Die Nacht der geöffneten Augen

20.7. – 21.7.2019, der Kölpinsee in Götschendorf, Uckermark.
In Zusammenhang mit zwei freudig geplanten Wanderungen mit dem WSV Rotation Berlin, aber eigen und zufällig doch eher Solo. Am Samstag über 20 km, am Sonntag etwa 10 km – diese allerdings gefühlt anstrengend.

Alles ist möglich

Schlafen und träumen, Götschendorf, copyright Karla Brandler
Am (oder an?) Gotts See hab ich sie gefunden: die Feder, die ins Märchenland führt und in eine Nacht am Kölpinsee, in Stille und Sicherheit. Zusätzlich sammle ich Rainfarn gegen das zu erwartende, sirrende Getier aus den Feuchtwiesen.

Es wird Abend am Kölpinsee

Badestelle am Kölpinsee, Götschendorf UM
Gegen Abend ein einsames Bad mit Blick auf die Insel im Kölpinsee. Schwimmend sehe ich das grau verfallene Schloss von Götschendorf vor mir. Ein Sehnsuchtsort für die Phantasie: wo gibt es solche Orte schon noch in unserer perfekten Kulissenwelt…

Der Sänger abends und morgens
Abendstille. Nein, es singt weder die Nachtigall noch die Lerche, sondern vom Segelmast ein Pieper (oder doch eine Bachstelze?): eindringlich laut und ausdauernd. Dann das großartige Schauspiel des Abendhimmels. In Sekundenschnelle wechseln die Bilder.

Kölpinsee, Götschendorf UM, copyright Karla Brandler
Kölpinsee, Götschendorf UM
Kölpinsee, Götschendorf UM, copyright Karla Brandler
Kölpinsee, Götschendorf UM, copyright Karla Brandler
Kölpinsee, Götschendorf UM
Der dunkelste Himmel leuchtet noch strahlend blau. Plötzlich Wind. Die Wellen klatschen dröhnenden Applaus. Weniger rhythmisch wummern die Boote gegen den Steg. Ich verziehe mich immer weiter unter das Dach.

Nachtwind am Kölpinsee, Götschendorf UM

Mit voller Wucht prasseln in eine völlige Windstille Regentropfen kerzengerade aus einem gleichmäßig düster grauen Himmel.
Wetterleuchten erhellt ab und zu strukturlos Himmel und See, beide ununterscheidbar. Schwaches Donnern.  Keine wirklichen Blitze. Nur Rauschen, mächtiges Rauschen. Wasser. Nichts als Wasser. Ich fühle es nah und gefährlich wie auf einem Schiff in den Wellen.

Gewittrig und Regen, nachts vom 20. zum 21. Juli 2019
Ein Schiff in den Wellen des unendlichen Meeres. Ich sehe kleine Flüchtlingsboote vor mir, längst nicht mehr den Kölpinsee. Ich spüre die Wellen über Bord schlagen. Eine Nacht, in der meine offenen Augen auch das Herz öffnen. Ja, bis zu diesem Moment hab ich einzig und allein mit dem Verstand und im rationalen Abwägen aller Argumente an das Mittelmeer denken können.
Was unsere Komfortzone mit uns macht… und seien es nur unsere Betten, unsere im Sturm nie geöffneten Fenster.

Der Morgen am Kölpinsee

Morgensonne am Kölpinsee, Götschendorf UM, copyright Karla Brandler
Ein Morgenbad im grauen, stillen See. Es gibt keine Sonne, nur später ein Lichtloch: im Himmel und im Wasser.

Kölpinsee, Götschendorf UM, copyright Karla Brandler
Wieder singt der Pieper vom Segelmast. Der kohlschwarze Hahn kräht aus dem noch verschlossenen Hühnerstall.

schwarzer Hahn, copyright Karla Brandler

Mit sehr, sehr herzlichem Dank an alle im Kloster St. Georg, die so großzügig diese Ausnahmenacht für mich möglich gemacht haben.

St. Georg-Kloster auf Facebook
Wanderung von Ringenwalde nach Götschendorf, Kloster

Boitzenburger Land

21. – 22. Juni 2019, ca. 35 km im Boitzenburger Land grenzüberschreitend nach Mecklenburg und ca. 15 km heimwärts

Boitzenburger Land, Mutterkuhhaltung

Zwischen Feld und Ferien das Boitzenburger Land Richtung Warthe – nicht wie google maps verlangt, sondern in Jakobshagen am Kirschbaum auf den landwirtschaftlichen Besitz einbiegen!

Boitzenburger Land, Heckenweg bei Jakobshagen

Das ist mit freundlicher Hilfe eines Uckermärkers gefunden: einige Meter Beton, Viehzucht, dann schlängelt sich ein Laubengang zum Waldrand.

Boitzenburger Land, Richtung Stabeshöh

Parallel verläuft der Weg Stabeshöhe zum Großen Warthesee. Zu früh biege ich ab, laufe einen unsinnigen Bogen, lande an den unzugänglichen Privatdatschen und am flachen, südlichen Ufer. Auch in Bröddin Suche Richtung Wüste Mühle Karow: neben der roten Markierung ist privat überbaut, verbarrikadiert mit Riesenjeep. “Das ist nicht mehr öffentlich” weiß man am Dorfende.

Boitzenburger Land, Bröddin
Die Viehwirtschaft liegt darnieder, also dort im großen Bogen zum Rathenow See, quer über Feld und Wiese.

Boitzenburger Land, Blickrichtung Rathenowsee
Mahlendorfer Weg, eine Asphaltstraße ohne Zugang zum Stoitzsee – wer sucht auch hier nach Hügelgräbern… Überall völlig überwachsen. Dekorativ liegen einige Steine an den Straßenrand gepackt – dem Zeichen in den Wanderkarten ist Genüge getan.

Boitzenburger Land, am Stoitzsee
Ein kleiner Abzweig zum Schleusengraben, um die Straße auszusparen, kurz vor Mahlendorf wieder hoch:

Kröte im Wald am Schleusengraben

durch den Sumpf führt der Weg nur für Kröten.

Lupinen Nähe Düster Möll

Am Abzweig Düster Möll eine prächtige Eichenallee. Auf den Wiesen – ich seh mit Schrecken, beginne automatisch zu reißen – sinnlos: die Samenstände der blauen Lupine voll ausgereift! Von der künftigen → Invasion scheint man nichts zu wissen.

Boitzenburger Land, Düster Möll
Düster Möll: seit den vielen Jahren, die mir das Boitzenburger Land ans Herz wachsen ließen, reizt dieser Name voller Gruselgeheimnis. Friedlich in der Sonne ein Mühlenschloss ohne Mühlrad – besser noch einmal unter düsterem Novemberhimmel…

Boitzenburger Land, Allee der europäischen Lärchen
Die anschließende, 2,3 km lange “Allee der europäischen Lärchen” geht sichtlich ihrem standortfremden Ende entgegen. Eigentlich sollen Lärchen im Boitzenburger Land als nicht heimisch sogar entnommen werden. Begründet wurde die Allee 1798 durch einen Graf von Arnim: ursprünglich 1171 Stück, erhalten 374, Durchschnittshöhe 35 m.

Boitzenburger Land, über 200 Jahre alte Lärchen

Richtung Thomsdorf eine Irgendwas-Ruine verpasst. Aus dem Nichts kommend, hetzend und jappsend begleitet mich ein Hund. Wohin, wohin mit dir? Ach, die Elli aus Brüsenwalde, so ein artiger Hund… Im Vergleich zu den drei Drachendackeln aus dem Haus am Wald allerdings! Mich rettet eine fremde Leine vor dem Besitz eines treuen Hundes.

Boitzenburger Land, Elli von Brüsenwalde

Grenzüberschreitung

Neuorientierung in Thomsdorf Richtung Mecklenburger Dreetzsee. Am Wegesrand (Boitzenburger Land 53.288912, 13.4496846) auf keiner Karte verzeichnete ovale Steinsetzungen.

Der Rundweg aber zeigt nur verkrautet rund. Ich kreisle vorbei am Campingplatz (oh neeeee) – die Zeit zum Baden wird zu knapp. Doch es läuft sich herrlich durch den Buchenwald auf der Höhe bis zur – verflixt und zugenäht – Krüseliner Mühle. DAS sagte der Pfad nirgends.

Uferweg Krüselinsee

Also teilweise auf dem → Klaus-Borrmann-Weg über Dorfwüstung Krüselin, beides nicht auf meiner Karte. Krüselin: mehr oder weniger erst gestern erinnert. 13. Jh. Kirchdorf der deutschen Ostkolonisation, 1724 Meierei, 1908 Försterei, 1945 als Rückzugsort der deutschen Wehrmacht zerstört. Das nahe Ravensbrück und der Nazi-Krieg. Flucht, Vertreibung, Tod – ungesagt, zusammenhangslos inmitten einer Idylle**.

Klaus-Borrmann-Weg, Wüstung Krüselin

Thanatos und Hypnos

In Laeven hinter der Kartenmarkierung Kirche links. “Hier gibt es keine Kirche.” Ruf Richtung Haus: “Gibt es hier eine Kirche?” “Nein”. Aber hinter dem Friedhof, dort geht der Waldweg nach Koldenhof. Niemals käme ich auf die Idee, es könnte etwas weiter die Forststraße gemeint sein.

Jagdrevier bei Laeven. Copyright K.G.Brandler

Lange Schatten. Nach Art der Musterhäuser reiht sich noble Jagdkanzel an Jagdkanzel, hingestellt wie vom Premium Revierservice für Jagdreisen. Zwei Kraniche bequemen sich erst spät, im Tiefflug zu verschwinden. Ein Rehlein – roter Punkt inmitten der Locksaat – sichert, schreitet, springt ab. Wenig später schaurig lautes Brüllen, minutenlang, die Stellung kaum ändernd wie bereit für forkelnden Überfall, zuletzt heiser bedrohlich mit verlängerten Pausen ausgestoßen: Böh Böh.
Ich tippe auf kapitalen Zwölfender. Erst zu Haus sagt mir Google: Rotwild schreckt nicht. Wahrscheinlich eine Ricke, die sind am lautesten. Unglaublich. Im Internet ist nur → der übliche, kurz abgehackte Bell-Laut zu finden.

Köhlereiche bei Lüttenhagen

Endlich: vor Lüttenhagen eine Stieleiche, ca. 350 Jahre alt, die “Köhlereiche”, Rast- und Versammlungsplatz der Köhlereiarbeiter. Frisch gemäht ein Kessel zum dicht verwachsenen Sumpf. Tisch und Bank. Im äußersten Wiesenzipfel klemmen die Reste einer Baumleiter. Der uralte Pflasterweg ohne Autos (so etwas wäre Alarmsignal für eine Ansitzjagd). Nur einmal noch Kinder auf Nachtwanderung: also ein perfektes Plätzchen für splittblutige Füße in Sandalen und der Grauzone des Unerlaubten.

Rastplatz Köhlereiche bei Lüttenhagen
Licht aus, Sterne an. Leider mäßig, es bleibt hell. In der Ferne fiept es. Knallt. Knallt wieder. Knallt, knallt. Woher, wohin – links, wo das Herz sitzt. Hocken und Warten ist die “Hauptbewegung” des Jägers. Und meine. Nach mehr als einer Stunde eine Kanonade – mein Gott, was machen die? Stille. Weit nach Mitternacht aus dem Sumpf ein kurzes Schrecken. Noch ein Wilderer auf Mondpirsch? Beruhigend quaken ein paar Frösche zu völlig falscher Zeit.

Die Nacht der Jäger

Die Heiligen Hallen

Noch einmal frühmorgens müde zwei tiefe Böh Böh. Am Sumpf wendet sich ein Reh ab.

Heilige Hallen bei Lüttenhagen
Ich wandere durch die Heiligen Hallen bei Lüttenhagen, entstanden durch Naturverjüngung aus einem Buchenbestand des 30jährigen Krieges (1618 – 1648). Ein Hauch Zigarette weht in die Nase. An der Köhlereiche lag ein Stummel, gestern noch nicht – ich äuge mit allen Sinnen.

Totalreservat Heilige Hallen bei Lüttenhagen
Eine Runde Totalreservat reicht. Beeindruckende Solitäre, aber die optimale Phase des Baumbestandes als Halle eines gotischen Domes endete bereits Mitte des 19. Jahrhunderts.

Feldberger Seenlandschaft, Heilige Hallen, Solitäre

Das Vergessen und das Erinnern

Landschaft ist das Vergessen. Feldberger Seenlandschaft; später als gerechnet, erreiche ich das Kunsthaus Koldenhof. Verschwinde ich zu anderen Gelegenheiten vergrämt von Ungenügen und Anmaßung sofort wieder in der göttlichen Schöpfung – bin ich am Ziel: → „Hans-Hendrik Grimmling. Malerei”

Hans-Hendrik Grimmling, Der kleine Gärtner, Detail
Das immer Große in ausnahmsweise kleinen Bildern, hier zu sehen zwei Details. Unerklärliches sinnlich werden lassen. Das wilde Denken des kleinen Gärtners vs. sich bescheidendes Denken. Vielschichtige Kommunikation im Ausstellungsgespräch als Monolog.

Hans-Hendrik Grimmling, Engel, Detail

Die kleinen Stiche

Die aufgewiegelten Gedanken sind der rasenden Heimfahrt nicht gewachsen. Stabeshorst, ja Stabeshorst: an den Boitzenburger Seen liegen und eine Sommernacht genießen. Aber Stabeshorst ist nicht Stabeshöhe. Wieder so weit das Auge reicht: liebliche Uckermark, Schafe ohne Hirte, Stab und Hunde, ohne Wehr und Waffen. Sehnsucht nach Bleiberecht.

westliche Spitze Oberpfuhlsee
TouristensommerAber das nahe Lychen – weg, nur weg und heim. Ein schnelles, einziges Bad in unserem Land der 3000 Seen. Ich quäle mich durch einen bunten, einfältigen Touristensommer. Peu à peu und insgesamt bediene auch ich das Klischee mit 5 Kugeln Eis:  Fürstenberg oder Templin sind samstags wie eh und je nur 2 x täglich (oder Straße, Straße) zu erreichen*.

Der Berliner Morgen mit juckenden Schwellungen am Kopf, im Gesicht. Mückenschwärme gab es nirgends und zu keiner Zeit. Also doch erst vom rattengiftgetränkten, nächtlich-metropolen Ungeziefer?***

*Bundestags-Wahlversprechen 2017 in leichter Sprache (so etwa von allen Parteien):
“Wir wollen, dass die Menschen gut von einem Ort zum anderen kommen.”

**“Unsere Geschichte” im NDR

***Als Reaktion auf das Sekret der Grasmilbenlarven-Bisse bilden sich erst nach ca. 24 Stunden stark juckende, rote Quaddeln. Der Juckreiz kann bis zu zwei Wochen anhalten. Schlafend unter meinem Mesh, ohne Angst vor nachsuchenden Hunden, Querschlägern oder was weiß ich, wär das wohl nicht passiert.

Von Goslar nach Ilsenburg

Pfingsten 2019, “Wandern im Harz”. Zu zweit von Goslar nach Ilsenburg – dank Harz-Berlin-Express (mit einigen Abstrichen fast wie vor dem 9.12.2018). Geplant: Klippenweg und Ilsetal, alles andere jenseits der harzbekannten Forstwege.

Aller Anfang ist schwer

Goslar, kurz nach 10h ein schnuckeliges Harzstädtchen, nach 10:30h Touristengewimmel. Wir fliehen am Abzuchtkanal und der alten Stadtmauer entlang (der jüdische Friedhof ist nicht nur in den neuen Ländern, sondern auch hier geschlossen), landen auf dem Segelfluggelände Bollrich.

Auf der Suche nach dem Klippenweg. Copyright K.G.Brandler
Das Vorhaben, jenseits der Pfingstochsentouren naturbelassene Wege zu finden, geht höchst langsam bzw. zu schnell in Erfüllung.

Hinter dem Absetzbecken
Der Weg zwischen den Absetzbecken verflüchtigt sich in unendlichen Dornröschenhecken und die Natur steckt voller Rätsel.

Antonia-Bank

Kein Wunder: Orientierung verloren. Gelmketal und Ammental daher vor und zurück.

Wandern im Harz, Sackgasse
Endlich: die Brücke am Waldhaus über die Oker, dann die Alte Harzstraße als Genusswandern.

Wandern im Harz

Wandern im Harz

Blick ins Okertal
Wandern im Harz

Autos und Motorräder sind trotz der Talstraße nicht zu hören: lauter braust der Wind oberhalb des Okertales in den Ohren.

Romkehaller Wasserfall
Schnellstens raus aus dem Bereich des windverwehten Wassers vom Romkerhallerfall! Viel kann nicht unten ankommen. Besichtigung sparen wir aus.

am Romkehaller Wasserfall
Der Tag neigt sich bereits dem Ende zu. Steil hoch geht es auf dem Klippenpfad. Das wegen Renovierung geschlossene Kästehaus muss nicht mehr sein. Wir umkreisen etliche Brocken (nicht den Brocken) und die Feigenbaumklippe.

Unterschlupf. Copyright K.G.Brandler
Besseres lässt sich niemals finden. Ein langer Sonnenuntergang und „Gute Nacht.“ Irgendwann ein Blick in den dunklen Himmel. Haarscharf an der Kante des Überhanges: drei Sterne des Großen Wagens. Wer weiß – unsere Vorfahren haben sicher mehr aus der Konstellation gelesen.

Klippenweg und quer durch

Feigenbaumklippe am Morgen. Copyright K.G.Brandler

Rosarot, breit strahlend der Sonnenaufgang gegen 4 Uhr.

Pfingsten 2019, Harz

In der zweiten Reihe schläft es sich immer noch gut.

Feigenbaumklippe

Ziellos gezielt genießen wir höchst ausgeruht jede Klippe. Dank an den → Ideengeber.

Wandern im Harz

Mein babylonischer Sternen-Favorit: die Moosklippe, ohne Geländer. Oben steinerne Single-Kuhlen: perfektes Liegen im Felsennest mit ungeschütztem Blick in den weiten, weiten Himmel.

Kästeklippen, Alte vom Berge

Überhaupt: wer nicht diese Felsformationen genauer erforscht, weiß nicht, was eine Harzer Klippe bedeutet. Mausefalle – Hexenküche – Mönch und Nonne – Kästeklippen, wir enden bei der Alten vom Berge.

Wandern im Harz

Süd-xx-wärts quer gibt es wenig zu entscheiden. Aus dem Auto vom Forst wird freundlich gewinkt. Dass wir am Brockenblick als Backpacker nicht frisch aus dem Hotelbett gestiegen sind, ist klar. Kontrolliert wird das Harzgebiet offensichtlich an Feiertagen verstärkt.

Diabaswerk Huneberg

Gemeint sind andere als wir und anderes. Sogar das Diabaswerk am Huneberg liegt unbewacht: Absturz auf eigene Gefahr…

Obwohl frisch gewaschen: wir werden mit unseren offensichtlich anderen Ambitionen an der → Marienteichbaude freundlichst übersehen, um so freundlicher beim Nachfüllen aller Flaschen bedient. Hier tanzt ansonsten der Bär, auch wenn es nur Wildkatzen sind.

Wandern im Harz, Überraschung

Wir verschwinden schnellstens, kreiseln auf wilden Waldwegen, geraten wieder auf Splitt, stolpern notgedrungen darauf abwärts auf dem trotzdem einsamen Luchsweg zum Radauwasserfall mit lauschigem Plätzchen für einen verdienten Kaffee.

Radauwasserfall
Richtung Molkenhaus ein steiniger Zickzackpfad aufwärts. Abwärts grölt uns das Ziel entgegen. Dabei hat das Haus (nicht die Wiese) geschlossen.

Luchsgehege
Also eingedenk der morgigen Zugbindung geradewegs auf Splitt zum verfetteten Luchs im Gehege und zur Rabenklippe.

Wandern im Harz

Granit, Wollsackverwitterung

Das große Suchen Richtung Eckertal – vergeblich. Eisentor, Verzehrvorschriften, Privatgärtchen versperren den eindeutig gezeichneten Weg. Doch, gerade durch die Gastwirtschaft wäre der Einstieg gewesen.

Rabenklippe

Der nun urige, feuchte und steile Pfad am Großen Stötterbach hätte langsames Gehen verdient. Der Eckertalweg schon wieder mit eckigem Ekelsplitt bis der Jungborn mit lieblicher Wiese fast wie zu Zeiten des einstigen Kurparks grüßt. Die Pflege des Areals wird inzwischen mit dem Vermieten von Schäferwagen finanziert. Recht so. Nur wir können nun nicht wie Kafka im → Kurluft-Häuschen träumen.


Mit grauen Wolken bricht eine Nacht an, die zumindest in meiner Erinnerung nicht dunkel wird.

Alles Ilse am Tag drei

Über den Besenbinderstieg nach Ilsenburg, dann entlang der Ilse-Kaskaden.

Feuersalamander an der Ilse. Copyright K.G.Brandler
Hexenverdächtig, aber naturgeschützt endlich einmal ein lebendiges Tierchen unter all den überfahrenen Leichen meiner sonstigen Fotos

Ilse

Die sommerliche Ilse lädt zum Planschen ein. Hier zur → Ilse im Winter.

Ilse

Doch ätzend splittsteinig wartet bereits die Strecke Richtung Plessenburg.

Plessenburg
Die Art unseres Gepäcks hat Seltenheitswert. Mehr als einen Tagesrucksack trägt niemand, die Radler wohl nur ein Geldsäckel.

Zwischen Plessenburg - Ilsenburg
Das Wetterglück ist uns hold: sogar kahle Hänge sind in der Sonne keine wirkliche Qual.

Ilsestein mit Kreuz. Copyright K.G.Brandler

Steil (es geht auch anders) zur Ilsesteinquelle und zur Felsenburg Ilsestein mit leckerstem Eis, für dessen Transport der Splitt wenigstens einen Sinn ergibt.


Das Kloster in Ilsenburg schon mit dem Gefühl „vorbei ist vorbei“ ohne mich. Noch 3 Stunden bis Buffalo…

Fazit “Wandern im Harz”

Das angepriesene „Wandern im Harz“ bedeutet eintönige, breite Nationalparkstraßen plus Splitt. Dank Borkenkäfer streckenweise fußfreundliche Nadelstreu. Etwas zynisch: gern mehr davon.

Die begehrte Harzer Wandernadel ist problemlos an günstig gelegenen Stempelstellen Nähe Parkplatz, Bushaltestelle und Restaurant zu ergattern.

Festes Quartier, fester Rundkurs, Tagestouren – dafür werben die Harzer Gastgeber. Das gelingt.

Doch nur wer mit leisem Schritt, leichtem Tritt und ganz heimlich auf einen unbezeichneten Waldweg ausweicht, genießt den Harz wie er in den Sagen- und Märchenbüchern steht. Viel, viel Zeit mitbringen! Im Harz sollte der Weg das Ziel sein.

Wandern im Harz

Wege in die Nacht

6. bis 7. August 2018, ein Abend, eine Nacht und ein Morgen
Ein intensives, erlebnisreiches Solo auf der Suche nach Hünengräbern im Rückland des Endmoränenbogens Chorin, ca. 20 km. Die kleinen Bilder sind mit Klick zu vergößern

 

Steinsetzung
Sieht aus wie eine intakte Steinsetzung, eher aber heimatkundlich “nachgearbeitet”

 

Glückliche Hügel wo der Himmel die Erde küsst*

Die alten Waldstraßen sind gleichmäßig gepflastert mit Feldsteinen. Oder doch oft keine Feldsteine und pur Findlingsstücke, sondern Ergebnis mühevoller Steinschlägerarbeit an Steinen von Gräbern, die eine jahrhundertelange, dichte Besiedlung anzeig(t)en? Eigenartig kleine, dicht von Efeu überwucherte Hügel gibt es gleich bergauf von Liepe aus. Von denen, die ich im Ort treffe, hat noch nie jemand von hiesigen Hügelgräbern gehört. Ich bin hoffnungsvoll. Und siehe da, den Pfingstberg brauche ich gar nicht.

Ein Tal der vor- und frühgeschichtlichen Funde
Ein Tal der vor- und frühgeschichtlichen Funde
Die Arbeit der einstigen Steinschläger
Die Arbeit der einstigen Steinschläger
Beraubt: der Wächter
Beraubt: der Wächter
Ahnungslos privat vor der Geschichte
Ahnungslos privat vor der Geschichte

Da liegt eine erste Steinsetzstelle erst kürzlich herausgewühlt aus der Bergkuppe für einen Miniteich, der in dieser Sommerhitze längst stinkende Pflanzen ausgebrütet hat. Die unmittelbare Grube für eine Bestattung dürfte sich immer leicht ausheben lassen – vielleicht nur nicht tief genug, um zu erschrecken, wo man in seinem Feriendomizil sonnenbadet. Unterhalb am Hang ein riesiger Wächterstein, als bloßer Findling aufgerichtet unter weißen Maulbeerbäumen. Seine Ausrichtung West – Ost dürfte noch stimmen. Auch hier restliche Steine für einen längst versickerten und überwucherten künstlichen Tümpel genutzt.

Der Scherben
Der Scherben
Der Scherben
Der Scherben und Mergelsplitter
Kreide, Feuerstein und eine kleine Platte mit Einschluss
Kreide, Feuerstein und Platte mit Einschluss
Der Glücksstein als Kreisel
Der Glücksstein als Kreisel

Mein Blick ist nun geschärft für die Besonderheiten dieser Landschaft und wird mehrfach traurig belohnt: ahnungslose, achtlose Zerstörungen von Steinsetzungen seit Jahrhunderten. Nur kurz vor Brodowin sieht es einmal aus wie versuchte Raubgrabung. Ich bücke mich nach winzigen grauen Scherbensplittern. Ein größerer, dickwandiger Scherben mit deutlicher Gefäßwandung und einem kleinen Buckel – Rest einer Musterung. Schwarzgraue, geglättete Oberfläche. Handgemacht, die Innenwandung ist unregelmäßig, grob, rauwandig, kalkhaltig – völlig undenkbar für einen anderen Gebrauch als eine Urne für den Leichenbrand. Direkt daneben ein Glückssteinchen. Es werden alle abwinken: kein Artefakt. Wenn keine kultische Grabbeigabe so doch ein kreiselndes Zaubersteinchen für mich von den Geistern…

zerstörtes Hünengrab
Freigelegt, zerstört
Hügel, die mehr als Landschaft sind
Steinpackung
...da steht ein Lindenbaum
…da steht ein Lindenbaum
Gedenkstein
Gedenkstein

Noch ist es zu früh, um hier ein Nachtlager zu wählen. In Brodowin lasse ich einen letzten Tropfen Kefir ayurwedamäßig wirkungsvoll mit Wasser auffüllen, bringe die Verdauung mit halbreifen Pflaumen auf Trab und gerate auf meiner Spurensuche auf unverhoffte Verbindungen von Vergangenheit und Gegenwart: ein Stein am Wegesrand – dem Schriftsteller Reimar Gilsenbach 1926 – 2001 von seinen Brodowiner Freunden gewidmet. Das passt – eine Erinnerung auch an Lyalya Kuznetsova und die Rom, das wandernde Volk.

Ich bin weder im Totalreservat Plagefenn noch im NSG und doch / gerade daher in einer Bilderbuchlandschaft. Ach je, Bilder- und Kinderbuch: “Wie die Vögel das Zicklein retteten” von Sergej Michalkow – sehe die Wölfe blutrünstig bereits über die Oder schwimmen… Noch stolzieren allerdings an die 20 Störche nahrungssuchend auf dem Feuchtgrünland hinter einer Mähmaschine. Etwas zu früh der Schnitt für die Futterqualität, aber der Klimawandel erfordert auch hier flexibel zu entscheiden. Woher ich das weiß? Vom Spitzen-Landwirt aus Brodowin. Wenn ich geahnt hätte, wer da auf seinem Rundgang mit einer Praktikantin nun zufällig auch mich so kenntnisreich und unterhaltsam zu informieren weiß… Aber mein Interesse an Brodowin war bisher höchst gebremst von den Preisen der biologisch-dynamisch erzeugten Ökodorfprodukte.

 Sicher keine Lesesteine
Sicher keine Lesesteine
Meliorationsmanie oder hydrologische Sanierung?
Alte Meliorationsmanie oder Sanierung?
Total ökologisch
Total ökologisch
Gegen die Mittagshitze dicht gedrängt, Schwänze wedeln
Gegen die Mittagshitze dicht gedrängt, Schwänze wedeln

Jetzt erfahre ich vom überraschenden Aufblühen eines Sommer-Adonisröschens nach dem Mähen (also nicht das, zu dem im Frühjahr an die Oder gepilgert wird), einiges über die geologischen Strukturen vor meinen Augen, über die veränderte Landschaft nach der intensiven und großflächligen DDR-Landwirtschaft. Erstaunlich: der so natürlich wirkende Verbund kleiner Biotope durch Hecken und Gehölze ist nachträgliche Pflanzung. Die Kleinteiligkeit der Landschaft war längst zerstört. Vergessen zu fragen hab ich, wohin die Gülle der vielen Rinder fließt, wenn nicht auf die Felder.

Hügel, die mehr als Landschaft sind
Hügel, die etwas anderes als Landschaft sind
Hecken, Gehölze, Offenland und vielleicht Drumlins in der Ferne
Wirklich “Drumlins” hinter Hecken, Gehölzen, Offenland?
Wenn die Welt schon dunkel ist: die Seen leuchten
Wenn die Welt schon dunkel ist: der Brodowinsee leuchtet
Schattenwächter
Schattenwächter

Die gestörte Achse

Die Kuppe auf der Leitlinie des Wildgänsezuges
Die Kuppe auf der Leitlinie des Wildgänsezuges

Schon nach 20 Uhr bin ich gänzlich allein auf dieser höchsten Erhebung mit Blick Richtung Brodowinsee, weit und breit vollkommene Stille, höchstens ein Kranichruf. Schade, genau auf diese kahle (fast Berg-)Kuppe wurden 2000 und 2004 zwei Bäume gepflanzt. Freilich, es ist kein ausgewiesenes Naturschutzgebiet. Die Landschaft darf verwandelt werden im Sinn und nach dem Vorstellungsvermögen von uns Kulturmenschen. Deren Nacht ist nur noch denkbar für Disco, den abendlichen Naturfilm und den ungestörten Schlaf hinter zugezogenen Fenstern (ohne Hundegebell wie mir später am Bahnhof erzählt wird), ab und zu ein Lagerfeuer der Jugend. Mit dem kleinen Gartenblick wird also die Natur für das zivilisierte Humankapital und mit den Biedermeiervorstellungen à la Ludwig Richter domestiziert: verbaut ist genau die Lichtschneise von Sonnenaufgang nach Sonnenuntergang, die unsere längst vergessenen Vorfahren als heilig empfunden haben dürften. Und der Magerrasen beginnt zu leiden.

Die gestörte Achse
Sonnenuntergang – eine schmale, langgestreckte geographisch-topographische Ausformung der Erdoberfläche
Sonnenaufgang. Copyright K.G.Brandler
Sonnenaufgang – die Linie ist unterbrochen von den gepflanzten Bäumen, aber zur Zeit noch mit etwas verschobenen Standpunkten sichtbar

Bis auf die frei gelegten Kuppen der gegenüber liegenden Hügelhöcker (die Bezeichnung als Drumlins ist umstritten) bin ich nicht gekommen. Auch da bin ich sicher – sie korrespondieren ursprünglich alle nicht nur im geologischen Aufbau und mit den Besonderheiten ihres kontinentalen Trockenrasens miteinander, sondern ebenfalls mit den kosmologischen und astronomischen und von daher mit der ganz anderen sozialen Funktion, die diese Hügel einst für vor allem frühe slawische Siedler gehabt haben werden.

Die Nacht nicht nur der Sterne

Die Nacht
Letzter Schimmer des Tages, heller und heller werden die Sterne – auf meinen Fotos nicht zu sehen

Eingeschlossen bin ich auf der Hügelkuppe von einem hellen, grauen Ring über dem Horizont. Lichtverschmutzung oder an diesem Tag, zu dieser Jahreszeit, eine nicht voll dunkel werdende Nacht? Nordost begrenzt der rot blinkende Mauerzaun der Windräder die Unendlichkeit wie ein billiges Spielkasino. Das ist gleich hinter dem Parsteinersee, diesseitig schützt das Biosphärenreservat.
Stoßweise kommt der kalte Wind als bewege nicht ein Schmetterlingsflügel das Universum, sondern das jeweilige Flugzeug am Himmel über mir. Die Flugzeuge sind in der absoluten Stille der Nacht zu hören, obwohl die meisten nur Pünktchen sind wie kleinste Sterne.
Über Eberswalde quält sich ein Hubschrauber langsam vorwärts: auch nur ein kleines rotes Lichtlein, trotzdem: battabatttabata. Kürzlich gab es auf wetter.de eine Grafik von der dauernden Dichte der Flugzeuge über der Erde. Immerhin, ich sehe noch die Sterne.
Mittig über mir teilt die Milchstraße wie ein erzgebirgischer Schwibbogen den Himmel in zwei Hälften. Im Laufe der Nacht löst sie sich auf in stumpfgraue, kosmische Nebelhaufen.
Ab und zu schlummere ich ein wie eine Maus unter einer behütenden, dunklen Käseglocke. Der Meteoritenschauer der Perseiden bleibt aus: selten zwischen einer ganz seltenen Sternschnuppe ein ganz seltener, leuchtend heller Meteorit. Zum Wünschen zu wenig und zu plötzlich. Vielleicht gut so. Ich erinnere mich an den 13. August 1961 an der Ostsee: sie fielen massenhaft, schreckerfüllt: Mauerbau…

So war es ungefähr: Großer Wagen, Kassiopeia und Mond hab ich erkannt :)) Richtung NO wurde die Sicht diffus
So war es ungefähr: Großer Wagen, Kassiopeia und Mond hab ich erkannt :)) Richtung NO wurde die Sicht diffus

Als irgendwann nach Mitternacht tief über dem Horizont wie doppelt aufgeklappt und rotglühend eine Scheibe am Himmel erscheint, schreien die Kraniche auf. Sonnenaufgang? Nee, ein roter Mond – irgendwie gefährlich. Ich denke sofort an Klimawandel und die angekündigten 40°. Was macht die Sonne da gerade mit dem silbernen Mond?
Das Chaos am Nachthimmel kann ich nicht ordnen. Neben dem Baum rechts steht die ganze Nacht ziemlich bewegungslos der Große Wagen – klar, letztlich fehlen ihm die Räder an den Achsen. Den Arabern soll das Sternbild einen Sarg bedeutet haben, dem die Trauernden voraus gingen. Höchst einleuchtend und passend zu meinen Gedanken in dieser Landschaft der zahllosen Steinmale und Urnenfunde.

Sonnenaufgang. Copyright K.G.Brandler
Der Morgen
Die erste Sonne. Copyright K.G.Brandler
Das Leuchten der Felder

Das wilde Denken

Die Morgendämmerung färbt den Himmel wie der frühe Abend noch einmal zu einem Aquarell von unzähligen und unvergleichlich zarten Pastelltönen. Schon von weitem kündigt sich mit Geschrei ein Schwarm Graugänse an, erst nur Punkte in der Schneise des südwestlichen Waldes. Meine nicht mehr gänzlich kahle Hügelkuppel scheint auf ihrer regionalen Leitlinie zu liegen. geradewegs Richtung Sonnenaufgang. Als ich abends als Störpotential stand, drehten die scheuen Gänse sofort ab. Jetzt fliegt schon wieder ein zweiter Zug nicht viel mehr als einen Meter über mich hinweg. Das Sausen der Schwingen ist zu hören. Mythologische Wesen auf unsichtbaren Linien und auf der Reise zwischen Diesseits und Jenseits?
Logik und naturwissenschaftliches Wissen schalten sich zumindest bei mir aus – den Göttern sei Dank. Emotionen, für deren Entstehen nicht nur die Chemie noch unzureichende Erklärungen hat, sind stärker. Wo Empathie weit gefächert ist, kann es nicht schwierig sein, sich in einen Tierkörper hinein zu spüren – jenseits von esoterischen Kaspereien.

Leitlinie, unterbrochen an den gepflanzten Bäumen
Leitlinie, unterbrochen an den gepflanzten Bäumen
Vogelrassel aus dem Gräberfeld bei Krieschow, Archäologisches Landesmuseum Brandenburg
© verlinkt: Vogelrassel, Archäolog. LMuseum Brandenburg
Der Pfad Richtung NO
Der Pfad Richtung NO
Die Störche morgens
Die Störche morgens

Wie oft nur unklar sind in meinem Gedächtnis aus dem Archäologischen Landesmuseum Brandenburg kleine Gänse aus Ton gespeichert, als Grabbeigaben und wohl auch als Pfeifen – mit Vorsicht interpretiert als Kinderspielzeuge. Mir fallen das Märchen von der goldenen Gans und Nils Holgersson ein: das Gefühl, das durch den ganzen Körper zieht – fort, fort von hier – mit den Wildgänsen in eine bessere Welt – kosmische Vorstellungen und irgendwann religiös-schamanistische, nichts personifiziert. Bei den Ukrainern erhielt sich die mythische Vorstellung von einem glückseligen Lande, in das die Vögel im Herbst fliegen und in dem die Toten wohnen (zitiert nach dem Ethnologen S.A. Tokarew, Die Religion in der Geschichte der Völker. Dietz Vlg. Berlin 1968, S. 260). Dem ägyptischen → Gott Amun werden zwei Tiere zugeordnet: der Widder und die Gans. Vermutlich zeigt die Gans ihn in seiner Funktion als Urgott.

Die glücksbringenden Störche – Götterboten bei den Germanen – müssen schon länger munter sein. Kräftesparend tief und unhörbar sind sie weit unter der Hügelkuppe heran geglitten und grasen bereits wieder die frisch gemähten Wiesen ab.

Rotwild am Morgen: Fehlanzeige, obwohl der Wind vom Wald her weht. Nur der Fuchs schnürt seitlich vorbei, mich witternd und ohne Beute gen Wald. Aber dort muss er ziemlich frisch eine Hohltaube (keine Berliner Flugratte) abgeschleppt haben. Oder hatte ein Raubvogel zugeschlagen? Die Federn habe ich nicht untersucht.

Versteckt hinter dem Grünland
…versteckt hinter dem Grünland
Dahinter der Rosinsee
Der Rosinsee
Rückweg durch das Rosinfenn
und zurück durch das Rosinfenn, eins der geschützten Waldmoore
Ich geh dann mal schwimmen. Copyright K.G.Brandler
Ich geh dann mal schwimmen

Zu Haus google ich nach dem Wildgansschrei, einem Gänsepfeifchen, einem archäologischen oder auch einem zur Jagd. Es wird mir ein  geschmettertes Soldatenlied angeboten, enstanden 1917 an der Westfront, gesungen von einer Wehrmachtsformation 1936, eine andere Version von Heino – der schafft das allein.  Kein Wunder, wenn es den Deutschen zwar nie die Sprache, aber doch seit fast 80 Jahren (also wohl auf ewig) das Singen verschlagen hat.
Nee, dazu kein Link. Aber etwas anderes gefunden, → Wer hören kann, der höre HIER!

*leicht abgewandeltes, geflügeltes Wort der Rom
Mein Rückweg verläuft ähnlich wie → HIER.

Von der Langen Rhön bis Tann

23.6.2018
Hillenberg Richtung Nord, ca. 35 km (blöd gelaufen)

Von Hillenberg, Lange Rhön, dem Ausgangspunkt des diesjährigen Bergwaldprojektes, Richtung Hausen – mit Nummernsystem brav noch einmal an Frauenhöhle und Eisgraben entlang: 3,8 km. Eigentlich 2,3 km auf der Schloßbergstraße, die ist an der Schloßbergschänke Hillenberg zu einer kläglichen Nr. 2 mutiert und die Straße bricht hinter der Schänke ab. Ein Uralt-Wegweiser zeigt ins Leere.

Na ja, muss vielleicht bitte nicht hier sein...
Hausen. Na ja, muss vielleicht nicht hier sein…

Solche Irritationen begleiten mich von nun an ständig. Oberfladungen wäre fast Luftlinie Richtung N gewesen, aber Fladungen sieht höher gelegen aus. Ich möchte nicht sinnlos zurück bergauf – Maria wird es schon richten.

Grotte an der Gerolfkapelle bei Fladungen. Wer jetzt glaubt, ich ungläubiger Preuße hätt das mit irgendeinem Opferaltar aus Yorubaland verwechselt, der klicke bitte auf das Bild zu einer vollständigen Ansicht
Grotte an der Gerolfkapelle bei Fladungen. Wer jetzt glaubt, ich ungläubiger Preuße hätt das mit irgendeinem Opferaltar aus Yorubaland verwechselt, der klicke bitte auf das Bild zu einer vollständigen Ansicht

Fladungen ist wunderschön historisch, aber ein Tal der Ahnungslosen. Das Internet lädt nicht, auch nicht bei freundlich jungen Menschen. Die Wanderkarten haben in der Rhön prinzipiell Fahrradmaßstab mit viel ausgelassenen, kleinen Ortschaften.
In Oberfladungen verblieb in den Köpfen der „Eiserne Vorhang“: „…fragen Sie in Melpers, die wissen mehr Richtung N.“

Von Fladungen Richtung Melpers: Grenzerinnerung
Von Fladungen Richtung Melpers: Grenzerinnerung

Melpers – ehemalig Ost: Man(n) berät sich. Man(n) geht hier nicht in den Wald: Minen. Also Erbenhausen: alte Dorfstraße, geradeaus, im Wald links. Es war wohl lange niemand dort oder kam nicht auf die Idee, wirklich links auf einem wunderschönen Waldweg zu wandern. Nur wann wieder nach rechts? Ich ahne, kann es mir aber nicht vorstellen: meilenweit an Erbenhausen vorbei. Und vom Johann Wolfgang von Goethe Weg erfahre ich erst zu Haus mit google maps. Rhönkopf Streufelsberg sagt maps vor Ort – auf dem Display nach allen Seiten Grün. Stark befahrene Landstraße: sowohl nach rechts als auch nach links brausende Autos. Zurück über gemähte Wiesen. Ich bin ja in Thüringen, da kommen immer Weg und Dorf. Richtig, ein guter, schöner Weg, neben mir ein Bachtal.  Bis ein Baum quer liegt. Das kennen Brandenburger…

Zonengrenze als grünes, wegeloses Band
Hinter den Steinen eines trockenen Bachbettes die Zonengrenze als grünes, wegeloses Band

Nee, kennen wir nicht: dahinter noch ein kurzer Fußtapfenpfad, dann ein unüberwindlich verwachsenes, sich quer ziehendes Ende. Es gehört nicht viel Phantasie dazu: Zonengrenze. Nein Danke, ich weiß zwar nicht wie groß der Unterschied zwischen Mine und Bombe ist, aber mein Gewicht + Rucksack könnte durchaus auslösen. Dann also das Dorf in der anderen Richtung. Gibt es nicht, nur eine Kurve. Ich weiß jetzt: die Rhön kreiselt.

Da war ich schon einmal :(
Da war ich schon einmal 🙁

Juhu – aus dem tiefen Wald  (dort liegt Melpers) ein Auto. Ich glücklich, zwei Männer misstrauisch – hä? Aha, das Paar hat sich verfahren, den Förster getroffen und weiß nun wo die Straße ist. Das weiß ich auch (und in Berlin ist schwul normal). Mehr weiß keiner, sie setzen mich an einer Kreuzung ab. Von Rhön Kreuzungen hab ich die Nase voll, da hilft auch kein Kompass: es geht rund. Also fragen – die Rhöner und Thüringer sind gesprächig. „Lupinen!!! … sicher der Torsten… wir sind gute Freunde…“ Schock: schließlich wandere ich schon stundenlang und wähne mich weit entfernt von der bayrischen Rhön.

Rundum die Rhön

Noahs Segel
Noahs Segel

Noahs Segel ist leider bereits oder überhaupt geschlossen. Das Eisenacher Haus umrunde ich schon wieder hilflos nach „Rhönklub“-Art. Ich entscheide mich frisch gemäht querfeldein, Kaltenwestheim (warum nicht auch -nordheim?), Arche Rhön (was is’n dite), Tann taucht als Name auf, dann nie wieder.

Richtung Tal und hoffentlich Tann
Richtung Tal und hoffentlich Tann

Also das Tal mit den Dörfern: an den Bergen vorbei werden einst unsere Vorfahren neue Wohnstätten gesucht haben. Wegweisern traue ich nicht mehr. Die Wege kurven trotzdem wie sie wollen. Irgendwann im Wald Mutter, Tochter, Hund: “Zur Eiche?” Ich schreie auf: Neieieieiein! Kein einzelner Baum, kein Kohl- Kuh- oder sonstiges Gehöft, kein Basaltsee, sondern ein ORT Richtung Nord! Tann wär schon gut – so sollte es ursprünglich sein und ich schon längst dort. Die beiden wissen unterschiedlichen Bescheid, sind sich aber einig: die Wegemarkierung IST unverständlich und das abendsonnige Tal oben entlang ist richtig.

Irgendwo auf einem Berg im Gedenken an Christian Schenk ein Stein: Auf gute Freunde verlorene Liebe, auf alte Götter und auf das, was einmal war. Darum steh ich hier, als Symbol dafür, was war, was ist und was sein wird.
Irgendwo hinter mir im Gedenken an Christian Schenk ein Stein: “Auf gute Freunde, verlorene Liebe, auf alte Götter und auf das, was einmal war. Darum steh ich hier, als Symbol dafür, was war, was ist und was sein wird.” Christian ist nicht zu finden mit Googel. Einen Weg gibt es hier oben nicht, erst unten am Hang.

Über Hundsbach nach Tann

Jenseits des gewiesenen Weges laufe ich in hohem Gras wohl schon wieder ein Stück über Grenze und Minen, zumindest hab ich dem Jäger den nächsten Schuss verdorben. Ich hänge zwischen Thüringen und Hessen. Im Tal liegt ein Bilderbuchdorf, am Hang eine Bank unter einem nicht geplünderten Wildkirschbaum (weit und breit kein Fahrradweg). Im ersten/letzten Gehöft bekomme ich das schmackhafteste Quellwasser der Welt nachgefüllt; das ganze Dorf Hundsbach kann von diesem Quellwasser leben. Es lüge mich niemand mehr an mit der Wasserqualität in Berlin…! Ich bekomme den Kompostbehälter aus nie rostendem Grenzstahlzaun vorgeführt und bewundere Hühner mit edelstem Porzellangeschirr-Muster: Andalusier, eine europaweit bekannte Zucht.

Blaue Andalusier - das Foto kann es nicht: die Hühner gehören in die Glasvitrine, so schön sind sie!
Blaue Andalusier – das Foto kann es nicht: die Hühner gehören in die Glasvitrine, so schön sind sie!

Und du meine bunte Kuh, was sagst du dazu?
Am Weg die buntesten und schönsten Kühe, die ich je gesehen habe – ich wage es kaum auf meinem Blog zu verbreiten: in Brandenburg verschwanden gerade wieder 3 von der Weide… (Id al Fidr, das Ende des Ramadan fiel dies Jahr auf den 14. Juni; Achtung: hier steckt nur mein ganz eigenes, weiterführendes, christlich geprägtes Schuld- und Sühne-Gedankengut dahinter… bei den Christen ging es oft genug nicht nur um Kühe).

...und du, schöne, bunte Kuh...
…und du, schöne, bunte Kuh…

Angeblich kann ich es noch bis Theobaldshof schaffen. Aber was wäre das? Bin direkt in und hinter Tann gelandet, am Mühlberg. Am Hang fließt eine Quelle in ein künftiges Wellnessbecken. Die Rhön ist Wasserschutzgebiet – ist das der Anfang vom Ende? Noch gibt es keine endgültige Umzäunung. Ich wasche mich mit einiger Verrenkung am Rohr, klappe wenig später zusammen, ohne Zeltaufbau. Blick in die Weite – es ist nach Zehn, 3 Tage nach Sonnenwende.

Zum Waschen reicht es - zum Baden reizt es sowieso nicht
Zum Waschen reicht es – zum Baden reizt es sowieso nicht
Nachtlager bei Tann
Nachtlager bei Tann

12 Stunden war ich unterwegs, den Rucksack nur wenige Minuten abgesetzt…
Ohne Zelt schlafe ich fest – niemand schnuppert, niemand versucht unter mir hervor zu krabbeln: ich bin für die Natur verständlich. Morgens hinterlasse ich nicht einmal einen Abdruck.

Sterne? Ich weiß nicht - die dunkle Nacht ist zu kurz
Sterne? Ich weiß nicht – die dunkle Nacht ist zu kurz

Natürlich gibt es “echte” Infos weitaus besser von Wikipedia! Nur eins kann ich sicher sagen: die überaus vielfältige Landschaft der Rhön kann zum Sehnsuchtsziel für Wanderer werden, allerdings nicht zum Fernwandern. Etwas wie eine Fortsetzung des HET-Weges auf dem Hochrhöner gibt es nicht. Das hatte ich nicht glauben wollen.

 

→ Fortsetzung von Tann nach Vacha
→ Heimwärts-Exkurs Vacha – Eisenach – Berlin, Regiobus nach Eisenach und Flixbus bis Berlin

→ In der Rhön blüht es blau, so blau…, Bergwaldprojekt 2018 in der Bayrischen Rhön
→ Das Schwarze Moor in der Rhön, Exkursion zum Bergwaldprojekt 2018
→ Bergwaldprojekt Bayrische Rhön 2018, rund um Hillenberg

Von Tann nach Vacha

Januar

Überraschungsei 2018
Überraschungsei

Ganz herzlich und sehr persönlich
(merkt ihr, dass das auch mit diesem Medium bestens geht?)
für jeden Einzelnen meiner alten, neuen oder verlorenen Freundschaften,
für alle Mitwanderer und alle um mich herum aus anderer Beziehung,
nicht weniger – eher mehr an euch gedacht als mit einer Mail,
jetzt unterschiedslos für alle zsamm:
meine allerbesten Wünsche für Gesundheit und Glücklichsein an den 365 Tagen von 2018
– sehr gern gemeinsam –
1.1.2018

Nobody knows what is coming, go out and enjoy nature!

Jan. Route Art der
Wanderung
Besonderheiten km
6. Oehna
Weidmannsruh
Solo
65+Ticket
Neujahrskonzert mit den Jagdhornbläsern aus Langenlipsdorf ca.10
10. Baruth – die Grube – Pechhüttner Weg – Klasdorf Solo
65+Ticket
mit Boulette von Fleischerei Neumann
ohne Karte
im Zickzack Richtung Wildpark
15
11. Von Saarmund nach Wildenbruch E. Knauer
WSV Rotation Berlin
Brandenburger Berge 15
12.
20h

13.
GPS Nachtstrecke
50 km von Gesundbrunnen
bis Falkensee,
tags 15 km weiter über Hahneberg bis Stößenseebrücke
25. Berliner Polarnacht
W. Pagel
WSV Rotation Berlin
ein Erlebnis der Extraklasse an viel Wasser entlang (Wasser = Helligkeit), unter/über unterschiedlichste Brücken, mit Temperaturmessung “Eiskeller”: -1°
und 13.1., 11h Mitfahrgelegenheit:
DANKE Bob vom Mammutmarsch!
65
von 100
25. Berliner Polarnacht. Über die Brücken.
25. Berliner Polarnacht. Über die Brücken.

25. Berliner Polarnacht
Nein, nicht ICH verrückt: anfangs 55 Polarsuchtnächtige und am Ende der Nacht noch 23.
Es gibt drei Pausen einschließlich gemütliches Frühstück Punkt 6:30 in der Bäckerei Thonke in Falkensee. Die stimmungsvollste Pause ist nach 43 km im Spandauer Forst bei der Temperaturmessung “Eiskeller” – ein Kältepol von Berlin. Eng gequetscht auf den Bänken eines Unterstandes werden wir empfangen mit heißem, leckerem Kräutertee!
Ärgerlich: nach etwa 60 km bin ich plötzlich steif in den Knien. In diesem Tempo geht nichts mehr. Quäle mich hinter frischen Tageswanderern und dem zähen Nachtwanderrest nur noch bis zum Rupenhorn, darf nämlich mein knackig laufendes “Mitfahrauto” nicht verlieren…

Diese Gelegenheit gestattet mir schon 13 Uhr: heißes Bad
16 Uhr: wieder voll bewegungsfähig
Einen Tag später: keinerlei Nachwirkung – was soll ich mit diesem wunderschönen Tag ohne Plan machen? Alles was ich lustvoll recherchiere, fällt wegen “nur an Schultagen” aus. Und 65 km (geschafft!) nochmal hin und zurück zu Fuß – dann doch auf einen Schultag warten…

17. Im Gränert
Teil II
Solo
65+Ticket
Traumhafte Winterlandschaft ca.18
20. Berlin Hauptbahnhof
Wirtschaftsministerium Invalidenstr.
Brandenburger Tor
mit dem Bergwaldprojekt 11h – 14h
“Wir haben es satt”
Demo gegen die Agrarindustrie und Massentierhaltung
4,80
21. Von Melchow nach Finowfurt E. Knauer
WSV Rotation Berlin
auf verwunschenen Pfaden die Finow abwärts 20
23. Zum 3. Mal im Gränert Kleinstgruppe
65+ Ticket
5 Stunden
Wild gezielt zur Silberquelle ca.20
27. Oranienburg – Gedenkstätte Sachsenhausen – Schleuse
Lehnitz – Gedenkort Klinkerwerk – Grabow-See – Schmachtenhagen
WSV Rotation Berlin “Wi(e)der das Vergessen!?” Wanderung am Tag des Gedenkens und der Mahnung.
Zum 1.Mal am Gedenkort Klinkerwerk Hafen
11
28. Wusterwitz – Plaue – Kirchmöser Solo
65+Ticket
3 Stunden
Wegen Heizungsausfall bei Deutsche Wohnen und Signalstörung bei Deutscher Bahn: ganz anders und schrecklich bunt durch Dunkeldeutschland ca. 12

2018