5.November 2017 im Barnim
Eine kurze Wanderung und ein kurzweilig langer Tag
Überwindung gehört dazu, im Dunklen aufzubrechen aus Berlin und die Umständlichkeiten der permanenten Nahverkehrsprobleme mit Gleichmut wegzustecken.
Der Ackerweg um Rüdnitz ist ein Umweg, dafür erspare ich mir die eintönig lange Bahnhofstraße.
Am Ortsende eine “Wilde Gärtnerei”: sympathisch beschränkt man sich auf die notwendigsten Tätigkeiten, schließlich ist Unkraut essbar. Eine Möglichkeit gleich über den Bach weiter finde ich nicht. Zwar hab ich Stiefel an, aber immer noch am Anfang meines Weges möchte ich kein Risiko eingehen. Also regulär und stracks nach Lobetal: ein kleines Paradies von Friedrich von Bodelschwingh gegründet.
Das Begegnungszentrum in Lobetal erinnert mich an Fröbels “Allgemeine Deutsche Bildungsanstalt”, von dem Vater des “Kindergartens” als “Erziehungstal” in Keilhau (Thüringen) angelegt – sommersonnige Ferien-Kindheitserinnerungen wie diese Architektur.
Und der Herbst zeigt sich heute an diesem Rand des Biesenthaler Beckens von seiner prächtigsten Seite.
Nach einer kurzen, aber landschaftlich abwechslungsreichen Wanderung gesucht und gefunden: die SOLAWI, Solidarische Landwirtschaft.
Ungefähr 50 Menschen versorgen sich von diesem SOLAWI-Hof am Rand des Biesentaler Beckens mit Gemüse. Die Ackerfläche wird nach den Prinzipien der Permakultur/Fukuoka bearbeitet.
Um ungewünschte Rückstände aus der Tierhaltung zu vermeiden, werden die Grünabfälle sofort wieder als Düngung eingesetzt.
Sogar die Erde wird vorsichtig abgestreift, nicht für das sachgemäße Lagern, sondern guter Boden ist mitten im Wald rar.
Die Felder sind leer gewühlt und nicht nur die Kinder gehen glücklich nach Hause.
Im Programm des Hofes steht: “Wir versuchen, ein resilientes Gemeingut zu organisieren.” Schon die Kleinsten haben heute davon profitiert.
Vieles dieser Gegend war früher militärisches Sperrgebiet. In meiner Erinnerung standen wir in der näheren Umgebung von Berlin ständig mit unseren Fahrrädern vor Sperrzäunen. Jetzt gruseln die Hinterlassenschaften. Aber dieser Tag in mehr als nur “netter” Gemeinschaft hat mich stabilisiert: ich werfe wenigstens einen kurzen Blick in diese Abgründe vor der künstlichen “Felswand”.
Dann muss ich abbiegen. Hier kann seit Xavier kaum jemand gegangen sein: der Weg ist über weite Strecke unkenntlich verbarrikadiert von allen möglichen Baumarten. Das Umgehen kostet Zeit.
Kein Ende abzusehen – nervös verwackle ich alle Fotos, vielleicht ist es auch bereits zu dunkel für ein gutes Foto zwischen übereinander getürmten Stämmen und noch dicht belaubten Ästen. Etwas dunkler und ich müsste zurück gehen.
Der graue Himmel beginnt winzige, gar nicht kalte Regentröpfchen zu versprühen. Aber was macht das schon nach einem so herrlichen Sonnentag. Brandenburger, schon gar nicht Berliner Wetterberichten sollte man selten trauen, zu unterschiedlich wirken die geographischen Besonderheiten auf Wind und Wolken.
Im Regen in einer Nische des verfallenen Bahnhofgebäudes. Schade, Rüdnitz ist ein richtig schönes Dorf. Aber die Menschen fahren hier wohl alle Auto. Mit dem ÖNV geht zu viel schief. Auch der abendliche Ticker lässt Schlimmes ahnen, für wie lange wird nicht angezeigt.
Gemeinsam gewandert bin ich zwar nicht, aber sehr sympathische Gemeinsamkeiten haben doch diesen Tag bestimmt.