprachen die Bauern früher von einem kommenden, harten Winter. Ich denke an das Phänomen “Notblüte”: verzweifelter Versuch des Überlebens durch Nachkommenschaft.
Moorwiedervernässung II
Regengüsse – Zeitverzug
Ach ja – “einfache Jagdhütte”. In etwas mehr als Bodenhöhe in der feuchtnassen Atmosphäre mag “einfach” sogar übertrieben sein.
Aber: mit beheiztem Holzofen und Blick in den reichhaltig bestückten Trophäenwald fühlt sich der Fluchtort eher exklusiv herrschaftlich an.
Moorwiedervernässung II – fast der Endzustand
Wenn ich selbständig höchstens noch mein Bein ohne Stiefel aus dem Schlamm retten kann und vor Schwäche nur noch wackelnd fotografiere, da springen andere fast (aber nur fast) mühelos ihre Stampfrunden. Bitte diese Kunst mit Klick ins Bild (in neuem Fenster) so gut wie live genießen!
Frischer Schwung zur Exkursion
Yoga oder Wäsche trocknen? Beides eine empfehlenswerte Art, die Glieder zu lockern. Meist stellt sich erst zum Ende einer Projektwoche heraus, dass alle Teilnehmer/innen zusammen durchaus ein meditativ ausgerichtetes Kampfsportteam bilden könnten.
Durch den Nationalpark Jasmund
Eine frische Brise gibt es glücklicher Weise nicht zur Exkursion mit Dr. Ingolf Stodian vom NP Jasmund. Ansonsten lauert wohl ständig der Tod, wenn nicht der eigene, dann doch der aller besonders prächtigen “Mutterbäume” – deutlich umringt von ihren wesentlich jüngeren Nachkommen.
MEGABAUMGEFAHR
Die Weißfäule ist sichtbar, die Braunfäule wächst eher versteckt im Holzkern.
Viel Halt haben die auf der undurchlässigen Kreide notgedrungen flach wurzelnden Riesenbäume ohnehin nicht. Vom Wassermangel ganz zu schweigen. Mit ständigem Knacks und Krach in die Waldesstille bohren die Bäume ihre vertrockneten Äste wie Speere (hoffentlich) neben die ahnungslosen Wanderer.
Bodendenkmale
Etwa 550 Bodendenkmale sollen auf Rügen noch erhalten sein. Die ausgewiesenen sind bis auf die Highlights nur mit kundigem Auge zu entdecken: eine alte Köhlerstelle mit spärlich entstehender Terra Preta zwischen der dünnen Humusschicht, ein Mahlstein, ein Opferstein mit schalenartiger Vertiefung und Näpfchen, der experimentell archäologische Versuch einer Bestattung.
Schluss und Aus
In der Ostsee ein letztes Bad. Zum Abschlussessen hat ausnahmsweise nicht der Bergwaldprojekt-Koch den “Vogel” abgeschossen.
Glücklich isst,
wer vergisst,
dass er Vegetarier ist…
***Nein: ich werde das weder beschreiben noch besingen. Für ersteres zeichnet Lutz Rohland im Bergwaldprojekt verantwortlich, lesenswert im “bergwaldjournal” 2016, Ausgabe 15 – ein bestgestaltetes Heftchen für Fördermitglieder. Hier nur Bilder – keineswegs von allen Arbeitsgängen: Hände und Kopf sind selten frei zum Fotografieren.
Singend: → Ernst Busch, die authentischste Version des von Hans Eisler vertonten Moorsoldaten-Liedes.
13.07.2019, Natur von Menschenhand: Wiesenpflege / Heuernte im NSG Biesenthaler Becken mit dem Wandersportverein Rotation Berlin, Leitung Wolfgang Pagel, in Zusammenarbeit mit dem Naturpark Barnim
Die zweite Mahd
Eine Sage erzählt vom untergegangenen Dorf Stresow an der Stelle des Streesees.
Und sagenhaft lange schon (oben im Bild und mehr dazu ganz unten) wird die Wiese des dortigen Quell- und Durchströmungsmoores in Zusammenarbeit von Wandersportverein Rotation Berlin und → Naturpark Barnim gepflegt.
Untergehen war in jedem Jahr aufs Neue in der mit Gräben trocken gelegten Wiese angesagt. Verbliebene Untiefen waren berüchtigt, aber dann auch bekannt.
Erfolgreiches Wiedervernässen macht häufiger und überraschend akrobatisches Können unumgänglich.**
Egal ob Mensch, Plane oder Baum: unser Arbeitgeber ist beim Ziehen Spitze!***
Leichtfüßig schwebt der Europäer eben selten. Erstaunlich sind solche kulturellen Unterschiede manchmal sogar am Schuhwerk abzulesen.
Dem Arbeitsziel zuträglich: Forken-Akrobatik in Vollkommenheit.
Abtransport in den Erlenwald. Bis vor ein, zwei Jahren wurde das Schilf noch zum Verfüllen der Gräben gebraucht. In den nächsten Jahren könnte es vielleicht zur Materialquelle werden.
So gut wie geschafft und “geschafft”.
Sahne extra
Zum Abschluss: süße Spende für alle.
Vorschau Rabenluch
Die Zeit reicht für einen Abstecher ins Kesselmoor Rabenluch. Weithin Verbuschung. Das soll sich ändern. Kiefern und Birken geht es an die Wurzel.
Erst einmal bezieht sich der Himmel. Dann prasseln kurz dichte, warme Tropfen cm-groß auf uns nieder.
In vergangenen, weniger heißen Jahren, verottete das Holz schnell auf der Moorfläche.
Dazwischen der ungeliebte Faulbaum, der sich mit den stärksten Widerständen verwurzelt. Nicht einmal vom Wild wird er verbissen: also raus!
Von gezupften Handsträußen bis zu gedrungenen, dickstämmigen Birken reicht der Einsatz: hacken und ziehen.
Die braune, lockere Masse des Torfbodens liegt bis zu dem Meter, den wir mit den größten Birken aushebeln, trocken. Rückstoß und Versinken erlauben mehr Heiterkeit als im Quellmoor Streesee.
Eine Mooreidechse, aufgestöbert an ihrem Baumwurzelversteck, verschwindet – ohne Foto – noch flinker im Gras.
Problem Wildverbiss. Es könnte eine Mär sein, dass Reh- und Rotwild allen Jungwuchs schändend durch die Wälder streifen. Die Tiere haben ihr 5-Sterne-Lieblingslokal zur Bonsai-Kugel gezüchtet. Im Umkreis darf alles wachsen wie es möchte.
Die Frage nach dem Sinn
Nicht alles gelingt, vor allem den Moorprojekten. Gegen die Nährstoffbelastung durch landwirtschaftliche Einträge oberhalb des Streesees ist kein Kraut gewachsen. Vielleicht hätte der einstige Quergraben entlastet. Warum nicht die Verursacher zum Umdenken zwingen? Im Zeitalter des Klimawandels gibt es das “Naturgeschrey”. Aber politisch geschieht alles ohne Haftung und im reichsten Land der EU das meiste oder besser das wenige für die Natur ehrenamtlich.
Beispielhaft vor der zweiten Mahd: im Verlandungsbereich am Streesee ein üppiger Wiesenwuchs als Insektenparadies: Blutweiderich, der gelb blühende Sumpf-Hornklee, rechts die vertrocknete Blütentraube einer Binse.
Ringsum die wiedererweckte Moorwiese. Was für Argumente gäbe es gegen das Wiederbeleben solcher Artenvielfalt?
…und die Frage nach dem Nutzen
Das Rabenluch als Kesselmoor mit völlig anderer Flora und Fauna.
Verblühtes Wollgras: schwarz verklumpt, kaum erahnbar die weiße Flockenpracht im Frühling.
Auffällig der buschartige Sumpfporst, manchmal als große Fläche, hier im Bild neben Pfeifengras.
Sumpfporst: eine wunderschöne Pflanze mit einem angenehm herben Duft, an Lavendel erinnernd, daher vielleicht früher ein Mottenmittel.
In den Tiefen zwischen den Bulten die Polster von Sumpftorfmoos in braunen, gelben, roten Farbtönen. Sonnentau ist seit Jahren verschwunden, obwohl gerade solche Flecken verdammt nach seinem Vorkommen aussehen.
Aktuell reifen die Moosbeeren.
Die Moore Streesee und Rabenluch sind klein mit kaum mehr als 10 ha. Während über die Ursache des Klimawandels immer wieder sinnlos gestritten wird – hier ist es augenfällig: die ringsum reinen Kiefernnutzwälder sind menschengemachte Umweltsünde. Nichts tun, alles der Natur überlassen? Dem ist verantwortungsbewusst alles nur irgend mögliche entgegen zu setzen.
**Dank an unseren Wanderleiter Wolfgang Pagel, der jede Gefahr ignorierend, eine wunderbare Dokumentation zur Verfügung gestellt hat. Daraus 3x “ego” mit seinem copyright.
***Für die fachlich kompetente Begleitung in jeder Lage und Situation herzlichsten Dank von uns allen an den unermüdlichen Volker vom Naturpark Barnim!
Quellmoor Streesee seit 2008
Diese Bilder sind mit Klick zu vergrößern! Kaum mehr wiederzuerkennen, stimmt’s!?
30.05.2019, im Blütenhimmel mit Wolfgang Pagel und dem WSV Rotation Berlin. Von Lanz zum Landschaftspark Gadow, auf dem östlichen Zweiseitenweg am Rambower Torfmoor zur MoorScheune Boberow, weiter bis Bahnhof Karstädt.
Die traditionelle Wanderung zum Himmelfahrtstag in einen Rhododendron-Blütenhimmel wieder einmal in die Prignitz und den Schlosspark Gadow – mit 28 Kilometern auf der bisher kürzesten Route. Dafür sind es in diesem Jahr mehr Wandersleut als Kilometer.
Der Schlosspark Gadow
Die einsame, nördliche Brandenburger Ecke besitzt einen Höhepunkt: Schloss Gadow mit riesigen Büschen Rhododendron. Wie kleine Gebirge blühen sie aus ihrer Umgebung hervor. Ausgebreitet haben sie sich bis über den Landschaftspark hinaus.
Der Baumbestand des alten Schlossgartens überrascht mit uralten Solitären, so alt, dass der Bestand sukzessive bereits erneuert werden muss.
Buchen mit dicken Überwallungen, knorrig ineinander verwachsen…
Wohl vom ehrgeizigen Schlossherrn und Gärtner* gequält zu bizarrer Gestalt…
Der Stamm mit borkiger, rauer Rinde, so reckt eine Platane ihre Äste.
Alte Eichen und sehr versteckt ein Baum von sagenhaften über 1000 Jahren – ein Märchen oder doch eher die Verwandlung all des nordisch Heidnischen in die Symbolik eines schattenhaft Erhängten, Gekreuzigten, Gequälten?
NSG Rambower Torfmoor
Im Naturschutzgebiet gehen wir auf der östlichen Seite des Moores ganz geradeaus mit Blick auf die als Weiden genutzten Wiesen.
Das Rambower Moor liegt über dem Ausläufer eines gigantischen Salzstockes, der sich von hier bis ins niedersächsische Gorleben erstreckt.
Kurz vor einem kleinen Laubforst von einer Plattform aus: die Fläche des Rambow-Sees leuchtet schmal aus den Wiesen.
Das Torf-Moor dieser “Rambow-Lenzener Rinne” wird als seltenes Brutgebiet vor allem durch Beweidung erhalten. Prächtiges Futter für die Rinder!
Das wissen einige von uns nur zu gut. Ziel und Hoffnung ist daher die MoorScheune Boberow mit einer der besten Würste der Welt. Es hat trotz der Menschenmengen in diesem Jahr sogar geklappt mit den Moorknackern.
Hier nicht nur meine absolute Empfehlung für dieses Angebot der → MoorScheune Boberow.
Gelungener konnte die Wanderung nicht sein! Gerne wieder!
*Gadow gehörte zu den Besitzungen des in der Prignitz tätigen Adels von Moellendorff und von Wilamowitz-Moellendorff. 1829 begann die Umgestaltung des Schlossparks in den dendrologisch bedeutenden und weiträumigen Landschaftspark.
6. April 2019, 28 km von Hoyerswerda zur Krabat-Mühle in Schwarzkollm mit dem WSV Rotation, Leitung A. und E. Böhringer
Wo die Oberlausitz sich irgendwie falsch anfühlt
Hoyerswerda: Region Oberlausitz, sieht landschaftlich aus wie Niederlausitz. Sogar das 65+ Ticket funktioniert einige Kilometer jenseits der Grenzziehung Brandenburg – Sachsen. Böhmen, Preußen, Schlesien, Thüringen. Leipzig, Dresden, Görlitz, Bautzen, Spreewald, Berlin. Historisch verbandelt. Aktuell wird die Lausitz vorzugsweise als Seenland vermarktet. Noch gibt es aber auch das Teichland.
Kein Braunkohletagebau, sondern ein Fischteich mit abgelassenem Wasser! Von der sorbischen Sagengestalt Krabat wird inzwischen erzählt, er wäre von einer düsteren Stimme in den Tagebau “Schwarze Pumpe” gerufen und verwandelt worden für das Abbaggern der sorbischen Dörfer. Ohne Krabat als Zahnrad würde die Maschinerie so wenig funktionieren wie einst die Schwarze Mühle ohne den zwölften Gesellen.
Einst soll es Krabat gewesen sein, der die Moorlandschaft durch Gräbenziehen in fruchtbares und reiches Land verwandelt hat. Auch gegen das Fieber aus den Sümpfen. Hinter Krabat folgte ein zweiter Pflug, ein dritter… “Jeden scheint Krabat zu führen”, so beendet Jurij Brězan die Geschichte.
Im Teichland ist nach wie vor Fisch fast ein Grundnahrungsmittel. Jod tropft noch nach Generationen förmlich aus den Poren. Für den Erhalt von Fröschen und Störchen muss sehr viel mehr getan werden. Würde Krabat heute sterben, müsste als Anzeige für das außergewöhnliche Ereignis kein Schwan bemüht werden, ein inzwischen ebenso seltener Weißstorch täte es auch.
Wenn es Ostern wird
In diesem zeitigen Frühling und in Zeiten des Klimawandels sieht alles nach glücklicher Lausitz aus – die blühenden Magnolien nun doch eher sächsisch.
In Dörgenhausen putzen die Alteingesessenen ihr “Němcy” – in trauter Einigkeit Sorben und Deutsche, Katholiken und Evangelische. Seit Urzeiten ist Gemeinschaftssinn vor allem zwingend für die Regulierung des Wasserstandes im Land.
Und: das Osterfest steht vor der Tür. Ostern in der sorbischen Lausitz übertrifft in gewisser Weise Weihnachten.
Ich habe Osterreiten und Waleien*** 1950 in Bautzen erlebt und nie vergessen. Die Dörgenhausener nehmen teil an der Wittichenauer Osterreiterprozession. Vielleicht auch vorbei an diesem Wegekreuz.
In der Pfarrkirche von Wittichenau wurde „Johann von Schadowitz“, begraben. Er gilt als die historische Vorlage für die Sage von Krabat, dem “sorbischen Faust”. Groß-Särchen wird in der „Chronik Wittichenau“ als Gut des kroatischen Heeresobristen Jan Sadovic genannt, wo er als der “Krabat” auch 1704 starb.
1950 sah es allerdings nicht aus als hätte in Groß-Särchen oder gar bis Hoyerswerda hinein ein Krabat gewirkt.
Ziemlich echt: Wittichenau und Mühle
Wie von Krabat liebevoll verzaubert: der Marktplatz von Wittichenau, im Hintergrund die besagte Pfarrkirche.
Die Krabat-Stele: Hans Eickworth (1930 – 1995) als Künstler wird selten genannt. Freilich wäre die Stele als Volkskunst bunt wie ein sorbisches Osterei.
Diese farbenfrohen Ostereier gibt es nur noch museal. An den Bäumen klimpert grelle Plaste. Ein Ei wie das andere. Ach Krabat, flüstere den Sorben doch ein, dass die Tradition mit Edding-Stift als ebenfalls nur andere Technik nicht brutal gebrochen werden müsste.
Wir gelangen inzwischen elegant zur einzigen, in dieser Gegend noch erhaltenen Wassermühle am Schowtschickweg.
Einst waren es fünf Wassermühlen. Die im Landschaftsschutzgebiet unter Denkmalschutz stehende Schowtschick-Mühle wurde um 1500 erbaut.
Zwar klappert es nicht mehr, aber zumindest rauscht es noch kräftig.
Geheimnisse im Dubringer Moor
Im Biosphärenreservat “Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft” fällt das Naturschutzgebiet “Dubringer Moor” als riesiges Niedermoor, teilweise mit Hochmoorcharakter, auf jeder Landkarte auf.
Der durchschnittliche Jahresniederschlag liegt unter dem deutschen Durchschnitt. Wir haben einen trocken heißen Tag erwischt. Der Gedanke an brennende Moore liegt näher als der an das Versinken in wässrigen, trügerischen Oberflächen.
Im südlichen Teil des Dubringer Moores, auf dem Weg von Wittichenau nach Dubring, liegt das “versunkene Schloss”. Die Sage erzählt von seinen Besitzern als höchst grausamen Menschen. Der Burgwall ist erkennbar, der Sumpf nicht. Das dumpfe Heulen aus der Tiefe bleibt uns erspart – 32 Wanderer waren wohl zu beängstigend für das Personal.
Der Wald wird hügelig. Ein Stein am Fuße des Gerichtsberges erinnert an einen verunglückten Forstarbeiter. 182,4 Meter über Normalhöhe erklimmen wir noch diesen höchsten Punkt der Blaubeergegend, mit Feuerwachtturm und Resten eines Vorgängerturms.
Gespielte Heimat
Straßengerade und gefühlt verirrt stoßen wir wie der Hirtenjunge Krabat auf die Schwarze Mühle. Krabat erlernt dort (aber nicht hier – das ist Filmkulisse) nicht nur das Müller-, sondern ebenso das Zauberhandwerk. Gefangen und nur als Raben frei ins Land entlassen, verfällt jährlich eine der zwölf Schülerseelen dem Zauberer. Was soll’s mit der Seele im Zeitalter der Eventkultur. Wir fühlen uns gerettet mit schwarzem Bier und schwarzem Eis.
Am Ende sind wir noch vollzählig. Aber ich schwöre: Richtung Bahnhof Schwarzkollm, an der langen Straße mit riesigen Dreiseiten- und Vierseitenhöfen, sitzt ein schwarzer Rabe am anderen.
***Ich werde mein Ostereigeschenk nie vergessen. Nie wieder hab ich ein so kunstvolles gesehen: blau-weiß, gekratzt. Es wurde gegessen (natürlich, 1950…). Nur eine halbe Schale gerettet und lange aufgehoben.
Was ist das? Kann weg.
So ist das, wenn jemand als Rabe bei den Hühnern aufwächst.
Nichts kommt überraschend
Sofern es nicht um das angesagt sportliche Wandern geht, sondern um meine Umwelt und die meiner Enkel, brauche ich – anstatt zu wandern – nur noch in die “Kiste” zu greifen. ARD Info-Nacht 3. Mai 2019: das Dubringer Moor in Gefahr! Trockenheit. Sogar die Moorfrösche bleiben aus. Die Bewässerung des Moores aus dem Vincenz-Graben, den wir auch bei dieser Moor-Wanderung überquert haben, scheitert an der Grenze Brandenburg : Sachsen. Kleinstaaterei im 21. Jahrhundert. Der Link zu diesem Ranger-Interview ist nicht zu finden. Einzig und allein touristische Angebote in eine heile Welt. Das politische Brandenburg hat sich 2019 die Förderung des Tourismus auf die Fahnen geschrieben.
Fahrn wir doch nochmal schnell mit dem Auto hin!
der Umwelt-Paparazzi
14.10.2018, mit Eckhard Knauer und dem Wandersportverein Rotation Berlin in die Niederlausitz: eine ca. 25 Kilometer lange Wanderung zwischen Gahrower Buchheide und Weißacker Moor.
Zum NSG Gahrower Buchheide
5 Uhr: Weckerklingeln für den RE5 ab 7:12 Hauptbahnhof Berlin. 10 Wandersleute reisen in Walddrehna an. Mit und ohne Fahrkarten. Wir schaffen das!
Walddrehna westlich vom “Lausitzer Grenzwall”, mittig Niederlausitzer Landrücken: Ausgangspunkt zu den Naturschutzgebieten Gahroer Buchheide und Bergen-Weißacker Moor.
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Der erste Waldbach zeigt an: die Niederlausitz ist nicht die öde Streusandbüchse der Braunkohletagebaugegenden. Die alten Wenden liebten es feucht.
Erst etwas höher auf den “Bergen” stehen sie: Kiefern, Kiefern, Kiefern. Forstfahrzeugrinnen als gerade gezogene Dreckswege. Wegelos quer ginge es zumindest staubfrei über staubtrocken knackendes Gehölz. Noch hat der Wanderleiter demokratische Anwandlungen: die Mehrheit möchte nicht den allerersten „Berg“ von ca. 50 Metern erklimmen.
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Das Wetter ist herrlich, die Aussichten lieblich. Nun aber endlich hinein in die kleine Wildnis von Feld- und Zaunrändern, von Wald- und Weiderändern…
Elf Kilometer bis die Buchheide erreicht ist.
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Nach der Eiszeit abgelagertes toniges Material bildet den Boden für das natürliche Vorkommen von Rotbuchen. In Wechselwirkung folglich mit dem kühl-feuchten Lokalklima am Nordhang des Niederlausitzer Landrückens ist der hier im Gebiet sonst seltene Bestand gewachsen. Wege sind vom dichten Laubfall bereits unkenntlich.
Nach etlichen Parasol von den Wiesen fasse ich im angestammten Lebensraum einen prächtigen Steinpilz. Lag es an den aufgesammelten, auch im Beutel liegenden Äpfeln oder der Wärme des Tages: zum ersten Mal in meinem Pilzleben traue ich zu Haus dem Zustand meines weiß-grünlich schimmernden Fundes nicht mehr.
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Das Weißacker Moor
Am westlichen Rand des Moores entlang: Kiefern und Moorbirken, ein typischer Moorwald. Der Boden nährstoffarm und sauer. Trocken nicht nur von der gespeicherten Sonnenenergie, der entwickelten Hitze. In diesem Jahr gab es seit April bis heute in ganz Brandenburg so gut wie keinen Niederschlag. Morgens keinen Tau, keine Verdunstung, keine Luftfeuchtigkeit. Mit der Jahres-Niederschlagsmenge in L pro m2 liegt Brandenburg statistisch ohnehin vor Sachsen-Anhalt an vorletzter Stelle in Deutschland.
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Nein, nicht immer versinkt der Mensch, nicht überall strecken gruselige Moorleichen ihre verdorrten Finger aus dem Grund. Aber wenigstens kleinflächige Wasserstellen müssten zu finden sein. Fehlanzeige. Ein früher genutztes, kleines Torfloch sieht verlandet aus. Das Schilf steht steif vertrocknet.
Im gesamten Uferbereich kein Morast, keine Torfmoose. Tröstlich schreien Kraniche in der Ferne. Es muss Wasser geben. Die Entwässerungsgräben aus Zeiten der Torfstiche wurden verschlossen. Wasser wurde zur Durchströmung, Wiedervernässung und Renaturierung aus dem Tagebau von Osten her zugeleitet. Das dort Wasser abziehende Grubenloch wurde verfüllt.
Unsere Pause ist zu kurz, um doch noch in der Folge kleiner Geländesenken ein “Moorauge” zu finden.
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Goldgelb sticht eine großflächige Senke ins Auge. Sonnengefärbte Torfmoose? Der Untergrund aus der Nähe und bis in die Mitte: eine unergründliche Schicht purer, fest getrockneter Eisenockerschlamm. Nicht eine einzige Trittspur ist geblieben.
Wie sich das Weißacker Moor insgesamt entwickelt, weiß niemand. Eine Lösung für die durch den Braunkohletagebau überall verursachten massiven Verockerungen bis in die Spree hinein, ist nicht in Sicht.
Ausführliche Infos zu den zahlreichen Brandenburger Mooren sind → hier nachzulesen.
Im Gewirr der Namen zum Waldhaus an der Papiermühle
Zurück in die Niederung mit Wiesen und Weiden. Alte Eichen säumen alleenartige Wege. Ein Findling mit unleserlicher Inschrift. Die Computervergrößerung macht es möglich: …v. Stephen, 1896. Für Heinrich von Stephan, den Begründer des Weltpostvereins und des Deutschen Postmuseums in Berlin, den Initiator des deutschen Telefonnetzes, war es also nicht. Leute, Leute: denkt an die Nachfahren. Spät, aber sie werden irgendwann neugierig! Infos gibt es ebenfalls nicht am Trassenbau zwischen Weißack und Weißacker Pechhüttenweg.
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Überhaupt die unentbehrlichen Infos! In unterschiedlicher Schreibweise gab es vier Dörfer mit gleich lautendem Namen in der Niederlausitz. Ein Wei… oder Wei… ist abgebaggert. Die Lausitzer Buchweizenplinsen sind eine Spezialität von Weissag im Lukaitztal, wo auch noch der Buchweizen kleinflächig angebaut und gemahlen wird und ein schwarzdunkler Buchweizenhonig produziert wird. Weißack mit seinem Hochmoor liegt dagegen nordwestlich von Crinitz und wartet mit urigem Waldhaus und Pension auf. Muss man wissen, wenn man die regionalen Buchweizenplinsen essen oder die alte Mühle vorgeführt bekommen möchte. Wir möchten diesmal nicht. Einige erkennen trotzdem mit freudigem Grinsen das Waldhaus mit dem fehlenden Plinsenangebot. Ja, da warn wir schon einmal und in Weissag mussten die Wirtsleute ihre Plinsen allein essen.
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Richtung Walddrehna steht der Wald wieder auf Sand, Sand, Sand. Die Hügel sind als oberste Stufe des Waldes mit ausschließlich Kiefern bewachsen, die Ansitze gezielt in die Senken mit ihrem krautigen Grün gerichtet. Ab und zu eine blaue Info-Tafel: “Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete. Vorhaben zur Vorbeugung von Waldschäden gem. EU-MLUL-Forst Richtlinie vom 14.10.2015” – wir haben einen Jahrestag erwischt.
Den “Mosesberg” von geschätzten 60 Meter Höhe möchte niemand mehr erklimmen.
Vor Walddrehna noch einmal über die Wiesen und über schlammtrockene Gräben in der ehemals vernässten Niederung.
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In Erinnerung bleibt von einer der immer sehr speziell geführten Wanderungen wieder ein kleines Abenteuer mehr.
Die Bilder sind mit Mausklick in einem neuen Fenster vergrößert zu öffnen.
23.6.2018, EXKURSION
Bergwaldprojekt im Biosphärenreservat bayrische Rhön vom 17.6. bis 23.6.2018
Das Biosphärenreservat Hohe Rhön ist bekannt für seine raue Witterung. Trotz Kälte und Regen: Gebietsbetreuer Torsten Kirchner (Mitarbeiter der → Bayerischen Wildlandgesellschaft mit Hauptaufgabe Naturschutz) führt unser Team vom Bergwaldprojekt durch das → “Schwarze Moor” (unsere Führung war zu informativ, um hier nur Bruchstücke wiederzugeben).
Seit 1934 richtete die Reichsleitung des Arbeitsdienstes Barackenlager für den Rhön-Aufbau ein, davon eins zur Entwässerung des Schwarzen Moores. Seit 1935 galt eine Arbeitsdienstpflicht von einem halben Jahr für alle 18- bis 25-jährigen Männer und Frauen. Mit Kriegsbeginn wurden die Pläne zum Aufbau der Rhön unwichtig. Das Schwarze Moor ist dadurch als naturnahes und größtes Moor der Rhön erhalten geblieben. Torfabbau hat nie stattgefunden.
Etwa 20 km und 6 Stunden Solo ins Plagefenn und zu den Plageseen zwischen Chorin und Liepe
Warum die Mönche Kutten mit Kapuzen tragen und ich 2x im Amtssee bade
Dass Chorin seine Existenz und seinen Ruf dem Zisterzienserkloster verdankt, muss ich nicht ausführen. Inwieweit Mönchskutte und Kapuze – in meinem Fall eine zu abgespeckte, moderne Variante – nichts als einen noch nie und von niemandem in Erwägung gezogenen Schutz vor teuflischem Getier haben, wäre eine Überlegung jenseits aller christlichen Interpretationen wert…
Wenigstens gewährt der Amtssee wohltuende Kühlung nach dem ersten Begrüßungsstechen und zuletzt eine schlussendliche Entledigung fast* aller versteckten Blutsauger zwischen Hemd und Hose.
Welcher Waldwinkel im gesamten Amt der fleißigen Mönche aber genau den Namen “Mückenwinkel” verdient, habe ich nicht herausgefunden. Wehe, der Fuß gerät an den Rand der breiten, splittigen Wanderwege oder den der schmalen, alten Straßen mit ihrem Kopfsteinpflaster. Es könnte sich jenseits aller Moorleichenangst bewahrheiten:
Wer sich in die Natur begibt, kommt darin um.
Vom Plagefenn zum Großen und Kleinen Plagesee und mehr dergleichen
An den Sümpfen und Wasserstellen selbst sind die Mücken rar. Und auch wenn mir die Idee zu dieser Wanderung der Herrentag eingab: die Plagen haben ursächlich nichts mit dem männlichen Geschlecht zu tun. Plage bedeutet vom slawischen plaviti abgeleitet alles mögliche um die Begriffe schwimmen, flößen, Ufer etc.
Als Fenn wird im Brandenburgischen ein versumpfter oder vertorfter Binnensee, auch ein Teich – immer ohne festen Boden – bezeichnet. Nix mit Füße rein und planschen… Schon in Ufernähe versteckt sich unter den Blättern manch tiefes Schlammloch. Das Naturschutzgebiet verbietet das Betreten außerhalb der Wege ohnehin. Die Vorschrift hat eine glückliche Ausnahme: jenseits der mit Wanderzeichen geführten Route sind Wege kaum mehr kenntlich und haben natürlich kein ausdrückliches Ziel, schon gar kein von Mannsleuten ersehntes. Ich bin naturnah einsam. Total einsam bis auf flüchtige Begegnungen an drei Wegkreuzungen. Und eine Begegnung der schlimmsten Art: Richtung Liepe ein Bier- Schnaps- und Tütenrestetisch – ohne Menschen.
Meine Wanderstrecke kann ich nicht beschreiben. Wo zwischen Chorin und Brodowin oder aus Richtung Nettelgraben die Wege an den “Plagen” vorbei führen, da ist nicht mehr als “vorbei”. Jetzt aber bin ich wie mittendrin gefangen zwischen unzähligen kleinen Waldsümpfen, Brüchen, Hoch- und Tiefmooren, Wasserlöchern oder tiefen Kuten (Gruben) – ununterbrochen sich aneinander reihend. Irgendwann gerate ich auf eine Halbinsel. Doch: es geht ein schmaler Erdsteg weiter! Keine Karte scheint diese Wege zu verzeichnen. Nicht einmal die von kaum mehr lesbaren Wegweisern – Wurzelweg, Fennweg. Mich reizt sowieso nur das unbekannte Dazwischen.
Es gibt allerdings Führungen durch das Plagefenn.
Jedes feuchte Biotop hat seine ganz eigene Oberfläche: Farbigkeit, Bewuchs und Ausstreckung – alles unterschiedlich. Wer das Revier mehrmals begeht, hat wohl keine Schwierigkeit, sich zu orientieren. Wahrscheinlich sind sogar manche meiner Fotos topografisch zu identifizieren. Aktuell weiß ich nur: mein Weg führt unablässig und immer an, meist sogar zwischen diesen Wasserflächen hindurch – eine erstaunliche Erfahrung in diesem trotz allem ringsum hügeligen Gebiet, geologisch als eine Mulde vom Lieper Endmoränenbogen beschrieben.
Außer Mückengesumm, Vogelgezwitscher und vereinzelten Kranichrufen: → Stille. Erst im Sumpf bei Liepe gibt es ein Froschkonzert, das wie unablässig pumpende Maschinen klingt. Quaken kombiniert mit dem Platsch unzähliger, kleiner Sprünge?
Einmal fliegt erschreckt ein Stockentenpaar auf. Die Blumenbinse trägt bereits ihre kugligen Wuschel und die weißen Blüten der Wasserfeder leuchten unerreichbar für ein gutes Foto.
Trotz der Stille – als sich der Himmel bewölkt und die Zeit reichlich fortgeschritten ist: o schaurig ist’s, in Gedanken an Annette von Droste-Hülshoff weit entfernt von sicheren Wegen durchs Moor zu gehn… weh, weh, meine arme Seele…
und konkret bei mir selbst vom 11. bis 12. Mai schmerzlich juck kratz juck kratz kratzkratzkratz
*…die Zecke hat weiter gebissen…
Was wäre noch anzumerken? Wie üblich eine Wochenendausnahme: S-Bahn-Schienenersatzverkehr zwischen Buch und Bernau. Nicht verbreitet wird, dass auch die Regionalbahnen in Bernau einsetzen bzw. enden. Wer die versteckte Busabfahrtsstelle in Buch nicht schnell findet oder Platzangst in dem nur einen Bus bekommt, hat 20 Minuten zu warten.